Genom
Er hat nur weiter über seine ›Arbeitgeber‹ gesprochen. Nicht nur einen … Ich bin mir sicher, dass er den Plural benutzt hat.«
Ingrid nickte und gab ihm recht. »Das ist mir auch aufgefallen. Ob er wohl den SAHV gemeint hat?«
»Eins steht jedenfalls fest«, erwiderte Whispr, »er hat sich nicht auf eine politische Behörde bezogen. So sehe ich das zumindest. Die Polizei mag sich ja noch so weit verbiegen lassen, dass sie jemanden wie Jiminy auf der Flucht erschießt, aber die Erlaubnis zu geben, einen unschuldigen Meld auszuschalten, der einfach nur auf einem Stuhl sitzt …« Er schüttelte den Kopf. »Da muss man schon ziemlich übel drauf sein, wenn man so was genehmigt. Ich bin ganz Gators Meinung: Wenn der SAHV daran arbeitet, dieses MSMH-Zeugs herzustellen, dann wird er vermutlich auch wissen, was sich auf einem unleserlichen Speicherfaden befindet, der daraus erschaffen wurde. Und er wird den Grund dafür kennen, warum er es wert ist, dafür zu töten. Nicht, dass das wichtig wäre.«
Sie wandte sich von der Aussicht auf den Sumpf und den Regenwald ab und sah ihn an. »Wie meinst du das, Whispr?«
Er warf ihr nur einen kurzen Blick zu und achtete dann wieder auf den Wasserweg vor ihnen. »Hast du noch nicht genug, Doc? Wie viele Leute müssen denn noch sterben, bevor es zu viel wird? Wie viel Glück werden wir deiner Meinung nach denn noch haben, bevor dein Name auch auf Luzifers Liste steht? Wenn wir mit dem Faden und dem, was wir wissen, zu den Behörden gehen und dafür sorgen, dass öffentliche und private Kamerateams dabei sind, wenn wir die Übergabe vornehmen, dann ist das zu viel Publicity füralle jene, die uns schaden wollen. Sie werden sich damit zufriedengeben müssen, den Faden zurückzubekommen und uns in Ruhe zu lassen. Wir können lebend aus der Sache rauskommen. Bei all dem, was wir wissen, könnte vielleicht sogar noch eine Belohnung für uns rausspringen.«
Whisprs Worte ergaben durchaus Sinn. Sie dachte lange darüber nach. Also etwa fünf Minuten lang.
»Wir haben doch bereits darüber gesprochen, Whispr«, meinte sie schließlich. »Ich werde nicht aufgeben. Ich kann es nicht. Wenn du nach Hause gehen willst, dann verstehe ich das. Ich werde den Faden als Bezahlung dafür behalten, dass ich dir mit den Traktacs geholfen habe.«
»Ja«, murmelte er, »das hast du bereits gesagt. Weißt du, für eine Frau der Wissenschaft kannst du dich ganz schön an eine veraltete, unlogische Theorie klammern.«
Sie runzelte die Stirn. »Was für eine veraltete, unlogische Theorie?«
»Die, die dir sagt, dass du deinen nächsten Geburtstag noch erleben wirst, wenn du diese fanatische Sache weiterhin durchziehen willst.«
Obwohl sie ihre Entrüstung wegen der Zoe noch nicht vergessen hatte, musste sie grinsen. »Es ist nett von dir, dass du dir Sorgen machst, Whispr.«
»Ich mache mir keine Sorgen!«, schrie er. »Das ist mir scheißegal … Ach, vergiss es. Vergiss alles. Es ist ohnehin nicht mehr wichtig. Wir werden so oder so sterben.«
»Das ist die richtige Einstellung.« Sie streckte den Arm aus und drückte seine rechte Schulter. »Ich mag optimistische Männer.«
»Wahnsinnige Männer, meinst du wohl«, murmelte er mit finsterem Blick. Aber seine Schulter kribbelte an den Stellen, an denen ihre Finger ihn berührt hatten. Das war auchnicht logisch. Er sah sie erstaunt an. »Menschen können sich schnell ändern, und das nicht nur durch Melds. Du bist nicht mehr dieselbe nervöse, verbissene Ärztin, die mich in Savannah behandelt hat.«
Das musste sie erst einmal verdauen, während sie mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Savannah sausten.
»Und«, fragte sie ihn zu guter Letzt, »ziehst du die Sache zusammen mit mir durch, bleibst du in Florida oder gehst du zurück nach Savannah?«
Er lenkte das Boot um eine kleine Insel aus smaragdgrünen, einen Meter großen Victoria-Regina -Wasserlilien herum. Dadurch in Panik versetzte Frösche, die so groß wie seine Handfläche waren, stoben in alle Richtungen davon, woraufhin sie von einigen unter der Wasseroberfläche lauernden Pirarucú angegriffen wurden.
»Wenn ich ohne den Faden nach Savannah zurückkehre, könnte ich von den Cops verhaftet oder gleich getötet werden. Wenn ich hierbleibe, verliere ich mein Leben. Gehe ich mit dir, werde ich umgebracht. Das ist keine einfache Entscheidung, Doc.«
Sie wandte sich von ihm ab und beobachtete, wie die exotische Vegetation an ihnen vorbeiraste. »Dieser unaufhörliche Sarkasmus
Weitere Kostenlose Bücher