Genesis. Die verlorene Schöpfung (German Edition)
Projektil in der Nähe der rechten Schulter getroffen haben. Genau sah man das nicht mehr, da fehlte alles. Zumindest die Teile, die die blutigen Reste als humanoides Lebewesen hätten erkennen lassen.
»Womit habt ihr auf die geschossen?«, fragte Kira erschrocken und sah Sequoyah an. Die beiden Frauen waren allein mit den Leichen. Genau an der Stelle, an denen sich die beiden Aliens zuvor erfolglos zu verteidigen versucht hatten.
Zwei Männer aus Sequoyahs Team bewachten die vier Gefangenen, während die anderen das Raumschiff der Aliens durchkämmten. Die Aufklärungsdrohnen hatten auf den mobilen Displays alle interessanten Punkte markiert.
»Standardkaliber Vollmantel.«
»Musste das sein?«
»Sorry ... wir mussten davon ausgehen, dass unsere Gegner Körperpanzer tragen«, erklärte Sequoyah. »Das ist die hohe Mündungsgeschwindigkeit, der hydrostatische Druck lässt organische Ziele auf kurze Entfernung aufplatzen. Wir hatten uns ehrlich gesagt auf mehr Gegenwehr und auch auf wirksamere Verteidigungssysteme eingestellt.«
»Du hast das Schiff gesehen. Die Technik, das Material, nichts davon ist uns bekannt. Hast du bemerkt was passiert, wenn man ein Loch in die Wand schießt?«, fragte Kira, während sie die Leichen weiter untersuchte. Dem einen ohne Schulter fehlten auch der Kopf und der halbe Oberkörper. Seine Organe klebten in daumennagelgroßen Stücken verteilt an den Wänden. Von dem anderen Alien war noch weniger übrig geblieben. Ein rechter Unterschenkel, eine Hand und ein Stück vom Brustkorb. Auch wenn Kira bereits ähnliche Bilder bei den Schneckenköpfen gesehen hatte, bei Humanoiden wirkte es realer.
»Die Löcher verschließen sich wieder, als ob das Raumschiff lebendig ist. So etwas habe ich noch nie gesehen.«, antwortete Sequoyah, die sich dabei sichtlich unwohl fühlte. An einigen der inzwischen wieder verschlossenen Einschüsse an den Wänden konnte man Narben erkennen.
»Das hat keiner von uns bisher jemals zu Gesicht bekommen.« Auch Anna nicht, Kira betrat Neuland, ab diesem Punkt würden sie auch die Erinnerungen nicht weiter bringen. Mit dem Finger nahm sie etwas Blut auf und roch vorsichtig daran. »Das Blut ist ebenfalls eisenhaltig, wie das der Menschen.«
»Und sieht echt aus.« Sequoyah blickte zu ihr. Die roten Blutspritzer an der Panzerung ließen erkennen, dass sie sich bei dem Feuergefecht nicht weit von den Opfern entfernt befunden hatte. »Es gibt Theorien, die besagen, dass das Leben vor einigen Millionen Jahren durch im Eis eingeschlossene organische Materie einiger Asteroiden zur Erde gelangt sein könnte«, erklärte sie und schubste mit dem Fuß noch ein paar kleinere Leichenteile auf den Haufen.
»Was bisher weder beweisbar, noch widerlegbar war. Meinst du, dass sich der Mensch deswegen auf mehreren Welten parallel entwickelt haben könnte?« Kira stand wieder auf. Die Untersuchung der Leichen ergab keine neuen Erkenntnisse. Die Aliens waren dem Menschen ähnlich, aber nicht mehr. Ihre Vermutung konnte sie nicht belegen, sie würde weitersuchen müssen.
»Das klingt zumindest plausibel.«
»Mir ist dieses Gedankenmodell zu einfach ... ich möchte mir noch einmal die Gefangenen ansehen.« Kira haderte mit sich. Die Entwicklung der Menschen auf der Erde, die Evolutionsgeschichte der Säugetiere, Anna kannte sich damit sehr gut aus. Es war bemerkenswert, welcher Wissensfundus Kira zur Verfügung stand und ihr trotzdem keine brauchbare Schlussfolgerung ermöglichte.
»Hast du eine Alternative zu bieten?«, fragte Sequoyah. »Oder was sagt Anna dazu?« Und fügte dem ein Lächeln hinzu, was ebenfalls äußerst bemerkenswert war.
»Du kanntest sie gut, oder?«
»Ja.«
»War sie deine Freundin?«
»Eine gute sogar.«
»Warum hat sie dich verraten?«
»Sag du es mir.«
»Ich weiß viel von ihr ... aber ... diese Erinnerung hat sie mir nicht geschenkt.« Kira konnte erkennen, dass Sequoyah und Anna Sanders-Robinson in der Vergangenheit viele Dinge verbunden hatten. Sie hatte nur keine Ahnung, weshalb Anna alle auf dem Planeten zurückgelassen hatte. Arglist? Täuschung? Feigheit? Gier? Jedes dieser wenig schmeichelhaften Motive erschien glaubhaft. Die einzig unumstößliche Tatsache war Proxima, die zurückgelassenen Menschen, die Horizon und die kaum noch vorhandene Hoffnung, jemals wieder heimzukehren.
»Was ich dir sogar glaube.« Sequoyah lächelte und legte vorsichtig die gepanzerte Hand auf Kiras Schulter. »Ich bin wirklich froh, dich gefunden zu
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