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Genial gescheitert - Schicksale großer Entdecker und Erfinder

Genial gescheitert - Schicksale großer Entdecker und Erfinder

Titel: Genial gescheitert - Schicksale großer Entdecker und Erfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Buehrke
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Physikalischen Verein vor – dieses Mal offenbar mit mehr Erfolg. »Diese neuen Apparate können nun auch von jedermann mit Leichtigkeit gehandhabt werden und gehen mit großer Sicherheit«, 9 schrieb Boettger. »Selbst Wörter können sich die Experimentierenden mittheilen, jedoch nur solche, die von ihnen schon oft gehört seien«, schränkte er ein.
    Reis war mit der Qualität seines Telefons nun so zufrieden, dass er es ab August 1863 verkaufte. Die Herstellung übertrug er einem Instrumentenbauer in Frankfurt. Das kritischste Bauteil und Schwachpunkt war die Membran, die je nach Temperatur und Feuchtigkeit ihre Straffheit veränderte. Deswegen bestand Reis darauf, dass nur er diese Membran vor dem Versand einbaute. Der Käufer erhielt das Gerät zusammen mit einer Gebrauchsanleitung je nach Qualität für 14 bis 21 Gulden. Zum Vergleich: Reis’ Monatsgehalt als Lehrer betrug 65 Gulden.
    Erstaunlicherweise dachte Reis nie daran, das Telefon zur Kommunikation einzusetzen. Dafür hätte man auch zwei Gerätekaufen müssen. Er suchte nach wissenschaftlicher Anerkennung und sah in seinen Geräten neue Experimentiermöglichkeiten und wertvolle Exponate für technische Sammlungen. Auf diese Weise gelangten seine – im Übrigen nicht patentgeschützten – Telefone in die Labore von Wissenschaftlern in aller Welt, die weiter mit ihnen experimentierten und sie teilweise auch verbesserten. So fanden sich Reis-Telefone unter anderem in England, Irland, Russland und um 1865 auch in den USA. Schon 1862 soll auf der Weltausstellung in London ein Nachbau zu sehen gewesen sein. Doch kehren wir nach Friedrichsdorf zurück.
    Die wissenschaftliche Anerkennung blieb Reis versagt. Er reichte zwei wissenschaftliche Abhandlungen bei den renommierten ›Annalen der Physik und Chemie‹ ein, doch beide Male lehnte der Herausgeber Johann Christian Poggendorf die Veröffentlichung ab, obwohl er selbst bei einer Vorführung anwesend war. Poggendorf hielt die Ausführungen für Spielerei. Lediglich Wilhelm von Legat nahm sich der Sache an und verfasste eigene Aufsätze über Reis’ Experimente, die er Reis zur Durchsicht schickte und dann in der ›Zeitschrift des Deutsch-Österreichischen Telegraphenvereins‹ publizierte. Einer davon fand 1863 auch Aufnahme in ›Dingler’s Polytechnischem Journal‹. Dies war deswegen von Bedeutung, weil Alexander Graham Bell diesen Aufsatz gesehen hat. Ansonsten erschienen lediglich in den wenig beachteten Jahresberichten des Frankfurter Physikalischen Vereins Abhandlungen über seine Vorträge.
    Am 21. September 1864 präsentierte Reis sein Telefon ein letztes Mal vor Wissenschaftlern – immerhin auf der namhaften Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte in Gießen. Doch das Interesse ließ offenbar nach, und als sogar der Physikalische Verein Reis’ Erfindung nicht mehr würdigte, trat er aus dem Verein aus. Eine Vorführung auf der Homburger Gewerbeausstellung im Juli 1867 brachte ihm noch eine Meldung im ›Taunusboten‹ ein, dabei blieb es.Enttäuscht stellte Reis seine Experimente ein und widmete sich ausschließlich seinem Beruf.
    Viel Zeit blieb ihm ohnehin nicht mehr. Im Frühjahr 1873 erkrankte er an Tuberkulose – einer quälenden Krankheit, der wahrscheinlich schon seine Eltern erlegen waren. Selbst als er schon zu schwach war, um ins nahe gelegene Institut zu gehen, unterrichtete er seine Schüler noch bei sich im Wohnhaus. Den Krankheitserreger entdeckte Robert Koch erst zehn Jahre später, daher wussten die Ärzte von der Ansteckungsgefahr noch nichts. Ab Neujahr 1874 war Reis so geschwächt, dass er nur noch sehr leise sprechen und nicht mehr aus dem Bett aufstehen konnte. Am 14. Januar wurde er von seinem Leiden erlöst. Die Beerdigung fand ohne großes Aufsehen auf dem nahe gelegenen Friedhof statt; wenig später errichtete der Physikalische Verein einen Grabstein mit einem Medaillonbild und der Inschrift: »Seinem verdienstvollen Mitgliede, dem Erfinder des Telephons«.
    Damit endet die Geschichte vom Erfinder des Telefons. Doch die Geschichte von der Erfindung des Telefons sollte erst noch beginnen. Ihr Anfang liegt weitgehend im Dunkeln und wird deutlich von nationalen Interessen geprägt. Den Anspruch auf den »wirklichen Erfinder des Telefons« erheben heute Franzosen, Italiener, Deutsche und US-Amerikaner. Klar ist jedenfalls, dass die Erfindung in der Luft lag, wobei die Telegrafie den Anlass zu Ideen gab, Sprache auf elektrischem Weg zu

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