Geliebter Vampir (German Edition)
hinter ihr auf und schlugen zu. Ums Haar hätten die Alligatoren Helen doch noch erwischt.
Allan zog sie auf den Damm. Dann erschoss er ihre Stute, für die es keine Rettung mehr gab, und sattelte sie ab. Ernst schaute er Helen an.
» Du hast mir das Leben gerettet « , sagte sie. » Trotzdem bist du für mich ein Schuft. Was du mir angetan hast, verzeihe ich dir nie. Und ich will dich nie wiedersehen. «
Allan lud den rauchenden Revolver nach. Im See balgten sich i m mer noch die Alligatoren. Zähnestarrende Rachen und schuppige Schwänze hoben sich aus dem Wasser. Es klatschte, und ein he i seres Gebell und röchelnde Laute waren zu hören.
Allan sagte: » Das wird schlecht möglich sein, wenn ich Bla n che heirate. Du wirst meine Schwägerin, Helen. «
» Lieber hätte ich den Teufel zum Schwager « , sagte Helen zo r nig in ihrem gekränkten Stolz. » Geh mir aus den Augen. Ich finde den Rückweg allein. Und ich gehe zu Fuß. «
Allan verbeugte sich knapp.
» Wie du meinst, Helen. Ich bringe deinen Sattel nach Hause. Hast du Geld in der Satteltasche, oder soll ich dir welches für eine Droschke geben? «
» Geh endlich, verschon mich mit deiner Fürsorge. Ich hasse dich! «
Wortlos drehte Allen sich um und ging zum Ufer zurück, den Sa t tel über der Schulter. Am Ufer saß er geschmeidig auf. Helen krallte die Fingernägel in ihre Handflächen, als sie seine schla n ke Reitersilhouette gegen das Rot und glühende Gelb des Himmels sah. Sie schluchzte bitterlich.
Sie liebte Allan sehr. Nie hätte sie gedacht, dass er sie derart betrügen würde. Dazu noch, was das Allerschlimmste war, mit ihrer eigenen Schwester. Die Hufe von Allans Rappen Mars trommelten auf dem Uferweg. Das Hufgetrappel entfernte sich.
Die Dunkelheit brach herein, als Helen nach Hause ging. Der milde Abendwind trocknete ihre Kleidung. Bei dem Fußmarsch von mehreren Kilometern hatte Helen Gelegenheit, ihre Gedanken zu or d nen. Ihr Herz war eine einzige Wunde. Die Ochsenfrösche quakten, der Abendwind ließ das Schilf rauschen und kräuselte die Oberfl ä che des Sees.
Helen nahm ihre Umgebung kaum wahr. Auch als sie die Stadt e r reichte und durch den Vorort marschierte, merkte sie kaum auf. Erst als sie zum dritten Mal von einem Kutscher angesprochen wu r de, nahm sie wahr, dass eine Droschke neben ihr hielt.
» Wollen Sie nicht mit mir fahren, Missis ? « , fragte der Ku t scher. » Es ist unsicher für eine Frau allein auf der Straße. «
Helen befand sich in einem Negerviertel. Sie hatte es kaum b e merkt. Mechanisch nickte sie dem Kutscher zu und stieg in die Droschke ein.
*
Später, im Haus, das sie mit ihrer Familie schon damals bewoh n te, stellte Helen Blanche zur Rede. Helen hatte sich umgezogen. Ihre bildschöne drei Jahre jüngere Schwester, die alle Männer b e zauberte, saß vor dem Spiegel. Sie trug Hausmantel und Nachthemd und kämmte ihr langes Haar. Die Haarpflege war schon eine Manie für Blanche. Wenn ihr ein paar Haare mehr als sonst ausgingen, wenn gar ihre Haarspitzen spalteten oder das Haar ein wenig stum p fer als sonst zu werden drohte, sorgte sie sich sehr.
Sie schaute an jenem Tag nach Allans Geständnis ihre » große « Schwester nicht an. Die Nacht hatte sie mit Allan verbracht und war erst am Vormittag nach Hause zurückgekehrt. Eine Kutsche hatte sie gebracht.
» Ich muss mit dir reden, Blanche « , sagte Helen, die tote n bleich dastand. » Wegen Allan. «
» Hat er endlich mit dir gesprochen ? « , Blanche fuhr sich mit der silbernen Haarbürste durch die hellblonde Lockenmähne. Lang fielen die schimmernden Haare über ihre makellosen Schultern. Die Haa r bürste mit ihren Initialen in einem eingravierten He r zen, mit Edelsteinen verziert, war natürlich ein Geschenk von Allan. » So l che Dinge geschehen nun einmal. Das kommt selbst in den besten F a mil i en vor. Du wirst drüber wegkommen. «
» Ich habe Allan geliebt. In zwei Wochen wollten wir uns verl o ben. Das hast du genau gewusst . Du hast ihn mir weggenommen. «
» Ich liebe ihn eben auch « , antwortete Blanche und widmete alle Aufmerksamkeit ihren Haaren. Sie war bewusst seelisch gra u sam. » Und was heißt hier weggenommen? Er ist nicht dein Eige n tum. Dass er sich von dir abwendete, hat seine Gründe. Dazu g e hören immer zwei. «
Helen hasste sie in den Moment so, dass sie die Schwester hätte umbringen können. Zum ersten Mal sah sie die sanfte Blanche so, wie sie wirklich war. Egozentrisch, verwöhnt,
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