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Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)

Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition)

Titel: Georg Büchner - Gesammelte Werke: Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck, Lucretia Borgia, Maria Tudor (Gesammelte Werke bei Null Papier) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Büchner
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Dinge drauf – warum denn gerade das eine? Wer sollte mir’s nehmen? Das wäre arg. Was wollten sie auch damit anfangen?
    Camille : Ich wiederhole dir: du kannst ruhig sein. Gestern sprach ich mit Robespierre: er war freundlich. Wir sind ein wenig gespannt, das ist wahr; verschiedne Ansichten, sonst nichts!
    Lucile : Such ihn auf!
    Camille : Wir saßen auf einer Schulbank. Er war immer finster und einsam. Ich allein suchte ihn auf und machte ihn zuweilen lachen. Er hat mir immer große Anhänglichkeit gezeigt. Ich gehe.
    Lucile : So schnell, mein Freund? Geh! Komm! Nur das (sie küßt ihn) und das! Geh! Geh! (Camille ab.)
    Das ist eine böse Zeit. Es geht einmal so.
Wer kann da drüber hinaus? Man muß sich fassen.
(Singt): Ach Scheiden, ach Scheiden, ach Scheiden,
Wer hat sich das Scheiden erdacht?
    Wie kommt mir grad das in Kopf? Das ist nicht gut, daß es den Weg so von selbst findet. – Wie er hinaus ist, war mir’s, als könnte er nicht mehr umkehren und müsse immer weiter weg von mir, immer weiter.
    Wie das Zimmer so leer ist; die Fenster stehn offen, als hätte ein Toter drin gelegen. Ich halt es da oben nicht aus. (Sie geht.)

Vierte Szene
    Freies Feld
    Danton : Ich mag nicht weiter. Ich mag in dieser Stille mit dem Geplauder meiner Tritte und dem Keuchen meines Atems nicht Lärm machen. (Er setzt sich nieder; nach einer Pause):
    Man hat mir von einer Krankheit erzählt, die einem das Gedächtnis verlieren mache. Der Tod soll etwas davon haben. Dann kommt mir manchmal die Hoffnung, daß er vielleicht noch kräftiger wirke und einem alles verlieren mache. Wenn das wäre! – Dann lief ich wie ein Christ, um einen Feind, d. h. mein Gedächtnis, zu retten.
    Der Ort soll sicher sein, ja für mein Gedächtnis, aber nicht für mich; mir gibt das Grab mehr Sicherheit, es schafft mir wenigstens Vergessen. Es tötet mein Gedächtnis. Dort aber lebt mein Gedächtnis und tötet mich. Ich oder es? Die Antwort ist leicht. (Er erhebt sich und kehrt um.)
    Ich kokettiere mit dem Tod; es ist ganz angenehm, so aus der Ferne mit dem Lorgnon mit ihm zu liebäugeln.
    Eigentlich muß ich über die ganze Geschichte lachen. Es ist ein Gefühl des Bleibens in mir, was mir sagt: es wird morgen sein wie heute, und übermorgen und weiter hinaus ist alles wie eben. Das ist leerer Lärm, man will mich schrecken; sie werden’s nicht wagen! (Ab.)

Fünfte Szene
    Ein Zimmer
    Es ist Nacht.
    Danton (am Fenster): Will denn das nie aufhören? Wird das Licht nie ausglühn und der Schall nie modern? Will’s denn nie still und dunkel werden, daß wir uns die garstigen Sünden einander nicht mehr anhören und ansehen? – September! –
    Julie (ruft von innen): Danton! Danton!
    Danton : He?
    Julie (tritt ein): Was rufst du?
    Danton : Rief ich?
    Julie : Du sprachst von garstigen Sünden, und dann stöhntest du: September!
    Danton : Ich, ich? Nein, ich sprach nicht; das dacht’ ich kaum, das waren nur ganz leise, heimliche Gedanken.
    Julie : Du zitterst, Danton!
    Danton : Und soll ich nicht zittern, wenn so die Wände plaudern? Wenn mein Leib so zerteilt ist, daß meine Gedanken unstet, umirrend mit den Lippen der Steine reden? Das ist seltsam.
    Julie : Georg, mein Georg!
    Danton : Ja, Julie, das ist sehr seltsam. Ich möchte nicht mehr denken, wenn das gleich so spricht. Es gibt Gedanken, Julie, für die es keine Ohren geben sollte. Das ist nicht gut, daß sie bei der Geburt gleich schreien wie Kinder; das ist nicht gut.
    Julie : Gott erhalte dir deine Sinne! – Georg, Georg, erkennst du mich?
    Danton : Ei warum nicht! Du bist ein Mensch und dann eine Frau und endlich meine Frau, und die Erde hat fünf Weltteile, Europa, Asien, Afrika, Amerika, Australien, und zwei mal zwei macht vier. Ich bin bei Sinnen, siehst du. – Schrie’s nicht September? Sagtest du nicht so was?
    Julie : Ja, Danton, durch alle Zimmer hört ich’s.
    Danton : Wie ich ans Fenster kam – (er sieht hinaus): die Stadt ist ruhig, alle Lichter aus…
    Julie : Ein Kind schreit in der Nähe.
    Danton : Wie ich ans Fenster kam – durch alle Gassen schrie und zetert’ es: September!
    Julie : Du träumtest, Danton. Faß dich!
    Danton : Träumtest? Ja, ich träumte; doch das war anders, ich will dir es gleich sagen – mein armer Kopf ist schwach – gleich! So, jetzt hab ich’s: Unter mir keuchte die Erdkugel in ihrem Schwung; ich hatte sie wie ein wildes Roß gepackt, mit riesigen Gliedern wühlt’ ich in ihren Mähnen und preßt’ ich ihre Rippen, das Haupt abwärts

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