Gelinkt
wäre als Agent provocateur auch nicht leicht zu führen gewesen. Tatsächlich wurden die Stellen nach einem im Personalbüro vorliegenden Schlüssel ganz routinemäßig besetzt. Ihr Rang gab ihr das Anrecht auf einen Sekretär von Renns Qualifikationen, und Renns bisheriger Chef war eine Woche vor Fionas Ankunft in den Ruhestand gegangen.
Fiona und ihr Sekretär hatten den ganzen Mittwoch in einem
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kleinen Konferenzzentrum in der Köpenicker Altstadt verbracht. Sie hatte langen und teilweise erbitterten Auseinandersetzungen zwischen ihren Kollegen zugehört.
Führungskräfte der Sicherheitsdienste Polens, der Tschechoslowakei und Ungarns hatten sich dort getroffen, um die noch ziemlich zerstreuten und zersplitterten politischen Reformbewegungen und religiösen Oppositionsgruppen innerhalb des Ostblocks zu erörtern. Übereinstimmung hinsichtlich der Maßnahmen, mit denen solchen Gruppen am besten zu begegnen sei, war nicht leicht zu erzielen. Fiona war sehr zufrieden mit den Informationen, die sie da sammeln konnte. Genau das waren ja die Informationen, auf die es Bret Rensselaer ankam, und die hier geäußerte Besorgnis der kommunistischen Sicherheitsbeauftragten angesichts der Zunahme dieser Oppositions- und Reformbewegungen bestätigte ja Brets Annahme. Sobald eine Verbindung mit London zustande kam, würde sie eine Linie ausgearbeitet haben. Sie ließ sich das Treffen durch den Kopf gehen, während sie auf den Wagen wartete, der sie und ihren Sekretär nach Berlin-Mitte zurückbringen sollte. Die anderen waren von einem Bus aus dem Fuhrpark des Ministeriums abgeholt worden, aber Fiona hatte Anrecht auf einen Dienstwagen. Mehr als irgendwelche sonstigen Requisiten oder Privilegien verlieh der Dienstwagen Status. Und Status zu erlangen war von allerhöchster Wichtigkeit in der DDR. Also warteten sie.
Fiona wanderte zum Fluß hinab, bewunderte die
kopfsteingepflasterten Straßen und die winkligen, alten Häuser.
Kirche und Rathaus von Köpenick standen von Bäumen umgeben auf einer winzigen Insel der Spree. Auf der nächsten Insel, der Schloßinsel, stand ein reichgeschmückter Bau des 17.
Jahrhunderts. In dem prachtvollen Wappensaal dieses Schlosses war gegen Friedrich den Großen wegen
Fahnenflucht verhandelt worden. Angesichts der Aussicht, die sich einem hier bot, konnte man nur begrüßen, daß in neuerer
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Zeit die Bautätigkeit im Osten der Stadt nicht so rege wie im Westen gewesen war. Köpenick sah noch ziemlich so aus wie an dem Tage, an dem der berühmte Hauptmann dort auftrat und entdeckte, wie gläubig die Deutschen eine Uniform verehren, ganz gleich, wer sie trägt.
Sie hatte gehofft, daß die frische Luft ihr helfen würde, ihr Kopfweh loszuwerden. Diese quälenden Kopfschmerzen waren in letzter Zeit einfach zu oft aufgetreten. Natürlich war das der Streß. Aber erträglicher machte dieses Wissen die Schmerzen nicht.
»Herr Renn«, sagte Fiona. Sie nannte ihn nie beim Vornamen. Renn hatte den Verkehr auf der Brücke beobachtet.
Bald würden sich im Osten die Autos überall so stauen wie im Westen schon jetzt. Er sah zu ihr hin. »Habe ich etwas vergessen, Frau Direktor?«
»Nein, Sie vergessen nie etwas. Sie sind der tüchtigste Sekretär im ganzen Ministerium.«
Er nickte. Was sie sagte, stimmte, und er bestätigte es nur.
»Vertrauen Sie mir, Herr Renn?« Sie sagte das in der bewußten Absicht, ihn zu schockieren.
»Ich verstehe nicht, Frau Direktor.« Er sah sich um, aber außer ihnen stand niemand am Ufer. Es waren nur Leute auf dem Heimweg von der Arbeit oder vom Einkaufen zu sehen.
»Ich kriege die Protokolle der Vormittagssitzungen immer erst am Nachmittag des folgenden Tages. Gibt es dafür einen Grund?«
»Jeder kriegt die Protokolle mit der gleichen Zustellung.« Er lächelte listig. »Wir sind langsam, das ist der einzige Grund.«
Ein großer Bus mit Klimaanlage kroch über die Brücke. Blasse japanische Gesichter drückten sich an die grau getönten Scheiben. Aus dem Inneren drangen die schrillen Erläuterungen eines Reiseführers, die bis auf die Worte
»Hauptmann von Köpenick« unverständlich blieben. Der Bus fuhr langsam weiter und verschwand hinter den Bäumen.
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»Niemals besichtigen sie das Schloß oder das Kunstmuseum«, sagte Renn traurig. »Nur das Rathaus wollen sie sehen. Der Reiseführer wird ihnen von dem Schuhmacher erzählen, der eine Hauptmannsuniform im Leihhaus kaufte, das Kommando über ein paar Soldaten, die gerade
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