Gemeinsam stark in Virgin River (German Edition)
zu werfen.
„Was machen Sie da?“, brüllte Ellie und sprang auf. „Was, wenn sie da rausspringt und mich angreift?“
„Die ist doch schon versteinert. Es ist vorbei“, versuchte Noah sie zu beruhigen. Er lächelte. „Ich beschütze Sie.“
„Stimmt“, erwiderte sie. „Aber bis jetzt haben Sie nicht mal die echte Ratte gefunden. Woher soll ich wissen, wie gut Sie mich beschützen können.“ Sie stapfte von ihm weg in Richtung Küche und kam mit Arbeitshandschuhen zurück. „Ich hasse Ratten“, erklärte sie und zog eine der Kisten aus dem Stauraum in die Eingangshalle. Sie öffnete sie behutsam und holte mehrere eingewickelte Bündel heraus. Dann entfernte sie Plastiktüten und Handtücher. „Oh, mein Gott“, sagte sie und überreichte Noah einen kunstvoll gearbeiteten goldenen Kronleuchter.
„Oh, mein Gott“, wiederholte er. Er hob den Leuchter hoch, um ihn genauer zu betrachten. Der Kerzenhalter war schwer. Während Noah versuchte, das Gewicht zu schätzen, packte Ellie ein anderes der eingewickelten Bündel aus der Kiste aus. „Dieser Kerzenhalter ist wertvoll“, sagte Noah.
„Wie Weihnachten“, sagte sie und hob strahlend einen zweiten Kerzenhalter in die Höhe.
Geschäftig machten sie sich beide ans Öffnen der restlichen Kartons und fanden Sachen, die Noah sich bisher noch nicht die Mühe gemacht hatte, zu suchen – obwohl die Kirche mit allem, was sich in dem Gebäude befand, verkauft worden war, hatte niemand den Inhalt der Kartons aufgelistet. Noah war davon ausgegangen, dass alles Wertvolle längst verkauft worden war. Und nun fanden sie hier auf einmal die komplette Altarausstattung von Kerzenhaltern bis zu Abendmahlkelchen. Alles sorgfältig in Plastikfolie und Leinentücher gehüllt, genau wie die Kirchengewänder und Talare für den Chor. Nichts davon war staubig oder von Motten zerfressen. Und Geschirr für die Gemeindeküche – über einhundert Teller, Tassen, Suppenteller, Schüsseln, Platten, Punsch- und Teegläser. Außerdem fanden Noah und Ellie Kreuze aus Holz, andere aus Gold, Gesangbücher, Bibeln, Altardecken und Servietten. Im Stauraum warteten weitere Kisten voller Kerzen, die dank der kühlen Gebirgstemperaturen in weiß Gott wie vielen Jahren nicht geschmolzen waren. Kisten über Kisten voller nützlicher Dinge, die die Kirche gut gebrauchen konnte. Sogar eine dreißig Jahre alte elektrische IBM-Schreibmaschine, die immer noch funktionierte. „Leider wird es nirgendwo auf dieser Welt mehr passende Farbbänder geben“, sagte Noah. Der Stauraum unter der Treppe war mindestens neun Quadratmeter groß, und Noah hatte ihn immer ignoriert, weil die ersten Kartons, die er inspiziert hatte, nur nutzloses Papier enthielten und der Rest so aussah, als hätten sie bereits einen Wasserschaden hinter sich. Manche wirkten auch einfach nur dreckig und zerfleddert – er hatte sich beim besten Willen nicht vorstellen können, darin etwas Wertvolles zu finden.
„Das ist unglaublich“, sagte Ellie und zog den Karton mit den Tellern durch die Eingangshalle.
„Wo wollen Sie hin?“
„Ich bringe die Sachen in die Küche, damit ich sie abwaschen und wegräumen kann!“, rief sie aufgeregt.
Anstatt sich um die Bezahlung unerledigter Rechnungen oder den Entwurf eines Ehegelübdes zu kümmern, arbeiteten Noah und Ellie den ganzen Tag daran, die Kisten zu leeren. Noah brachte einen Berg von Gewändern, Altar- und Tischwäsche zur Reinigung nach Fortuna und besorgte Politur für Kerzenhalter und Kreuze. Sie staubten Bibeln und Gesangbücher ab und packten sie um in saubere Kisten.
Als die Sonne unterging und die letzten Strahlen durch das bunte Kirchenfenster und Jesu Christi Augen in den Altarraum fielen, sah Noah auf die Uhr. „Wir haben den ganzen Tag gearbeitet und nicht einmal an eine Mittagspause gedacht.“
„Es hat Spaß gemacht“, sagte Ellie.
„Wissen Sie, was wir jetzt tun? Wir genehmigen uns ein ordentliches Abendessen bei Jack. Es ist ohnehin Zeit für Lucys Fressen.“
Ellie sah an sich hinunter. „Oh, nein“, sagte sie. „Ich bin total verstaubt und sehe vermutlich aus wie ein Penner. Ich gehe schnell nach Hause und …“
„Das stört doch niemanden, Ellie. In Gottes Namen, Sie werden heute Abend nicht nur Popcorn zum Abendbrot essen! Kommen Sie!“
„Mich
stört es, Noah! Ich kenne diese Leute doch erst seit Kurzem. Da will ich mich wenigstens einigermaßen zurechtmachen, bevor ich mich dort zeige.“
„Gut“, sagte er und zog eine Schnute.
Weitere Kostenlose Bücher