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Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006

Titel: Gesammelte Gedichte: 1954 - 2006 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gernhardt
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Schwimmers. Also
    Mischt sich der Tiefsinn dem Flachsinn, und jene,
    Welche da glauben, sie würden noch flachsen,
    Wissen sie denn, ob sie längst nicht schon tiefsen?
    XI
    Wenn aber beide, der Ernste, der Spaßer
    Nichts weiter wären als Seiten nur einer
    Medaille? Jener, der Ernst, und jener, der
    Spaß macht, machen nicht beide? Doch
    Träge erwartet, daß man ihr mache
    Das Bett, die Menge. Nur keinen Handgriff!
    Laßt die nur machen! Uns doch egal
    Obs Bett kratzt oder kitzelt!
    XII
    Wie aber wenn und es schalössen aus sich
    Schapaß und das Ernste? Schaweres und Leichtes?
    So, wie sich ausschaließt Feuer und Wasser,
    Mensch und Schaweinsein, Gott und Schalange?
    Es schawebt das Schawert über den Häuptern,
    Es kommt zum Schawur für Schawache und Starke:
    Was also wollt ihr? Den Leichtsinn? Schawermut?
    Tarefft eure Wahl! Der Rest ist Schaweigen.

Die Florian-Freyer-Gedichte
    1991
    Ich bin ein Mann – hilf mir
ein Mensch zu werden
    Elf Gedichte einer Liebe
von Florian Freyer
    Rechenarten
    Als ich noch
    zurechnungsfähig war,
    war ich
    berechnend.
    Du kamst und
    schenktest.
    Ich rechnete dir das
    hoch an.
    Du bliebst und
    gabst.
    Ich begann, damit
    zu rechnen.
    Als du dir
    dein Recht nahmst,
    da rechnete
    ich auf.
    Du gingst,
    ohne abzurechnen. Seither
    bin ich nicht mehr
    zu Rechnungen fähig:
    Ich bin ein Mann,
    hilf mir, ein Mensch zu werden.
    ALS ICH DICH
    traf,
    fühlte ich mich
    nicht
    getroffen.
    Seit du weg
    bist,
    betrifft
    mich das.
    LIEBEN HEISST
    das
    Rechnen verlernen:
    Eins plus Eins gleich Eins
    Eins minus Eins gleich Zwei
    Eins mal Eins gleich Unendlich
    Eins durch Eins gleich Glücklich.
    So viel zu tun:
    In den Museen warten Bilder auf mich
    In den Bibliotheken warten Bücher auf mich
    In den Kinos warten Filme auf mich
    In den Cafés warten Menschen auf mich:
    Ich hätte so viel zu tun.
    In meinem Zimmer warte
    ich auf dich.
    Ich Du Wir
    I rrsinn
    C haos
    H altlosigkeit
    D auer
    U marmung
    W ärme
    I ntensität
    R uhe.
    Ampel
    Als mich das
    Lächeln
    deiner roten Lippen
    das erste Mal
    traf,
    habe ich nicht
    richtig geschaltet.
    Heute erst weiß ich,
    daß sie mir
    grünes Licht
    gaben.
    ICH SCHAUE DIR ZU,
    wie du Tee
    bereitest.
    Wie du die Kanne mit
    kochendem Wasser
    anwärmst.
    Wie du es
    ausschüttest
    und den Tee
    hineintust.
    Wie du ihm Zeit läßt,
    sich zu entfalten,
    bevor du
    zum Wasser greifst.
    Und ich fühle,
    wie ich mich selber
    entfalten könnte,
    durch deine Gegenwart,
    durch deine Sorgfalt,
    durch deine Wärme,
    Wenn ich mir nur die Zeit nähme.
    Und wenn du mir die Zeit gibst.
    ICH GEBE DIR
    einen Schlüssel
    für mein
    Zimmer.
    Ich weiß,
    daß du ihn
    nie
    benutzen müssen wirst,
    weil ich
    immer
    da sein werde,
    wenn du kommst.
    Aber ich fühle, daß
    mein Zimmer
    seither
    unser Zimmer
    ist.
    DAS ELEKTRIZITÄTSWERK
    wird Augen machen,
    wenn es versucht,
    mir für den letzten
    Monat
    die Rechnung
    zu präsentieren:
    Nie ferngesehen,
    in deinen Augen sah ich mehr.
    Nie Radio gehört,
    deine Augen waren beredter.
    Nie Licht gebraucht,
    deine Augen strahlten so sehr.
    Katze in Pflege
    Ich rief
    deine Katze
    Sie kam nicht.
    Ich befahl
    deiner Katze
    Sie gehorchte nicht.
    Ich schrie
    deine Katze an
    Sie wandte sich ab.
    Ich lockte
    deine Katze
    Sie blieb weg.
    Erst als ich schwieg
    vermochte ich zu hören:
    Das Locken deiner Katze
    Das Rufen deiner Katze
    Das Fordern deiner Katze
    Das Schnurren deiner Katze -
    Nun habe ich dir
    so viel
    zu erzählen.
    Am Morgen in deiner Strasse
    Dein Bäcker
    lächelt mich an.
    Deine Gemüsefrau
    lacht mir zu.
    Dein Zeitungsmann
    winkt strahlend.
    Deine Blumenfrau
    wünscht mir einen guten Tag.
    Wie mürrisch dein Postbote!
    Hatte er heute keinen Brief für dich?

Das Stadtschreibergedicht
    1992
    Die Ballade vom
Berger Fratzenstein
und seinen fatalen Folgen
    1479
    Vor Zeiten stak ein Fratzenstein
    in Bergens Unterpforte.
    Und nahte sich ein Fremdling, dann
    las er die folgenden Worte:
    »Far, du Gauch.«
    Im Mittelalter sprach man so,
    so frei, so derb, so trocken:
    »Du hast uns grade noch gefehlt.
    Mann, mach dich auf die Socken -
    Verschwinde, du Gaukler!«
    Ein Spielmann kam von Frankfurt her,
    der war da zur Messe gewesen.
    Barsch hat ihn Bergens Pförtner gefragt:
    »Du Penner, kannst du nicht lesen?
    Far, du Gauch!«
    »Mein Herr, ich bin hungrig, mein Herr, ich bin müd,
    mein Herr, laßt mich ein in Bergen!«
    »Ich zähle bis drei, und dann bist du fort,
    sonst rufe ich meine Schergen -
    verschwinde, du Gaukler!«
    »Und

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