Gemeinsam stark in Virgin River (German Edition)
Er brachte ihnen die Bestellung an den Tisch, nachdem Ellie eine Nische für sie gefunden hatte. Natürlich saß sie mit ihren Kindern zusammen auf der Bank. Sie unterhielten sich über den Ausflug in den Buchladen. Sie versprach, ihnen später etwas vorzulesen und jedem von ihnen zwei Bücher zu kaufen.
Noah hätte ihnen am liebsten zehn Bücher gekauft. Und etwas zum Anziehen – weil sie so langsam aus ihren Sachen herauswuchsen. Für einen Mann, der sich nur wenig um seine äußere Erscheinung kümmerte, ärgerte es Noah zu seiner eigenen Überraschung sehr, in welchem Zustand die Kleidung der Kinder war. Hätte Arnie, der sich für den besseren Elternteil hielt, sich nicht besser um ihre Kleidung kümmern können? Offenbar verfügte er über keinerlei Talente, außer zu disziplinieren und zu bestrafen. Noah wollte eine große Runde durch das Kaufhaus drehen und dafür sorgen, dass die Kinder ordentliche Kleider bekamen und Schuhe, die weder zu klein waren noch zu abgetragen oder abgewetzt. Er wusste, dass Ellies finanzielle Möglichkeiten begrenzt waren, aber was war eigentlich mit diesem großen Zampano, der alles besser machen wollte? Dennoch hielt Noah den Mund, es war schließlich nicht seine Angelegenheit, und er hatte sich bis jetzt schon mehr als genug eingemischt.
Im Buchladen bat Noah die Kinder, sich alle Zeit der Welt zu nehmen – gerne auch Stunden, falls ihnen danach war. „Ich möchte selbst ein bisschen herumstöbern“, sagte er. „Ich könnte mich ewig in einem Buchladen aufhalten. Also entspannt euch und genießt den Einkauf.“
Noah nahm ein Buch nach dem anderen zur Hand, las die Klappentexte, überflog die ersten Seiten, aber anders als bei seinen sonstigen Besuchen im Buchladen konnte er sich nicht richtig auf den Inhalt der Bücher konzentrieren. Deshalb ging er häufig in die Kinderbuchabteilung und beobachtete, wie die Kinder sich an ihre Mutter kuschelten, während diese ihnen etwas vorlas. Als er das nächste Mal in der Kinderbuchecke auftauchte, entdeckte er, dass Danielle sich eng an ihre Mutter schmiegte, während Trevor die Bücherstapel nach weiterem Lesestoff durchforstete. Später saß Trevor auf Ellies Schoß, während Danielle danebensaß und in einem anderen Buch las. Als er zum letzten Mal einen Blick in die Kinderbuchabteilung warf, schlief Trevor auf dem Schoß seiner Mutter, die dabei war, Danielle etwas vorzulesen.
Hätte es etwas an ihrer Situation geändert, wenn der Richter sie so gesehen hätte? fragte sich Noah.
Er betrachtete nicht nur Ellie und die Kinder, und er suchte auch nicht nur nach Büchern – er beobachtete auch die anderen Menschen. Ein paar Mal verließ er die Buchhandlung, um durch die Mall zu streifen und sich die Leute anzusehen. Er war schon seit einiger Zeit nicht mehr so richtig auf dem Laufenden, was die aktuelle Mode betraf. In den letzten Jahren hatte er entweder im Fischhandel am Hafen gearbeitet, war im theologischen Seminar gewesen oder hatte an einer Universität Terry unterrichtet. Die Studenten und Mitarbeiter dieser Uni waren sehr konservativ gekleidet und wirkten, als gehörten sie eher zum rechten als zum linken politischen Flügel. Sie sahen zwar nicht wie Amish aus – knallenge Jeans und kurze Röcke gab es zur Genüge –, doch allzu weit lehnte sich hier keiner aus dem Fenster. Später hatte Noah in einer Art Kloster gelebt, wo man sehr vorsichtig und zurückhaltend gekleidet gewesen war. Vermutlich hatte er sogar zu denjenigen gehört, die am meisten aufgefallen waren, denn er hatte sich geweigert, Pullover mit V-Ausschnitt zu tragen oder in Tweedjacketts zum Terry-Unterricht zu erscheinen. Als Professor hatte er genauso ausgesehen wie jetzt – sehr sportlich und leger. Für seine eigene Hochzeit hatte Noah sich immerhin einen Anzug zugelegt, den er noch einmal bei Merrys Beerdigung getragen hatte. Die Idee, sich für den künftigen Kirchendienst in Schale zu werfen, behagte ihm nicht.
Hier im Einkaufszentrum entdeckte er überall hippe junge Frauen, einige Mütter, andere nicht. Er sah nackte Taillen, gepiercte Bauchnabel, Tattoos, die aus niedrig geschnittenen Jeans hervorlugten und sogar eine Rose auf einem Brustansatz. Während seiner Lehrtätigkeit war er kaum mit Körperkunst in Kontakt gekommen, doch unten am Fischereihafen bei den Docks hatte er sich in seiner Zeit als Fischer sogar selbst Tattoos stechen lassen. Ellies Kleidung mochte vielleicht ein bisschen zu gewagt für eine Mitarbeiterin der Kirche
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