Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006
man stolz ins Zwielicht treten
Mädchen, die vom Vögeln kommen.
Die natürlichste Sache der Welt
Natürlich gibt es Wollust
Natürlich gibt's Begehren
Das wäre ja noch schöner
Wenn auch die zwei nicht wären
Wir wären ja verloren
Wenn uns die zwei nicht hätten
Und schwiegen ungeboren
In ungemachten Betten.
Fatum
Nicht anders als das Lamm zum Block
Nicht anders als zum Beil der Bock
Nicht anders als zum Spieß die Sau
Nicht anders geht der Mann zur Frau:
Mit Schmerz in den Gedärmen
Mit Zagen und mit Härmen
Mit furchtbarem Getue
Mit Angst um seine Ruhe
Mit inwendigem Brüllen
Und ohne eignen Willen.
So schmale Handgelenke
So schmale Handgelenke,
wie können die überhaupt eine Hand halten,
ohne andauernd abzubrechen? Die Frage
will mir schier den Verstand spalten.
So schmale Handgelenke,
sie lassen sich mit Daumen und kleinem Finger umfassen.
Sehe ich so schmale Handgelenke, dann kann ich
dieses Umfassen nur schwer unterlassen.
So schmale Handgelenke,
die in Fingern wie Reisig enden.
Sie knistern unter deinem Händedruck,
und du bist Wachs in diesen Händen:
Sie sind schon Danaergeschenke,
so schmale Handgelenke.
Bildnis des Künstlers als
alternder Filou
Bist du bei mir,
fragt sie ihn.
Bist du wirklich bei mir?
Ich bin bei dir,
sagt er ihr.
Ich bin wirklich bei dir.
Er sagt wirklich:
Ich bin bei dir.
Als sie ihm sagte: schau nicht so
Ach Kind, ich hab nur diesen Blick,
doch den will ich dir schenken.
Ich werfe diesen Blick zurück
auf dich und mich und unser Glück,
mußt deinen Blick nicht senken.
Du gehst ja nun ein bißchen fort,
ich kann den Blick entbehren.
Die Zukunft ist ein dunkler Ort,
zum letzten Blick ein letztes Wort:
Da, nimm. Halt ihn in Ehren.
Bitte um Trennung
Ich muß dir weh tun, bitte hilf mir, ich
Muß dir jetzt sagen, bitte, sag du selbst,
Was du längst weißt, daß ich es sagen muß:
Es läuft nichts mehr.
Ich, bitte hilf mir, tu mir doch nicht weh
Und sag doch selbst, was ich jetzt sagen muß,
Daß nichts mehr läuft, was du doch wissen mußt:
Weil's nicht mehr läuft.
Siegfried
Zigmal den Verlust geübt,
manches Wässerchen getrübt.
Jede Trennung ernst gemeint,
schon mal auf Verdacht geweint.
Mich in Drachenblut gestählt
und dann trotzdem rumgequält,
als ich an der Quelle stand
und dein Pfeil die Stelle fand.
Das mir
Da mir die Liebste fortging,
war ich froh.
Ich trank und war
guter Dinge.
Ich lachte mit Freunden, und so
lief die Zeit ab.
Die, die mir blieb
fürs Erinnern.
Die, die ich hatte
zum Trauern.
Bis eine solche Gelegenheit wiederkommt,
das kann dauern.
Überraschung
Nach Jahr und Tag
dann wieder ein Brief
Die Handschrift schräg
und die Marke schief
und du wagst ihn gar nicht zu öffnen
Du drehst ihn um
Kein Absender drauf
So lange her
doch da ist er schon auf
Und du wolltest ihn gar nicht lesen
Dann liest du ihn doch
und denkst schon entspannt
Es wird ja weder Roß
noch Reiter genannt
Und die beiden kennst du persönlich
Da erwischt sie dich wieder
kalt diese Schrift
Sie teilt dir nichts mit
doch sie ist immer noch Gift
Und du schaffst es gerade zum Waschbecken.
Lang her
Vor Jahren schrieb ich ein Gedicht,
das versteh ich heute nicht:
Deiner Schritte auf der Treppe,
Schöne, Hämmern treibt den Nagel
mir in Herz und Eingeweide,
draus mein Hammer mächtig auffährt,
dich zu nageln, Schöne, die du
lächelnd eintrittst. Sorglos, da du
weißt, wie ganz und gar zuschanden
das Genagel meines Hammers
da wird, wo wir immer enden:
In der Zange deiner Lenden.
Wer kann, der will
Will keine Verlierer mehr sehn
Gehöre zu den Gewinnern
Wann ich selber zuletzt verlor?
Kann mich nicht erinnern:
Das begann in diesem Lokal
Wo ich so tierisch gut drauf war
Mann, hatten wir vier einen Spaß
Solange der Laden da auf war
Danach hätte ich heimgehen sollen
Statt dessen ging ich noch mit
Irgendwo haben wir Paul verloren
Da waren wir nur noch zu dritt
Axel, Beate und ich
Wir drei also rauf zu Beate
Was wir zwei von der einen wollten
Lass ich mal aus. Man rate
Er hat dann den Kürzeren gezogen
Mit dieser ganz linken Nummer
Versteht: Wenn einer klüger ist
Ist zwangsläufig einer dummer
Der Dumme war übrigens er
Das macht: Ich war einfach klüger
Es heißt doch: Der Klügere gibt nach
Und im Nachgeben blieb ich Sieger
Das ist nun schon elend lang her
Eine Woche? Zwei Wochen?
Ist egal, Karl. Mir steckt dieser Sieg
Auf jeden Fall noch in den
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