Geliebter Unsichtbarer
erwartet hatte. Es gab eine Sitzecke, einen Schrank, eine Kommode mit einem Spiegel darüber und ein Bett. Nur eins. Es war groß, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass es nur eins davon gab. Sie beäugte das Sofa.
„Du musst schlafen“, sagte er. „Im Badezimmer wirst du Kleidung finden, die dir passt.“
Sie blickte auf die Hände, die sie noch immer hielten. „Werde ich für ein paar Minuten ohne getarnt zu sein sicher sein?“
Er nickte. „Die Dämonen würden mehr als nur ein paar Minuten brauchen, um dich zu orten, selbst wenn sie irgendwo in der Nähe sind. Außer sie haben einen direkten Blick auf dich. Dann würden sie dich sofort sehen. Aber wir sind drinnen, und die Vorhänge sind zugezogen.“
Sie schluckte ihre Angst hinunter und öffnete die Tür zum Bad. „Ich mache ganz schnell.“
17
Aiden beobachtete, wie sie die Tür hinter sich schloss. Er hatte gerade eine perfekte Gelegenheit verpasst, ihr die Wahrheit zu gestehen. Warum war er nicht ins Reine gekommen? War es, weil es für heute Abend sowieso keine Rolle spielen würde? Denn heute Nacht hatte sie keine andere Wahl, als ihm zu erlauben, sie zu berühren, während sie beide schliefen. Denn während ein Hüter schlief, konnte nur seine Berührung einen Mensch tarnen – sein Geist war dazu während des Schlafs nicht fähig. Aber Leila dies zu erklären würde zu viele Fragen aufwerfen. Und er war jetzt zu müde für ein endloses Frage- und Antwortspiel mit ihr. Außerdem war er nicht erpicht darauf, ihrem Zorn darüber ausgeliefert zu sein, dass er ihr die Wahrheit bisher verschwiegen hatte. Er würde ihr alles morgen erklären.
Als er hörte, wie sich die Badezimmertür wieder öffnete, schwenkte sein Kopf in deren Richtung. Die Augen zum Boden gesenkt und die Hälfte ihres Gesichts durch ihr langes Haar versteckt, trat Leila zaghaft ins Zimmer. Aber seine Augen konzentrierten sich nicht auf ihr Gesicht, denn sie wanderten schon ihren Körper hinab, oder zumindest das, was er davon sehen konnte.
Warum hatte sie den formlosesten Pyjama anziehen müssen, den sie in dem Schrank hatte finden können? Er war sich sicher, dass Coralee eine reichliche Auswahl an Nachthemden und Negligés dort bereit hielt. Doch Leila hatte einen übergroßen Flanellpyjama, der all ihre Kurven versteckte, gewählt. Das dicke Material deutete nicht auf die sinnliche Frau hin, die darunter verborgen lag.
Wollte sie sich vor ihm verstecken? Ohne ein Wort ging er an ihr vorbei ins Badezimmer. Er ließ die Tür hinter sich zufallen.
Der Drang, sie zu berühren war noch nie stärker gewesen als jetzt. Die Tatsache, dass sie in Kürze in seinen Armen schlafen würde, peitschte seine Sehnsucht nach ihr noch höher. Er wusste, dass er sie nicht begehren sollte, weil es falsch war: Sie war sein Schützling, nicht seine Geliebte. Außerdem wollte ihn Leila nicht – keine Frau, die verführt werden wollte, trug einen Flanellpyjama.
Er ließ sein letztes Gespräch mit ihr im Geiste nochmals ablaufen. Vielleicht hatte er etwas gesagt, das sie nicht hören wollte. Herauszufinden, dass er sie beseitigen würde, sollte sie jemals zur Seite der Dämonen wechseln, machte ihn vermutlich nicht gerade zu ihrer Lieblingsperson. Vielleicht hätte er sich weigern sollen, diese Frage zu beantworten, oder ihr stattdessen eine Lüge aufgetischt haben.
Als er sich fürs Bett fertig machte und auszog, spürte er, wie die Ereignisse der letzten Stunden ihren Tribut forderten. Erschöpfung überwältigte ihn, obwohl Nächte wie diese die Norm waren. Er sollte nicht müde sein, nicht so, wie er es gerade war. Vielleicht war es besser so: Vielleicht würde sein Sexualtrieb durch seine Müdigkeit unterdrückt und ihn davon abhalten, etwas Dummes anzustellen.
Bekleidet nur in seinen Boxershorts, sein Schwanz halb erigiert, marschierte er zurück ins Schlafzimmer. Nur das Nachtlicht neben der Tür beleuchtete den Raum, als er eintrat. Er legte seine Kleidung auf einen der Stühle, damit er sie im Notfall parat hatte.
Unter der Bettdecke war Leilas Form sichtbar, das Laken bis zum Hals hochgezogen. Sie hatte sich der gegenüberliegenden Wand zugewandt, und er vermutete, dass sie schon schlief.
Aiden blickte auf die Uhr auf dem Nachttisch. In weniger als einer Stunde würde die Sonne aufgehen. Es war am besten, wenn er versuchte, ein paar Stunden Schlaf zu bekommen, bevor er eine Entscheidung über ihr weiteres Vorgehen treffen musste. Barfuß ging er zum Bett, hob die
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