Geloescht
jemals gemalt habe.
Obwohl ich die falsche Hand benutzt habe.
Ich bin allein in einem kleinen Raum. Holz umgibt mich. Es ist dunkel, aber ich habe eine Taschenlampe in meiner rechten Hand.
Im Schneidersitz hocke ich auf dem Boden. Ich bin hungrig und alles ist kalt und feucht. Meine Beine werden steif, und es ist nicht genug Platz, um sie auszustrecken, aber das ist mir egal. Das Papier liegt ausgebreitet auf einem Stück Holz auf meinen Knien. Der Bleistift fliegt über die Seite, ein magischer Tanz, den nur ich kontrolliere. Ich schaffe einen imaginären Ort, der weit von hier ist, räumlich wie zeitlich â ein Ort, an den ich mich zurücksehne.
Ich bin so ins Zeichnen vertieft, dass ich zunächst die Schritte nicht höre, die die Treppe über meinem Kopf herunterkommen. Ich knipse die Taschenlampe aus und halte den Atem an.
Die Schritte stoppen â Stille. Dann setzen sie wieder ein und kommen meinem Versteck immer näher. Ich sollte etwas tun, mein Bild verstecken, irgendetwas, aber ich bin wie gelähmt.
Ein Licht geht an und blendet mich.
»Hier bist du.«
Ich sage nichts. Er kann alles sehen â die Zeichnung, den Bleistift. Die Hand, die ihn hält.
»Steh auf!«, schreit er mich an.
Ich krieche aus meinem Versteck, das Licht brennt immer noch in meinen Augen.
»Du kennst die Gründe. Du weiÃt, wie wichtig das hier ist. Und trotzdem gehorchst du nicht.«
»Tut mir leid. Ich werde es nicht wieder tun. Sicher nicht. Versprochen! «
»Ich habe genug von deinen Versprechungen. Man kann dir nicht trauen.«
Seine Stimme ist voller Bedauern. Traurigkeit sogar.
»Gib mir deine linke Hand«, befiehlt er mir, und als ich nicht gehorche, greift er danach.
»Du musst lernen. Es tut mir leid.«
Und ich glaube schon fast, dass er das wirklich so meint, bis er meine Finger zertrümmert, einen nach dem anderen, mit einem Ziegelstein.
Höllische Schmerzen stechen mir in die Augen und bohren sich wie eine Messerklinge hinein. Unter meiner Zunge ist ein metallischer, bitterer Geschmack. Ich huste.
»Sie kommt zu sich.«
Eine Männerstimme. Wer ist da?
Ich versuche, meine Augen zu öffnen, aber sie brennen, als wäre die Sonne vom Himmel gefallen. Ich stöhne.
»Kyla?« Eine Hand berührt mich. Amy. »Macht die Lampe aus«, sagt sie. Das Licht wird erträglicher und ich blinzle zwischen meinen Lidern hervor.
»Da bist du ja«, lächelt Amy mich an.
Ich liege auf dem Boden und versuche, mich aufzusetzen.
»Beweg dich noch nicht«, höre ich die Männerstimme wieder und ich wende meinen Blick zu ihm. Ein Sanitäter? Und noch einer. Mum steht mit aschfahlem Gesicht in der Tür.
Sie heben mich wieder aufs Bett, Amy hält einen Infusionsbeutel in der Hand. Ein Sanitäter befestigt ihn an meinem Handgelenk, der andere injiziert irgendetwas und Wärme strömt durch meine Adern und vertreibt den Schmerz. Meine Augen fallen zu.
Stimmen vermischen sich und werden leiser.
Ein Albtraum hat das verursacht? Ein skeptischer Unterton. Sie hätte sterben können â¦
Soll im Bett bleiben für einen Tag oder zwei â¦
Schmerztherapie â¦
Wenn Amy nicht aufgewacht wäre, als sie auf den Boden fiel, hätte sie sterben können â¦
Letzte Chance .
»Darf ich wenigstens ein Buch haben?«
»Nein. Du sollst dich ausruhen«, sagt Mum und verschränkt die Arme.
»Ich kann mich ausruhen und lesen.«
»Nein.«
»Im Krankenhaus durfte ich das auch«, lüge ich.
»Du bist nicht im Krankenhaus, du bist unter meiner Aufsicht und du ruhst dich aus. Schlaf jetzt«, erwidert sie, scheucht Sebastian aus meinem Zimmer und schlieÃt die Tür.
Ich kann mir einreden, dass sie es gut mit mir meint. Aber es ist schwierig, sich auszuruhen, wenn alle zwei Minuten jemand hereinkommt, um sicherzugehen, dass du dich auch ja ausruhst.
Ich schlieÃe die Augen. Mein Schädel fühlt sich immer noch an, als würde er in einem Schraubstock stecken, obwohl es schon besser ist als heute Morgen. Selbst Sebastians Schnurren vibrierte wie ein Trommeln in meinem Kopf, und ich musste darum bitten, ihn aus meinem Zimmer auszusperren. Aber ich habe Angst davor einzuschlafen. Angst davor, dass mich dieser Traum wiederfindet. Jetzt, da die Spritze nachgelassen hat, kann alles passieren.
Meine Albträume im Krankenhaus waren schrecklich, aber verschwommen. Meistens konnte ich
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