Georgette Heyer
Challoner
heiratet. Aber jetzt habe ich sie gesehen, und ich bin schließlich keine dumme
Gans – sie ist eine respektable Person, und es ist mir diesmal ganz egal, was
Sie dazu sagen – Dominique muß sie heiraten!»
Seine
Gnaden blickte mit unbewegter Miene auf sie nieder. «Ganz richtig, meine Liebe,
das muß er.»
Die
Herzogin riß die Augen auf. «Sie sind nicht dagegen, Monseigneur?»
«Ich
begreife nicht, weshalb ich dagegen sein sollte», sagte Seine Gnaden. «Diese
Heirat erscheint mir sogar ungeheuer wünschenswert.»
Die
Herzogin ließ Miss Challoner los, um temperamentvoll die Hände auszustrecken.
«Aber Monseigneur, warum haben Sie denn das nicht gleich gesagt?»
«Vielleicht
erinnerst du dich, meine Liebe, daß du mir verboten hast, den Mund
aufzumachen.»
Die
Herzogin schenkte diesem Einwand keine Beachtung, sondern rief mit ihrer
gewohnten Lebhaftigkeit: «Voyons, jetzt bin ich aber sehr glücklich!»
Sie wandte sich wieder an Mary. «Und du – ich glaube, du wirst sehr gut zu
meinen Sohn sein, n'est-ce pas?»
«Ich liebe
ihn, Madam», erklärte Miss Challoner. «Mehr kann ich nicht sagen. Und – und –
ich danke Ihnen – für Ihre ...»
«Ah, pah!»
rief Léonie. «Ich kann es nicht leiden, wenn man sich bei mir bedankt. Wo ist
Rupert? Ich muß ihm sofort erzählen, daß alles in Ordnung ist.»
In diesem
Moment trat der Genannte, der offenbar draußen beschäftigt gewesen war, in den
Salon. Er wirkte sehr gedankenverloren und richtete sofort das Wort an seinen
Bruder. «Bin wirklich verdammt froh, Avon, daß du gekommen bist! Weiß der
Himmel, hätte es eigentlich nie für möglich gehalten, daß das der Fall sein
könnte, aber wir sind in einer verteufelten Schwierigkeit.»
«Nein,
nicht mehr, Rupert!» mischte sich Léonie ein. «Es ist alles geregelt.»
«Wie?»
Seine Lordschaft schien überrascht. «Wer hat alles geregelt?»
«Oh, aber
Monseigneur, selbstverständlich! Die beiden sollen heiraten.»
«Gott,
kannst du denn an nichts anderes denken als an deinen jungen Feuerfresser?»
fragte Rupert angeekelt. Er packte einen der Silberknöpfe am Rock Seiner
Gnaden und dämpfte vertraulich die Stimme: «Ist ein ungeheures Glück, daß du
aufgekreuzt bist, Avon; habe nämlich in Dijon sechs Dutzend Flaschen Burgunder
und ungefähr drei Dutzend Flaschen Portwein – das Mildeste, was mir je auf die
Zunge gekommen ist – gekauft – vom Wirt in irgend so 'nem Gasthaus, wo wir
abgestiegen sind, und hol's der Teufel, jetzt kann ich die Rechnung für den
Wein nicht bezahlen.»
«Monseigneur,
die Geschichte mit diesem Wein hängt mir schon zum Hals heraus», sagte Léonie.
«Kaufen Sie ihn nicht! Ich will nicht mit einer Unmenge Flaschen in der Kutsche
heimfahren!»
«Darf ich
dich höflichst ersuchen, mich loszulassen, Rupert?» sagte Seine Gnaden. «Wenn
du Portwein gekauft hast, mußt du ihn natürlich per Schiff transportieren. Hast
du eine Flasche mitgebracht?»
«Eine?
Sechs!» rief Rupert. «Wollen gleich einer zu Leibe rücken, und du wirst sehen, daß
ich recht habe – na, jedenfalls hast du dich mächtig verändert, Justin, das muß
ich wohl sagen.»
«Rupert»,
unterbrach ihn Léonie entrüstet, «es ist mir völlig gleichgültig, was du tust,
aber ich möchte dich Mademoiselle Challoner vorstellen, Dominiques zukünftiger
Frau.»
Seine
Lordschaft blickte sich erstaunt um. «Was, ist sie hier?» Dann entdeckte er
Mary endlich. «Also Sie sind das Mädchen, mit dem mein verflixter Neffe
durchgebrannt ist!» sagte er. «Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen mit ihm, meine
Liebe! Ein schönes Affentheater haben Sie uns da eingebrockt. Sie werden
verzeihen, daß ich mich Ihnen im Moment nicht länger widmen kann, aber es gibt
da eine Kleinigkeit, die meine Aufmerksamkeit erfordert. So, Avon, ich stehe
dir zur Verfügung.»
Léonie rief
ihm nach: «Aber Rupert, Rupert! Wo sind Juliana und Mr. Comyn?»
Rupert war
schon auf der Schwelle. «Die kommen noch früh genug!» brüllte er ihr über die
Schulter zu. «Zu früh für meinen Geschmack! Der Teufel soll mich holen, wenn
ich je so was von verliebtem Getändel gesehen
habe! Da könnte sich einem wahrhaftig der Magen umdrehen! Ihre Kutsche ist
etwas zurückgeblieben.»
Damit
verschwand er, und Léonie wandte sich mit einer resignierten Geste an Miss
Challoner. «Er ist verrückt, verstehen Sie. Sie dürfen seinetwegen nicht
beleidigt sein, er wird sich bestimmt bald erholen.»
«Wie sollte
ich beleidigt sein?» antwortete
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