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Gesammelte Wanderabenteuer

Titel: Gesammelte Wanderabenteuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Andrack
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Wanderschuhen hin und her rutschte. In der frühmorgendlichen Hektik musste ich sie vergessen haben und hatte die Wanderschuhe einfach über meine herkömmlichen, schwarzen Herrenkniestrümpfe gezogen. (Diese hervorragende Herrensocke habe ich in einer edlen Zehner-Packung von dem Chef einer bekannten deutschen Sockenfirma, der zufällig auch Falke heißt, geschenkt bekommen. Den Mann |67| dauerte es, dass ich einst in der Harald Schmidt Show mit löchrigen Socken zu sehen war, und er beschenkte mich so reichlich, dass ich heute noch davon zehre.)
    |66|
    Schweiz – ordentliche Markierung
    Eifel – leicht unübersichtliche Markierung
    |67| Ich fing an mich zu hassen, weil ich mit jedem Schritt einer Blase näher kam. Nach vielleicht höchstens vier Kilometern spürte ich, wie es unter dem linken großen Zeh so weit war. Und Blasen sind wirklich die Hölle. Manche sind sogar lebensgefährlich, doch dazu später.
     
    Dass die Macher des Rothaarsteigs an alles gedacht hatten, entdeckte ich schon nach wenigen Kilometern in Form der ersten ergonomisch geformten Bank. Sie sah sehr einladend aus. Das ist nicht selbstverständlich, denn es gibt viele Sorten von Wanderbänken:
     
    Typ 1: Die verlotterte Bank
    Dies ist eine Bank, auf die man sich beim besten Willen nicht mehr setzen kann. Der Nässeschutz ist lange Zeit schon abgenutzt, sodass der Regen ins Holz dringen konnte. Auf dieser modrigen und fasrigen dunkelbraunen Holzmasse bekommt man auch bei herrlichstem Sonnenschein einen nassen und dreckigen Hintern. Mit ein bisschen Pech fängt man sich auch noch einen Holzspan. Meistens fehlen aber bei diesen Uraltbänken sowieso einzelne Latten der Sitz- oder Anlehnfläche. Diese Bänke sind die Ruinen vergangener Wanderzeiten.
    Verlotterte Bank
    |68| Typ 2: Die Steinbank
    Der ortsansässige Steinmetz hatte wohl genug davon, ständig nur an Grabsteinen herumzumeißeln . Endlich konnte er sich auch einmal in der freien Natur beweisen und allen zeigen, dass ein kleiner Rodin in ihm steckt.
    Steinbank
    Typ 3: Die Luxus-Wanderbank
    Sie sind kreisförmig angeordnet und überdacht und werden auch Wanderhütte genannt. Oft riecht es etwas feucht, und es ist so dunkel, dass nicht genau zu erkennen ist, auf was man sich da gerade setzt.
     
    Typ 4: Die spießige Wanderbank
    Sie ist top in Schuss. Sie besteht entweder aus grünen Kunststofflatten oder aus gepflegten, holzschutzbehandelten Balken. Was macht eine Wanderbank zur spießigen Wanderbank? Ein winziges Detail, das niemals fehlt: Ein kleines, an der Rückenlehne angebrachtes Metallschildchen, das den oder die Stifter der Wanderbank nennt. Es gibt in den deutschen Mittelgebirgen unzählige Vereine oder Institutionen, die Wanderbänke sponsern. Das geht von der Kreissparkasse über das ortsansässige Beerdigungsinstitut bis zu Kegelvereinen, die sich als Mäzene ins Schildchen eingravieren lassen.
     
    |69| Typ 5: Die teilamputierte Wanderbank
    Sie sieht man vor allem im Winter. Bei diesen Exemplaren stehen nur noch zwei Betonfüße, die im Boden verankert sind. Es gibt keine Sitz- und Lehnfläche mehr. Dies ist also keine Bank im engeren Sinne. Sie wird erst im Frühling zur Sitzmöglichkeit, wenn aus der Bankraupe ein wunderschöner Bankschmetterling wird. Dann kommt der Bankwart und schraubt die fehlenden Sitz- und Lehnteile wieder auf die Betonfüße. Der verborgene Sinn hinter dieser Übung: Dass die witterungsanfälligen Holzteile im Winter nicht vergammeln.
    Teilamputierte Bank
    Typ 6: Die rustikale Wanderbank
    Sie findet man oft an Grillplätzen. Die Sitzfläche ist ein halbierter Baumstamm. Auch die Rückenlehne ist aus massivem Holz gearbeitet und befindet sich auf der Gemütlichkeitsskala bei »super-urig«.
    Rustikale Bank
    Man könnte jetzt einwenden, wozu braucht man mit zwei gesunden Beinen bitte schön eine Bank? Man will doch wandern und nicht rumsitzen. Und ich bin sowieso ein Freund des Power-Wanderns, der im Gehen isst und |70| trinkt. Aber gerade zum Ende einer Wanderung habe ich schon häufig geflucht, wenn zehn Kilometer lang keine Bank kam, um die schmerzenden Glieder zu strecken.
    Und hier nun die Wanderbanksensation im Rothaargebirge: eine Bank mit ergonomisch geformter Rückenlehne. Es gibt keine Zweiteilung mehr zwischen Sitzfläche und Rückenlehne, sondern eine geschwungene Fläche aus hellem Naturholz. Die Bänke sind trocken und ohne Metallschildchen. Zwei Kilometer weiter wurde es allerdings noch besser. Da stand plötzlich eine Wanderliege.

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