Gemeinsam stark in Virgin River (German Edition)
summte den ganzen Tag lang Gospellieder, und sie war begeistert, wenn ich dann eines dieser Lieder spielen konnte. ‚
The Old Rugged Cross’, Amazing Grace, Great Is Thy Faithfulness …‘
Natürlich hätte ich lieber was von Elton John, John Lennon oder Billy Joel gespielt, aber ich tat ihr den Gefallen.“
„Wo war Ihre Mutter?“, fragte Noah, als der Kuchen kam.
„Sie sprang von einem Mann zum anderen“, erklärte sie und nahm die Gabel in die Hand.
„Gab es außer Ihnen noch mehr Kinder?“
„Nein.“ Sie lachte. „So schlau war sie immerhin. Als ich in der Highschool schwanger wurde, hatte meine Großmutter bestimmt wahnsinnige Angst, ich könnte in die Fußstapfen meiner Mutter treten. Das stimmte zwar nicht, aber es sah erst einmal so aus.“
„Und was haben Sie dagegen unternommen?“, fragte er geduldig.
Sie seufzte und schüttelte den Kopf. „Ich habe versucht, mein Bestes zu geben. Ich bin mit sechzehn schwanger geworden. Als ich mit Danielle im dritten Monat war, habe ich versucht, eine schnelle, preiswerte Hochzeit mit meinem neunzehnjährigen Freund zu organisieren. Und dann verunglückte er. Er war nicht schuld an dem Unfall. Seine Familie hat den Fahrer des anderen Wagens vor Gericht gebracht und den Prozess gewonnen. Eigentlich hätten sie etwas von dem Schmerzensgeld für Danielle auf die Seite legen sollen, aber das haben sie vermutlich vergessen.“ Ellie sah aus, als zweifelte sie daran. „Als Danielle drei war, hatte ich meinen Abschluss in der Tasche und endlich damit aufgehört, mir selbst leidzutun – womit ich meine Zeit lange genug verbracht habe. Ich traf jemanden, den ich mochte. Einen Kerl, der nachts Brot ausfuhr. Ich arbeitete damals gerade in einem Lebensmittelgeschäft. Doch dann wanderte er in den Knast, als ich im dritten Monat schwanger war. Mir kam es vor, als ob ein Fluch auf mir läge.“
Noah aß ein Stückchen Kuchen und versuchte, die Geschichte zu verdauen. Er hatte noch hundert Fragen, aber die erste, die er stellte, war: „Hatten Sie keine Ahnung, dass er zu so etwas fähig war?“
„Ha, dazu war er ja gerade nicht fähig. Er war ein Idiot und mit seinen Freunden unterwegs. Sie hatten getrunken. Er war zweiundzwanzig und hielt es in seinem besoffenen Kopf für witzig, dem Besitzer eines Kiosks dieses blöde Feuerzeug vor die Brust zu halten und zu sagen „Her mit dem Geld.“ Der Kioskbesitzer zählte gerade seine Einnahmen, als mein bescheuerter Freund sich entschied, besonders witzig sein zu wollen. Das hat leider nicht funktioniert. Ich vermute mal, der Richter hatte keinen Sinn für diese Art von Humor. Mein Freund wurde verurteilt und hat seine Strafe abgesessen.“
„Hat?“
„Er ist entweder schon draußen oder er wird demnächst rauskommen.“
„Könnte Ihnen der Kerl nicht irgendwie helfen, Ihren Sohn wiederzubekommen? Oder die Kinder?“, fragte Noah.
„Oh bitte. Besser nicht. Und außerdem werde ich nicht wieder zu ihm zurückkehren. Basta.“
Noah schenkte ihr ein Lächeln. „Waren Sie immer schon so sturköpfig? So willensstark?“
„Ja. Auch wenn es mir bisher meist nur Ärger eingebracht hat.“
„Also – wann kam der Ehemann ins Spiel? Falls Ihnen das jetzt nicht zu persönlich ist?“
„Nein. Es ist gar nicht so persönlich, Hochwürden. Ich war eine alleinerziehende, arbeitende Mutter mit zwei Kindern. Er war neu in der Gegend und kam eines Tages ins Immobilienbüro, wo ich damals als Office-Managerin arbeitete, um nach einer Wohnung zur Miete oder zum Kauf zu suchen. Unsere Immobilienmakler hatten zwar nichts für ihn im Angebot, aber er kam trotzdem wieder und war immer sehr nett. Ich dachte, er ist ein aufrechter Kerl. Trevor war erst zwei, meine Großmutter war ein Jahr zuvor gestorben, und ich war echt am Kämpfen, um alles irgendwie aufrechtzuerhalten. Ich bin nicht einmal überstürzt in die Sache hineingeraten – ich ließ ihn sogar sechs Monate lang zappeln. Ich hatte ohnehin nicht viel Zeit für Verabredungen mit Männern, aber ich habe mich dennoch nie alleine mit ihm getroffen – als er mich zum Abendessen einlud, sagte ich ihm, dass meine Kinder mitkommen, und er hatte kein Problem damit. Er hat viel darüber gesprochen, dass er immer eine Familie haben wollte und nur noch nicht die richtige Frau dafür gefunden hatte. Ich hielt das für ein gutes Zeichen.“ Sie schaute kurz zur Seite, weil sie Noahs Blick nicht länger standhalten konnte. „Ich wusste zwar, dass ich ihn nicht liebte, aber
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