Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006
Knochen:
Kann keine Verlierer mehr sehn
Gehöre zu den Gewinnern
Wann ich selbst zuletzt verlor?
Will mich nicht erinnern.
Jugendtreff in Kaiserslautern
Was weiß ein junger Mensch denn von Schultern?
Um nur von Schultern zu reden, nicht von Brüsten.
Lust mag so ein junger Mensch ja vielleicht haben -
Doch was weiß er von Lüsten?
Das junge Mädchen weiß nicht, was ihre Schulter bewirkt.
Der junge Mann weiß nichts damit anzufangen.
Er spürt vielleicht, daß es sie nach Berührung verlangt -
Doch was weiß er schon vom Verlangen?
Die Welt des jungen Menschen ist geheimnislos und flach.
Von denen da könnte niemand ertrinken.
Natürlich verschränken die sich hier wie anderswo -
Doch was wissen sie schon vom Versinken?
Kaiserslautern ist eine so häßliche Stadt.
Hier dürfte es nur Monster und Zombies geben.
Aber nicht die da, schön und so furchtbar lebendig -
Doch was weiß ich schon vom Leben?
In Mantua
Du siehst diese scharfe Frau,
sie geht über diesen Platz.
Du denkst, wie scharf die im Bett sein muß,
bei dem Gang.
Du hoffst, diese scharfe Frau
sei im Bett so stumpf wie ihr Typ.
Dich schmerzt, daß der die hernehmen darf
und nicht du.
Man hat dir erzählt, scharfe Fraun
sein im Bett schlicht katastrophal.
Du hast ihnen stets nur zu gern geglaubt,
diesen Stimmen.
Die hatten nie scharfe Fraun,
genausowenig wie du.
Denn hätten die scharfe Frauen gehabt,
wüßten sie:
Scharfe Frauen, die sind nicht scharf,
scharfe Fraun, die machen scharf.
Das macht die Liebe mit scharfen Fraun
so einfach.
Du hast das ja immer geahnt.
Nur schreckte dich die Gesellschaft
dieser schlichten Typen, die sich einfach das nehmen,
was du gern hättest.
Unzeitgemäße Verse
Ihm gesagt
In jeder Frau da steckt
ein Sexualobjekt.
Das muß der Mann erwecken,
sonst bleibt es in ihr stecken.
Ihr gesagt
Zu Frauen kommt man
wie zu Kindern,
paßt kurz nicht auf,
schon sind sie da,
sperren den Mund auf,
nicht daran zu hindern
zu nehmen. Wer je Frauen sah,
der weiß, daß ihre Fähigkeit
zu schlingen
die aller andern Wesen übersteigt,
weshalb der Mann,
wie unter großem Zauber,
den vollen Schnabel stets in
Frauen neigt.
Dem Paar gesagt
In hellen wie in heitern Tagen
soll eine froh die Lust des andern tragen.
Burschi
Niemals nie allein gewesen,
immer war da so ein Besen:
War da Frau, Geliebte, Mutter,
war'n da Socken, Liebe, Futter.
Sind da Uralt-Phantasien:
Burschi wird per se verziehen.
Niemand darf mit Burschi rechten,
Burschi aber alle knechten.
Da doch alle Burschi brauchen,
darf der vögeln, trinken, rauchen,
Darf sich mopsen, darf sich aalen,
ohne jemals zu bezahlen,
Darf bestrafen, darf beerben,
kann nur eines nicht: nicht sterben.
Superkräfte wär'n vonnöten,
wollte jemand Burschi töten,
Dreifach müßten die agieren,
sollte Burschi je verlieren,
Da je eine dieser Mächte,
Burschi lediglich leicht schwächte,
Und sie auch als Paar von Mächten
Burschi nicht zur Strecke brächten–:
Dreifach also. Muß ich sagen,
Welches Trio welcher Plagen
Burschi ins Verderben triebe?
Richtig: Futter, Socken, Liebe.
Das Hohelied vom Heimlichtun
Wie lieb' ich dich
O Heimlichtun
Wie bist du mir verhaßt
Wie schwindelt mir in dieser Höh'
Wie gern säg' ich am Ast
Wie selig ich
Den Schwindel spür'
Wie fürcht' ich mich vorm Fall
Wie süchtig ich die Säge führ'
Wie wart' ich auf den Knall.
Paargesang
Was mir gehört
Was dir gehört
Wir scheren uns nicht drum
Ich nehme, denn ich bin gescheit
Du gibst, denn du bist dumm.
Was mir gefällt
Was dir gefällt
Das ist doch alles eins
Ich kriege schon mein Stück vom Glück
Und wenn ich will, auch deins.
Was mir gebricht
Was dir gebricht
Uns ist das einerlei
Ich weiß ja nicht, was Mangel ist
Denn du entsagst für zwei.
Couplet von der Geilheit
Die Liebe ist stark
und die Zärtlichkeit toll
und beim Tanz nennt sie ihn ihren Schatz.
Aber kommt es zum Schwur,
dann erst raffen sie voll:
Für Geilheit gibt's keinen Ersatz.
Zuzweitsein bestärkt
und Gemeinsamkeit hebt
und am Tag ist für Zweifel kein Platz.
Aber löscht man das Licht,
dann wird hautnah erlebt:
Für Geilheit gibt's keinen Ersatz.
Die Reife schenkt Kraft
und die Weisheit schenkt Ruh'
und auch Wunden war'n nicht für die Katz.
Aber fragt man die zwei,
dann geben sie zu:
Wofür?
Für Geilheit?
Was soll's da nicht gegeben haben?
Gab's für Geilheit einen Ersatz, Schatz?
Nein, für Geilheit gab's keinen
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