Genesis. Die verlorene Schöpfung (German Edition)
fünfzig Millimeter dickem Panzerglas. Das Haus war gut gesichert. Sie dachte über ihre Situation nach: was wollte der BND von ihr? Sie kannte weder die Bedrohung, noch das Schlachtfeld. Der BND Beamte in Düsseldorf hatte lediglich von einem Routineeinsatz gesprochen, sie hätten alles im Griff und würden Lea eigentlich gar nicht benötigen. Wegen der besonderen Bedeutung der Schutzperson würden sie aber gerne eine erfahrende und sprachgewandte Personenschützerin wie Lea Alexander als Beraterin dabei haben. Von dem Gerede stimmte natürlich nur die Hälfte, nur welche?
„MEINE WORTE DÜRFTEN DOCH NICHT SCHWER ZU VERSTEHEN GEWESEN SEIN! ENTWEDER SIE, ODER DIE TESTABNAHME FÄLLT MORGEN INS WASSER! ICH BIN MAL GESPANNT, WIE SIE DAS DEN CHINESISCHEN INVESTOREN ERKLÄREN WOLLEN!”
Das war Simin Navid, deren Laune offensichtlich noch schlechter war als ihre. Was konnte diese Frau brüllen! Die Stimme von Felix Jäger konnte Lea zwar wahrnehmen, aber nicht verstehen.
„NEIN, DAS WAR NICHT MEINE ORDER! SIE IST KEINE BERATERIN! ICH WILL SIE AN MEINER SEITE HABEN! JEDEN TAG! VIERUNDZWANZIG STUNDEN! VERSTANDEN?!”
Lea schmunzelte, bei allen Ränkespielchen, die sie dem BND zugetraut hätte, damit hatte sie nicht gerechnet.
„LEA ALEXANDER WIRD DIE VERANTWORTUNG FÜR MEINE PERSÖNLICHE SICHERHEIT ÜBERNEHMEN. IST DAS KLAR?”
Simin Navid wollte sie haben! Nur deshalb hatte sie der BND holen lassen. Warum hatte sie das getan? Hatte die Begegnung in Frankfurt einen solchen Eindruck hinterlassen? Unglaublich, schließlich hatten andere sie damals für eine Attentäterin gehalten.
Die Tür öffnete sich erneut. Felix Jäger wirkte, als ob er gleich kotzen müsse. „Bitte. Sie werden es ja kaum überhört haben.”
Lea folgte ihm und betrat einen weiteren Wohnraum, in dem neben der Sitzgruppe auch ein Arbeitstisch stand. Simin Navid trug ein dunkelblaues Kleid und eine Perlenkette. Die schwarzen Haare lagen als Zopf über ihrer Brust. Sie kochte immer noch vor Wut.
„Frau Dr. Navid. Bitte, wir haben Lea Alexander für Sie engagiert. Ich respektierte Ihren Wunsch, aber ich möchte Sie… ”
„Danke”, unterbrach sie Jäger und schaute ihn despektierlich an.
„Ich möchte Sie nochmals bitten, Ihre Haltung zu überdenken. Wir sind für Ihren Schutz… ”
„DANKE! Sie können gehen!” Mit ihr zu streiten, dürfte kein Zuckerschlecken sein. Die Tür schloss sich. Lea war mit Simin Navid allein im Raum.
„Frau Dr. Navid, bitte entschuldigen Sie. Aber ich habe gerade Probleme, die richtigen Worte zu finden.” Simin Navid hatte wunderschöne dunkle Augen.
„Simin, bitte nennen Sie mich Simin”, sagte sie wie ausgewechselt. „Sie fragen sich bestimmt, warum Sie hier sind?”
„Das auch… ” Und vieles mehr.
„Glauben Sie an Gott?”
„Ähm… ich bin… also, dass… ” Was sollte denn diese Frage?
„Glauben Sie, dass uns Menschen mehr als unser vergängliches Leben zusammenhält?”
Leas Gedanken kreisten wirr in ihrem Kopf. Theologische Thesen waren nicht wirklich ihre Stärke. „Ist das wichtig?”
„In Frankfurt waren Sie bereit, für Paul Ihr Leben einzusetzen.” In diesem Moment hätte Lea besser auf ihr Kleid achten sollen. „Lea, unsere Taten zeigen, was uns wichtig ist.”
Lea fasste sich wieder. „Ich sitze im Auftrag des BND bei Ihnen. Ich habe einen Vertrag unterschrieben, Ihr Leben zu schützen. Genau bis zum Jahreswechsel. Dann ist mein Mandat vorbei und ich werde wieder gehen.”
„Das ist richtig.”
„Ich nehme an, dass ich gleich noch taktisch eingewiesen werde. Gibt es noch besondere Dinge, die ich vorher wissen sollte?”
„Mehr, als ich Ihnen im Augenblick vermitteln kann.” Die Kraft wich aus Simins Worten. „Ich möchte, dass Sie ab jetzt nicht mehr von meiner Seite weichen.”
„Ist das mit dem BND abgestimmt?” Von einer Beraterin in der zweiten Reihe zur wichtigsten Personenschützerin an ihrer Seite? Das ging verdammt schnell.
„Lea bitte… die Anlagen müssen pünktlich zum Jahreswechsel in Betrieb gehen. Sie können sich gar nicht vorstellen, was alles davon abhängt. Bitte… ich vertraue Ihnen mein Leben an, meinen Glauben, alles was mir wichtig ist!”
„Aber ich… ” Was lief hier ab? Diese Frau kannte sie kaum und schüttete ihr unvermittelt das Herz aus. Das war Lea zu nah. Viel zu nah.
„Ich bitte Sie, mein Leben zu schützen, damit ich meinen Weg beschreiten kann. Ich tue das nicht für mich… es geht um soviel mehr! Bitte legen
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