Gesammelte Wanderabenteuer
der Wanderweg auch gut geführt ist. Gute Führung bei einem Wanderweg hat nichts mit wohlfeilem Verhalten im Gefängnis zu tun. „Gute Führung“ ist Wanderdeutsch. Und für einen gut geführten Weg gibt es einige Kriterien. Oft verläuft der im Wanderführer hochgelobte Weg kilometerlang so:
Höchststrafe! Nicht gehen! Ein Wanderweg entlang einer Bundesstraße ist kein Wanderweg, sondern ein Selbstmordprogramm. Auch Landstraßen sind zu meiden. Bei Kreisstraßen kann man anfangen zu diskutieren. Aber auch auf selten befahrenen Straßen stundenlang über Asphalt zu gehen ist nicht erfreulich. Mangelhaft bis ungenügend.
Das Gleiche gilt für solche Strecken:
|58| Auf den ersten Blick kann es auf der Wanderkarte toll aussehen, wie ein solcher Weg sich durch Feld und Wald zieht. Es handelt sich aber um einen asphaltierten Wirtschaftsweg. Unromantisch. Gerade noch ausreichend.
Der gute Wanderweg sollte mindestens über Wege geführt werden, die so
oder so
oder auch so
auf der Wanderkarte verzeichnet sind. Das sind alles nicht asphaltierte, breitere Forst- und Wirtschaftswege. Teilweise sind sie aber immer noch drei bis vier Meter breit. Gut bis befriedigend.
Die sehr guten Wanderwege sind so markiert:
|59| Es handelt sich um schmale Pfade, um ausschließliche Fußwege, die auch nur die Fortbewegungsart »Gehen« zulassen. Das sind die eigentlichen Wanderwege.
Wenn dann im Idealfall alles bedacht ist, der Weg fixiert, die Bahnverbindung herausgesucht, der Tisch im Restaurant reserviert und das Hotelbett gebucht ist, ist er fertig, der Plan. Und dann kann die Wanderung beginnen. Und dann kommt sowieso alles ganz anders.
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Rothaarsteig
|61| Der Weg der Sinne
Neues Wandern auf dem Rothaarsteig
März 2004
Ich fuhr in den Tunnel. Minutenlanges Dunkel. Ich bekam Beklemmungen und hatte Angst. Es war der längste Tunnel von Nordrhein-Westfalen: der Gotthard von NRW! Der Rudersdorfer Tunnel führt unter dem Rothaargebirge hindurch; 2652 Meter lang. Immer, bevor der Zug in einen Eisenbahntunnel fährt, schaue ich, wie lang der Tunnel ist. Bei jedem deutschen Eisenbahntunnel steht die Länge an der rechten Seite der Einfahrt, daneben der Name.
Lange Tunneldurchfahrten erinnern mich ich an die famose Erzählung »Der Tunnel« von Friedrich Dürrenmatt, wo der Zug in einen nicht enden wollenden Tunnel rast. Es stellt sich dann heraus, dass der Tunnel mit einer führerlosen Lokomotive in immer steilerem Winkel in den Berg hineinfährt: Der Tunnel wird tatsächlich nie mehr ein Ende haben.
Nach endlosen Minuten tauchte meine Regionalbahn wieder ans Licht, nun waren es nur noch wenige Kilometer bis zu meinem Startpunkt: Dillbrecht im Rothaargebirge. Das Rothaargebirge zieht sich an der Ostseite des größten deutschen Bundeslandes entlang und ist das |62| Gebirge der Superlative, ein Rausch der Rekorde: Der längste Tunnel von NRW und obendrauf der höchste Berg von NRW: der Langenberg (843m), der den ungleich bekannteren Kahlen Asten (841m) knapp schlägt.
Laut Definition ist ein Mittelgebirge ein Mittelgebirge, wenn die Berge um die 1000 Meter hoch sind und der höchste Berg keinesfalls 2000 Meter überschreitet. Sind daher die Eifel, der Hunsrück oder der Teutoburger Wald gar keine Mittelgebirge, da sie eher zwischen 300 und 500 Meter hohe Höhenzüge aufweisen? Aber den Begriff Niedriggebirge gibt es auch nicht. Deshalb ist es ganz interessant, sich einmal die Hitliste der jeweils höchsten Mittelgebirgsberge anzuschauen.
1. Feldberg (1493m) im Schwarzwald
2. Großer Arber (1456m) im Bayrischen Wald
3. Brocken (1142m) im Harz
4. Schneeberg (1051m) im Fichtelgebirge
5. Schwarzkoppe (1042m) im Oberpfälzer Wald
6. Großer Beerberg (987m) im Thüringer Wald
7. Wasserkuppe (950m) in der Rhön
8. Großer Feldberg (880m) im Taunus (Wieso heißt dieser Berg eigentlich »Großer Feldberg«, ist aber über 600 Meter niedriger als der Schwarzwälder Feldberg?)
9. Langenberg (843m) im Rothaargebirge
10. Erbeskopf (816m) im Hunsrück
11. Hohe Acht (747m) in der Eifel
Dillbrecht liegt an der Dill im Lahn-Dill-Kreis (Autokennzeichen LDK), nicht weit von Siegen an der Sieg entfernt, ist aber schon in Hessen. Vom Ort selbst habe |63| ich eigentlich gar nichts mitgekriegt, da sich der Bahnhof, wie so häufig, weit vor, hinter oder neben dem Ort befindet. Vom Bahnhof aus führt ein Zugangsweg direkt zum Rothaarsteig, und daher stand ich keine fünf Minuten später mitten im Wald. Auf
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