Gentle Horse Training - B¿ttcher, T: Gentle Horse Training
wie es auf visuelle Reize reagiert, besondere Bedeutung zumessen.
Pferde haben einen vorderen Sehbereich, in dem beide Augen die gleichen Informationen erhalten. Im seitlichen Sehbereich kann das Pferd jedoch nur mit einem Auge Dinge wahrnehmen. Das Bild, das zum Beispiel mit dem linken Auge aufgenommen wird, steht dem anderen Auge nur zu etwa zehn Prozent zur Verfügung. Sieht ein Pferd nun den gleichen Gegenstand mit dem rechten Auge, ist dieser aus seiner Sicht etwas Neues, das eine mögliche Gefahr darstellen könnte (zumal sich das Objekt ebenfalls vor einem anderen Hintergrund befindet).
Bei unbekannten Reizen zeigen die Pferde dann oft das Sicherungsverhalten, das heißt sie versuchen das Objekt mit beiden Augen zu betrachten. Reize im rechten Gesichtsfeld lösen dabei meistens eher Sicherungsverhalten aus als Reize im linken.
Sehbereich des Pferdes
DieserUnterschied ist in der Natur kein Hindernis, das Pferd kann den Kopf immer so drehen, dass es mit beiden Augen die vermeintliche Gefahr untersuchen kann. Problematisch wird dies erst, wenn ein Pferd in Anlehnung oder mit Ausbindern geritten wird, sodass es nicht die Möglichkeit hat, den Kopf zu drehen.
Es wird dann versuchen, zu diesem Objekt mehr Abstand zu gewinnen, loslaufen oder seitlich ausweichen wollen. Die Anlehnung geht verloren, wenn das Pferd seine Kraft einsetzt, um das richtige Auge benutzen zu können. Dieses vom Menschen oft als Widersetzlichkeit gedeutete Verhalten hat es dem Pferd ermöglicht zu überleben, es ist genetisch verankert. Wir alle haben vermutlich schon Pferde gesehen, die an der Longe ständig von der rechten auf die linke Hand wechseln wollen. Doch nicht nur das Training des einzelnen Auges ist sehr wichtig, besondere Beachtung ist auf das „Wechseln“ des Auges zu legen.
Jedes Pferd hat im Blickfeld „blinde“ Bereiche, in denen es nichts sieht. Diese befinden sich hinter dem Pferd, direkt über und unter
ihm sowie direkt vor ihm. „Wechsel“ des Auges bedeutet, dass ein Objekt (oder der Mensch) aus dem einen Augenbereich in den toten Bereich verschwindet und im anderen Auge auftaucht. Dieser plötzlich auftauchende Reiz ist so hoch, dass er oft eine Fluchtreaktion auslöst beziehungsweise das Pferd sich so zu drehen versucht, dass es das Objekt besser sehen kann. Ist das Pferd jedoch in seinen Fluchtmöglichkeiten eingeschränkt, kämpft es unter Umständen auch, was zu extrem gefährlichen Situationen führen kann.
Reize können in vielerlei Gestalt auftreten: der Mensch, der hinter dem angebundenen Pferd vorbeigeht und so den Sehbereich wechselt. Oder auch das Reiterbein, das sich über den Rücken schwingt und plötzlich im rechten Auge des Pferdes auftaucht.
Stress und seine Auswirkungen
Stress und seine Auswirkungen
Nicht nur unter ethischen Gesichtspunkten sind wir als Tierhalter verpflichtet, beim Pferd so wenig Stress wie möglich zu erzeugen. Stress hat unmittelbaren Einfluss auf den Stoffwechsel und das zentrale Nervensystem (ZNS) des Pferdes und somit ebenfalls auf seine Balance und Feinmotorik, welche wir jedoch benötigen, wenn das Pferd Leistung bringen soll. Auch die Muskelarbeit und das Muskelwachstum hängen von diesen Faktoren ab, denn ein Muskel kann nur korrekt arbeiten und wachsen, wenn sein Zustand zwischen Spannung und Entspannung wechselt. Muskulatur, die unter dauerhafter Anspannung steht, kann nicht wachsen, bildet sich im Gegenteil sogar zurück. Aufregung ist somit eines der am meisten vernachlässigten Themen innerhalb der Pferdeausbildung. Gerade im Leistungssport führt jede kleine Verbesserung der Stressresistenz zu einem Wettbewerbsvorteil.
Stress
verhindert Lernen und provoziert statt Aktion lediglich Reaktion
Stress
aktiviert den Sympathikus
Stress
hindert das Muskelwachstum
Stress
verschlechtert die Koordination und Balance
Man kann es am ehesten wohl so zusammenzufassen: Ein gestresstes Pferd lässt sich nicht trainieren. Denken Sie einmal darüber nach, wenn Sie das nächste Mal einen Reiter sehen, der stolz darauf ist, sich durchgesetzt und dem „Bock“ gezeigt zu haben, wo es langgeht.
Stresstank
Stellen Sie sich vor, dass jedes Pferd einen „Stresstank“ im Kopf hat, der durch verschiedene Ereignisse gefüllt wird. Läuft er über, haben wir die Bescherung. Es ist selten eine einzige Situation, die ein Pferd kopflos werden lässt – bis zum Überlaufen muss sich schon einiges anfüllen, was sich bis dahin allerdings meist nicht so
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