Gelinkt
Thurkettle dachte, Fiona Samson wäre verletzt. Doch dann sah er sie aus dem Wagen steigen. Sie schrie etwas, und dann tauchte ihre vollgedröhnte Schwester auf der Bildfläche auf. Mit ausgestreckten Armen, die ein gelbes durchscheinendes Gewand, eine Art Maskenkostüm, in Szene setzten, wirbelte sie herum. Diesmal durfte es keinen Fehler geben. Thurkettle erhob die Schrotflinte und zielte tief. Tessa schien ihn zu sehen. Sie grinste, während er zweimal abzog und sie mit beiden Schüssen traf. Während sie stürzte, feuerte der Gorilla noch einmal, und diesmal traf sein Geschoß einen der Scheinwerfer des Wartburgs. Thurkettle gefiel überhaupt nicht, wie die Sache sich entwickelte. Im Schutz der Dunkelheit konnten einer oder zwei von diesen Leuten das Weite suchen. Aber er wußte keineswegs genau, wieviel Leute überhaupt da waren. Es fielen weitere Schüsse, in schneller Abfolge, ein Zeichen von Nervosität. Stinnes wahrscheinlich, der vielleicht schießwütig war. Einer dieser Schüsse mußte irgendwas treffen. Der Gorilla schrie, rannte, stolperte und stürzte in den Schlamm. Thurkettle blieb in der Dunkelheit. Irgendwo auf diesem schlammigen Schauplatz lauerte Bernard Samson, und Samson war ein Profi. Dann stieg Stinnes aus, um sich davon zu überzeugen, daß der Gorilla tot war. Wie unvorsichtig. Thurkettle rührte sich nicht und machte kein Geräusch.
»Alles klar«, rief Stinnes. Er winkte einem zweiten Mann, einem großen Kerl in einem modischen Trenchcoat: Kennedy. »Wie viele haben sie geschickt?« fragte Kennedy. Er sah sich nervös um, und das Licht des einzelnen Scheinwerfers erfaßte sein Gesicht. Von seinem Standpunkt aus sah Thurkettle beide Männer deutlich und konnte sie zweifelsfrei identifizieren: ja, Erich Stinnes und Harry Kennedy.
Dann kam Fiona Samson nach vorne. Irgendein Instinkt oder verständliche Furcht ließen sie die Helligkeit meiden. London mußte sie instruiert haben, auf den Kombiwagen zuzugehen, denn sie ging, an den Männern vorbei, auf diesen zu, als zwei Schüsse abgefeuert wurden. Sie kamen von irgendwo so sehr in der Nähe, daß Thurkettle das Geräusch unter die Haut ging. Fiona Samson verschwand. Verdammt!
Peng! Irgendeine verdammt große Handfeuerwaffe. Kennedy sprang zurück, seine Arme schlenkerten wie die einer Stoffpuppe, während er in den Schlamm plumpste, wo er still wie ein Bündel Lumpen liegenblieb. Er war unverkennbar tot. Manchmal geht das so, ein glücklicher Zufall, und ein Schuß ist genug. Peng. Noch einmal knallte die Kanone. Stinnes drehte sich herum, schoß mit einer Hand seine Pistole ab, während er sich mit der anderen an den Hals griff, wo ihm das Blut durch die Finger spritzte. Es verteilte sich überall und besudelte Fiona. Dieser Schuß belehrte Thurkettle, daß er’s hier nicht mit glücklichen Zufällen zu tun hatte. Da war jemand, ein ihm zu verdammt naher Jemand, der in aller Stille auf eine der schweren Maschinen geklettert war, um sich bessere Übersicht zu verschaffen. Irgendein kaltblütiger Jemand, der nicht »Hände hoch« sagte, jemand, der Schießen nicht auf dem Schießstand so gut gelernt hatte: Samson.
Thurkettles Mund wurde trocken. Er hatte es sich zur Regel gemacht, sich nie mit Profi-Killern anzulegen oder mit Geheimdienstprofis wie Samson. Es war schlimm genug, gegen diese KGB-Schläger anzutreten, aber Samson war absolut der letzte, mit dem er’s zu tun kriegen wollte.
Der noch intakte Scheinwerfer des Wartburg wurde abgeschaltet. Es war jetzt dunkel, bis auf die Scheinwerfer vorbeifahrender Wagen, die über den Schlamm, die Trümmer und Leichen streiften. Thurkettle erstarrte und hoffte, nicht bemerkt worden zu sein. Weder Bernard Samson noch seine Frau war von Thurkettles Rolle in dem Drama unterrichtet worden. Nur Tessa und Stinnes hatten ihn hier erwartet, und sie waren beide tot.
Thurkettle duckte sich hinter die Raupen des Bulldozers und sah zum östlichen Horizont hinüber. Bald würde es dämmern. Er wollte nicht mehr hiersein, wenn es hell wurde. Jeder auf der Autobahn vorüberkommende Fahrer konnte ihn bemerken. Die Bullen konnten auftauchen. »Wollen Sie die ganze Nacht hier warten, Samson?« rief er endlich. »Sie können die Frau und den Ford nehmen und abhauen. Nehmen Sie Ihren Gorilla auch mit. Ich will von keinem von Ihnen was.« Als noch immer niemand antwortete, rief er: »Hören Sie mich? Ich arbeite für Ihre Seite. Machen Sie, daß Sie wegkommen. Ich habe hier noch was zu erledigen.«
Das war ein
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