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Gelöscht (German Edition)

Gelöscht (German Edition)

Titel: Gelöscht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teri Terry
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Place.
Vielleicht hilft mir das, um dorthin zu gelangen. Ich beginne mit dem Himmel. Schon bald bin ich vertieft in die unterschiedlichen Blautöne, mische sie auf der Palette und füge mit dem Spachtel in weißen Wirbeln Wolkenfetzen hinzu. Ich bin so in meine Arbeit versunken, dass ich die leisen Stimmen hinter mir fast nicht wahrgenommen hätte.
    »Ich frage mich, was sie angestellt hat, um geslated zu werden.«
    »War sicher total übel.«
    »Kann nicht so übel gewesen sein bei so einem mageren, kleinen Schwächling wie ihr.«
    »Vielleicht hat sie Kinder gequält, weil die als Einzige kleiner sind als sie.«
    »Vielleicht hat sie ihr Haus angezündet und ihre Eltern bei lebendigem Leib verbrennen lassen. Eine Art Mum- und Dad-Barbecue. Die haben sicher geschrien.«
    Ich fahre herum. »Vielleicht habe ich auch jemandem mit einem Spachtel die Kehle aufgeschlitzt?« Ich wiege ihn in einer Hand, als würde ich sein Gewicht messen.
    Das andere Mädchen weicht zurück, aber Phoebe lacht. »Du weißt doch, dass sie jetzt niemanden mehr verletzen kann, egal, was sie vorher getan hat. Sie stirbt, wenn sie’s versucht. Ihr Gehirn wird gegrillt – und dann: gute Nacht!«
    Ich wende mich wieder meinem Bild zu.
    Grüne Bäume, blauer Himmel, weiße Wolken, grüne Bäume, blauer Himmel, weiße Wolken …
    »Zufrieden mit dem neuen Stundenplan?«, fragt Mrs Ali in der Pause und lächelt mich freundlich an.
    Ich weiß nicht, ob ich das Offensichtliche aussprechen soll, denn trotz Phoebe und ihrer Hetze gegen mich liebe ich den Kunstunterricht schon jetzt. Aber vielleicht hat Mrs Ali dann das Gefühl, dass ich sie auch noch verhöhne, nach all dem Ärger, den ich ihr gemacht habe?
    Sie lacht. »Dein Gesicht – du müsstest dich mal sehen.«
    Offenbar hat sie heute gute Laune.
    Ich lächle vorsichtig. »Ich liebe meinen Kunstunterricht. Er wird mir wirklich helfen …« – ich suche nach den Worten des Direktors bei der Versammlung – »… mein volles Potenzial auszuschöpfen.«
    Sie wirkt amüsiert. »Plapper die Worte nicht einfach nur nach, Kyla. Du musst immer dein Bestes geben, um deinen Teil des Vertrags zu erfüllen.«
    »Kann ich Sie etwas fragen?«
    »Natürlich.«
    »Was geschieht, wenn jemand wie ich seine Pflichten nicht erfüllt? Kann man … zurückgegeben werden?«
    Mrs Ali starrt mich an. Irgendetwas huscht über ihr Gesicht, aber so schnell, dass ich es nicht benennen kann – dann ist es weg. Sie lächelt. »Halt einfach mal für eine Weile den Ball flach, Kyla, bis Dr. Winston vergessen hat, dass du ihr so auf die Nerven gegangen bist.«
    Dann bringt sie mich zu meiner nächsten Stunde, und ich denke über das nach, was sie gesagt hat. Sie hat meine Frage nicht beantwortet. Und das ist auch eine Antwort.

Poch-poch, poch-poch.
Meine Füße rennen die Laufbahn entlang.
    Vielleicht hat sie kleine Kinder gequält … Vielleicht hat sie ihr Haus angezündet und ihre Eltern bei lebendigem Leib verbrennen lassen … Vielleicht jemandem mit einem Spachtel die Kehle aufgeschlitzt.
    Ich laufe immer schneller.
    Ich kann meine Hände sehen, die ein Messer halten. Vielleicht ein scharfes aus der Küche anstelle des stumpfen Spachtels. Oder ich träume stattdessen, wie ich ein Haus in Brand setze: Ich vergieße Benzin oder werfe ein glühendes Streichholz. Oder ich habe eine brennbare Flüssigkeit in eine Glasflasche gefüllt und mit einem angezündeten Tuch durch ein Fenster geworfen. Wäre ich geblieben, um die Schreie zu hören? Nein. Wie hätte ich sonst sicher sein können, nicht erwischt zu werden?
    Aber ich bin erwischt worden, denn ich wurde geslated.
    Die Laufbahn verschwimmt vor meinen Augen, aber ich laufe weiter, um meinen Levo-Level zu halten. Doch die Gedanken und Bilder in meinem Kopf kann ich nicht aufhalten.
    Was ist mit
kleine Kinder quälen?
Das hätte ich niemals getan. Oder doch? Dann fällt mir mein Traum wieder ein: Schüler, die im Bus in die Luft gesprengt werden. Sie waren kaum älter als Kinder.
    Wäre ich tatsächlich in der Lage, so schreckliche Dinge zu tun?
    Jemand nähert sich von hinten. Ich gebe Gas, aber der andere schließt sofort wieder auf. Ich schaue nach rechts: Es ist Ben.
    »Hey«, sagt er. »Du legst ja ein ganz schönes Tempo vor.«
    Ich nicke – sprechen kann ich nicht mehr, denn meine Lungen sind voll und ganz damit beschäftigt, meinen Körper mit Sauerstoff zu versorgen.
    Ich renne noch ein paar weitere Runden, Ben ist jetzt direkt neben mir.
    Sobald ich den Pinsel

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