Geliebtes Landleben
Kate überhaupt kein Gewissen, wenn es um Kinder geht, so werden wir
nie erfahren, wie ungezogen sie waren. Ich glaube zwar nicht, daß sie bei ihr
so frech sind wie bei anderen, trotzdem sage ich ihr, daß eine Mutter alles erfahren
muß.«
»Was sagt sie dazu?«
Larry lachte. »Daß manche
Mütter nur mütterliche Gefühle bekommen, wenn sie neugierig sind. Sie sagt
einem alles ins Gesicht und hat nicht die geringsten Skrupel. Es ist trotzdem
ein Segen zu wissen, daß sie im Bett sind und gegessen haben, wenn wir nach
Hause kommen.«
Larrys Kinder waren im Bett und
meine abreisefertig. Ich packte sie ins Auto und fuhr dankbar nach Hause. Tony
war da. Sie und Paul waren voller Interesse und Mitgefühl, aber Christopher,
für dessen Schuhe ich mich geopfert hatte, äußerte nur den Wunsch, die Nacht
bei Tante Kate zu verbringen... Ein Glück, daß ich ebensowenig zur Eifersucht
wie Larry zu Minderwertigkeitskomplexen neigte. Paul sagte: »Du bist völlig
fertig. Du siehst schlimm aus« — wie immer eine schmeichelhafte Bemerkung. Als
er meinen kühlen Blick sah, fuhr er schnell fort: »Es ist nicht richtig, daß du
dich so anstrengst. Warum solltest du bei den Leuten an die Hintertür klopfen
und dich unfreundlich behandeln lassen?«
»Sie waren nicht unfreundlich.
Manche waren am Anfang etwas zurückhaltend, aber nur einer war unverschämt. Er
meinte, Alkohol sei die Hölle und ich eine seiner Vorboten«, und ich erzählte
ihm von diesem Haushalt und der armen Frau, die sich nach Kosmetikmitteln
sehnte. »Was kannst du anderes von einem Burschen erwarten, der sich nicht mal
einen genehmigt?« fragte Paul unlogisch. »Aber du hast den Winter über hart
gearbeitet; du hast jetzt eine Pause verdient.«
»Und das in meinem Alter«,
lachte ich und fügte schnell hinzu: »Liebling, es ist nicht deine Schuld. Du
kannst doch nichts dafür, daß es gerade dann kaum Wolle gibt, wenn Christopher
zur Schule gehen muß. Es ist einfach Pech. Wir wollen es hinnehmen und darüber
lachen, wie wir es in der guten alten Zeit getan haben, von der du so gern
sprichst. Wenn es dir nichts ausmacht, ist es mir auch egal.«
Seine Antwort war völlig
zufriedenstellend, ich sank ins Bett und überließ ihm und Tony auf ihr
ernsthaftes Bitten das Spülen. Wie man uns schon angekündigt hatte, blieb uns
zu Hause noch viel Arbeit mit den Formularen, und erst nach mehreren Tagen
machten wir uns wieder auf, diesmal in die verschiedenen Landbezirke. Larry
sagte fröhlich: »Das wird viel einfacher. Bei den Leuten vom Land wissen wir,
wo wir dran sind«; aber Tante Kate sagte mißtrauisch, sie hoffe, wir würden
nicht ’rausgeschmissen, wie sie es machen würde, wenn ihr irgend jemand
unverschämte Fragen stellte.
Der Gedanke an Miss Fletchers
Reaktion, wenn jemand an ihre Tür klopfte, um nach ihren Ausgaben für
Schönheitsmittel und Spirituosen zu fragen, belustigte uns beide.
Wieder hatten wir
unterschiedliche Bezirke, aber wir nahmen Thermosflaschen mit und verabredeten
uns zu einem Picknick um die Mittagszeit, damit wir Erfahrungen austauschen
konnten.
Larry sagte: »Da Sonntag ist,
müßten wir die meisten Männer antreffen. Du weißt, wie die Farmer sind; sie
beschäftigen sich sonntags auf der Farm mit allen möglichen Kleinigkeiten und
klagen, daß sie nie einen freien Tag haben.«
Weit von unserer Gegend
entfernt begann ich mit meinen Besuchen, und das war gut so. Es wäre
unangenehmer gewesen, Bekannte nach Alter und Einkommen zu fragen. Fremde
mochten einem etwas übelnehmen, aber man konnte immer weglaufen und denken, was
für ein Segen es war, daß man die Leute nie wiedersehen würde.
Das erste Haus sah ziemlich
nach Wohlstand aus, und die Frau war gut gekleidet. Sie war jedoch nicht gerade
begeistert, als ich meinen Auftrag vorbrachte, und so sagte ich sofort: »Sie
haben sicher zuviel zu tun, um sich stören zu lassen. Ich gehe wieder.« Aber
die Gastfreundschaft auf dem Lande ist berühmt, und sie sagte ziemlich
widerwillig: »Nein, bleiben Sie. Aber Sie werden zugeben müssen, daß ziemlich
viele von diesen lästigen Umfragen gemacht werden. Ich verstehe überhaupt
nicht, warum die Leute bereit sind, sie durchzuführen.«
Das war einfach zu beantworten,
und als sie von den Ausgaben für die Schulsachen hörte, bekam sie sofort
Mitleid. Auch sie waren Schaffarmer, hatten jedoch das Glück, einen guten
Busverkehr zu einer Oberschule zu haben. »Und das ist schon teuer genug«, sagte
sie. »Wenn Ihr Junge ins Internat
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