Gelinkt
eben zu früher Stunde am Swimmingpool beim Frühstück, als eine verschlüsselte Botschaft ihn davon unterrichtete, daß Fiona und Bernard Samson unterwegs nach Kalifornien waren. Es war ein wirklich schöner Morgen. Bret trank seinen Orangensaft und goß sich die erste Tasse Kaffee des Tages ein. Er saß gern hier draußen, wo man die klare, kühle Luft atmete, die vom Meer hereinkam. Rings um das Schwimmbecken waren weißgetünchte Wände, vor denen Jasmin, Rosen und Bougainvillea fast das ganze Jahr über zu blühen schienen. Es gab Bäume voller Zitronen, Bäume voll von Orangen und Bäume, von denen man Maja-Früchte pflückte, die seine Gastgeberin »Brets« nannte. Die Frucht sah aus wie eine Zitrone und schmeckte wie eine Orange, und vielleicht wollte sie mit dieser Benennung andeuten, daß Bret wie diese Früchte süß und sauer war. Bret wußte nicht, wie es gemeint war, ließ sich aber den Scherz gefallen. Sie kannten einander schon lange.
Leute, die Bret schon lange kannten, pflegten zu sagen, daß er seit seiner schweren Verletzung bei der Schießerei in Berlin sehr gealtert war, aber für den flüchtigen Beobachter war er so gut getrimmt und fit und rüstig, wie einem älteren Menschen anstand. Er schwamm, lief Ski und turnte täglich. Er wollte gut aussehen, wenn sein Besuch kam.
Er konnte ein befriedigtes Lächeln nicht unterdrücken. Sie kamen also. Sein Plan, einen Agenten in den Kreml zu schleusen, wie Nikki sich diesbezüglich spöttisch ausgedrückt hatte, war mit genau dem Erfolg durchgeführt worden, den er vorhergesagt hatte, als er ihn dem D.G. vortrug, gleich nachdem sie ihm weggelaufen war. Nun war da nur noch die langwierige und interessante Arbeit des debriefing, der Auswertung der bei dem Einsatz gewonnenen Erkenntnisse.
Bernard Samson würde auch da sein. Er hatte versucht, den Alten zu überreden, Bernard anderswohin zu schicken, aber unter Sicherheitsaspekten war es natürlich gut, ihn hier zu haben, wo man ihn überwachen konnte. Tessas Verschwinden mußte sich ja irgendwie erklären lassen. Die Vorstellung, daß sie mit Bernard abgehauen sei, war in jeder Hinsicht glaubwürdig. An diesem Vormittag wollte Bret noch einmal seine gesamten Aufzeichnungen durchgehen, um auf Fionas Ankunft vorbereitet zu sein. Dies würde der letzte Auftrag sein, den er für die Londoner Zentrale erledigte, und er wollte ihn perfekt erledigen. In Werner Volkmanns letztem Bericht hatte es geheißen, Fiona stehe am Rande eines Nervenzusammenbruchs, aber Bret gab darauf nicht viel. Er hatte das schon zu oft von anderen Agenten im Außendienst gehört, gewöhnlich als Einleitung zu Forderungen nach Erhöhung der Bezüge. Fiona würde es schon machen. Gutes Essen, Schlaf und kalifornische Luft würden ihr bald die alte Spannkraft wiedergeben.
Für Bernard Samson würde es natürlich vorbei sein, seine Karriere war gelaufen. Das war seltsam, wenn man bedachte, wie nahe Bernard einer leitenden Stellung im SIS gewesen war. An dem Abend, als Bret den D.G. daheim besucht hatte, war er drauf und dran gewesen, Bernard zum Chef der DeutschlandAbteilung zu befördern. Aus dieser Stellung hätte er in die oberste Etage aufsteigen können und vielleicht eines Tages den Posten des D.G. bekleidet. Der Himmel wußte, daß er von den Zinnsoldaten, die da gegenwärtig in der obersten Etage saßen, keinen heftigen Widerstand zu befürchten gehabt hätte. Wären Sir Henry und Silas und Frank Harrington und der Rest dieser Clique, die wirklich die Fäden zogen, mit einer leitenden Stellung für Bernard Samson einverstanden gewesen? Sie sagten immer, was für ein prächtiger Bursche doch Bernard sei, und viele von ihnen fanden, daß das Department ihm etwas schuldete für die seinem Vater angetane schäbige Behandlung. Aber D.G.? Jede Möglichkeit für Bernard, auf diesen Posten zu gelangen, war an dem Abend vernichtet worden, als Sir Henry offenbart hatte, daß seine Wahl auf Fiona gefallen war, für das Department nach drüben zu gehen.
Bret setzte seine Kaffeetasse ab, als ihm plötzlich etwas einfiel. Der D.G. mußte gewußt haben, daß er Bernard ausschaltete, indem er Fiona auswählte. Es gab andere, die er an Stelle Fionas hätte wählen können, gute Leute, wie er selbst oft eingeräumt hatte. War also die Wahl des D.G. auf Fiona gefallen auch in Berücksichtigung der Tatsache, daß damit Bernard aus der Konkurrenz um die Spitzenpositionen ausgeschaltet würde? Bret trank seinen Kaffee und dachte darüber nach. Wie
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