Gesammelte Wanderabenteuer
Tisch ist oder schnell noch die Kühe melken muss. Denn oft wird in ländlichen Gegenden das Taxifahren als Nebenerwerbsquelle betrieben. Man sollte auch immer nachfragen, woher der Taxifahrer kommt und wie hoch die Anfahrtskosten sind. Ich habe schon erlebt, dass auf der Taxiuhr schon 15 Euro standen, ohne dass man einen einzigen Kilometer zurückgelegt hatte. In einem solchen Fall lässt der gute Mann das Taxometer von dem Augenblick an laufen, in dem er losfährt – »Anfahrtskosten, Sportsfreund!«. Da helfen keine Proteste, es fehlt schlicht die Alternative. Aber meiner Meinung nach ist das ein klarer Fall fürs Kartellamt, da hier arme Wanderer von ländlichen Taxifahrern mit Monopolstellung ausgebeutet werden.
Der Wittlicher Taxifahrer führte nichts Böses im Schilde und fuhr uns zum Wittlicher Hauptbahnhof, der an der Bahnstrecke Trier-Koblenz liegt. Wir erreichten bequem den Intercity nach Köln und genossen die Fahrt entlang Mosel und Rhein. Mein Vater ist nicht der Typ, der mir am Schluss unserer Wanderung um den Hals gefallen wäre, um mir für die beiden Wandertage mit blumigen Worten zu danken. Ich hatte aber schon das Gefühl, dass es ihm gefallen hat.
Eine Woche später erzählten mir dann meine Mutter und meine Tante Herti, dass mein Vater noch tagelang von der Wandertour geschwärmt habe. Da habe ich mich sehr gefreut.
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1. Tag
Wegstrecke:
15 Kilometer
Wanderzeit brutto:
4 Stunden, 58 Minuten
Wanderzeit netto:
4 Stunden, 5 Minuten
WDG:
3,67 km/h
2. Tag
Wegstrecke:
18 Kilometer
Wanderzeit brutto:
6 Stunden, 9 Minuten
Wanderzeit netto:
5 Stunden, 4 Minuten
WDG:
3,55 km/h
Autokennzeichen:
Von DAU (Kreis Daun) nach WIL (Kreis Wittlich)
Wanderkarten:
Daun, Rund um die Kraterseen.Wanderkarte Nr. 20 des Eifelvereins, 1:25.000, Vulkaneifel um Manderscheid. Wanderkarte Nr. 20a des Eifelvereins, 1:25.000
Das Bier der Region:
Bitburger Pils
Höchster Punkt der Wanderung:
450 m (Gemündener Maar)
Niedrigster Punkt der Wanderung:
199 m (Alte Pleiner Mühle)
|49| Der Plan
Es gibt spontane Menschen und Planer. Ich bin Planer. Ich würde niemals einen Supermarkt ohne Einkaufszettel betreten. Ich muss mir zu Hause genau überlegt haben, was es einzukaufen gilt. Auch ein Feier- oder Ferientag ohne genaue Planung ist mir ein Gräuel. Ein »Ist das herrlich, mal einfach in den Tag hineinzuleben« würde mir nie über die Lippen kommen.
Und genauso plane ich meine Wanderungen weitgehend minutiös. Ich setze mich mit meinen Arbeitsmaterialien, Wanderführer, Wanderkarten, Kilometerrädchen und Kursbuch, an den großen Esstisch und starte generalstabsmäßig die Vorbereitung. Diese Planungen, die sich über mehrere Abende hinziehen können, sind mir keine lästige Pflicht. Nein, der Wanderplan ist für mich ein eigenständiges sinnliches Unterfangen, fast so schön wie die eigentliche Wanderung. Ich halte es mit Hugo von Hofmannsthal, der schrieb: »Ich habe gehört, dass in den Gefangenenhäusern keines von den erlaubten Büchern so sehnlich verlangt wird als eine Wanderkarte. Seine Finger auf einer Landkarte wandern zu lassen, das ist der spannendste Abenteuerroman.«
Dabei erstelle ich keineswegs einen Fünfjahresplan, der dann abgearbeitet und abgewandert werden muss. Es gibt einen Fundus von Wandertouren, die ich noch einmal oder zum ersten Mal wandern möchte. Aber die Entscheidung, welche Tour als Nächstes dran ist, erfolgt meist kurzfristig.
|50| Der erste Schritt besteht in einer guten Recherche. Wenn ich eine ungefähre Idee habe, wohin es gehen soll, besorge ich mir die Wanderführer und -karten der Gegend. Aus einer Mischung von Wanderwegbeschreibung und Ansicht der Karte entsteht ein erster Entwurf der Route.
Ob man einen Wanderführer braucht, kommt darauf an, wo man wandern möchte. Im weit verzweigten Wandergebiet der Sächsischen Schweiz ist ein Führer sinnvoll. Er nimmt einem die Arbeit ab, bestimmte Touren auszutüfteln. Dort gibt es nämlich keine ausgeprägten Weitwanderwege, wie etwa der Rothaarsteig mit einer Länge von 154 Kilometern oder der Hermannsweg, der insgesamt 165 Kilometer umfasst. Für diese Wege brauche ich keinen Wanderführer, um mir ein schönes Teilstück auszusuchen. Für das Elbsandsteingebirge empfiehlt es sich dagegen, einen der zahlreichen Wanderführer zu Rate zu ziehen. Man muss sich dann nur noch entscheiden, welcher Stil einem am besten gefällt. Ob das unpersönliche »man« der Reihe »dumont aktiv« – »Nach links über einen Bohlenweg und über
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