Gesammelte Werke 1
traf hier eine information vom kommandanten der basis saraksch 2 ein. zitat: ausfall von huron (abalkin, chiffrierer im stab der flottengruppe z des inselimperiums). am 28. 05. flog tristan (loffenfeld, arzt der basis im außendienst) zur reihenuntersuchung hurons. heute am 29. 05. - 17:13 erschien mit tristans flugboot huron in der basis. nach seinen worten wurde tristan unter unbekannten umständen von der spionageabwehr des stabes z gefasst und getötet. beim versuch, tristans körper zu retten und zur basis zu bringen, enttarnte sich huron. tristans körper konnte er nicht retten. beim gewaltsamen durchbruch wurde huron nicht verletzt, befindet sich jedoch am rande eines psychischen zusammenbruchs. auf seine nachdrückliche bitte hin wird er mit linientransfer 611 zur erde geschickt. ende des zitats.
auskunft: 611 kam am 30. 05. - 22:32 auf der erde an. abalkin hat keine verbindung mit der komkon aufgenommen, auf der erde ist er bis heute 12:53 nicht registriert, auf den zwischenstationen der linie 611 (pandora, kurort) ist er bis zum selben zeitpunkt ebenfalls nicht registriert. turm.
Die Progressoren … Also, ehrlich gesagt: Ich mag Progressoren nicht - obwohl ich ja selbst einer der ersten gewesen bin. Und das zu einer Zeit, als der Begriff noch ausschließlich in theoretischen Abhandlungen verwendet wurde. Meine Einstellung den Progressoren gegenüber ist aber nichts Ungewöhnliches, denn die überwiegende Mehrheit der Erdbewohner kann nicht verstehen, dass es in manchen Situationen keine Kompromisse geben kann: er oder ich - und keine Zeit herauszufinden, wer im Recht ist. Für einen normalen Erdenmenschen klingt das barbarisch, und ich kann ihn verstehen.
Ich war ja selbst ein solcher, bevor ich auf den Saraksch geriet. Ich erinnere mich noch genau an dieses Weltbild, dem zufolge jedes vernunftbegabte Wesen a priori als dem Menschen ethisch gleichwertig angesehen wird. Dadurch ist die Fragestellung, ob das Wesen besser oder schlechter ist als man selbst, von vorneherein obsolet, selbst wenn seine Ethik und Moral sich von der unseren unterscheidet …
Eine theoretische Vorbereitung oder auch die Konditionierung am Modell sind hier nicht ausreichend - man muss die Schattenzone der Moral selbst durchschreiten und die Dinge mit eigenen Augen sehen, sich gehörig die Finger verbrennen und eine Menge abscheulicher Erinnerungen ansammeln, bis man es endlich begreift. Das heißt, nicht nur begreift, sondern bis man den eigentlich sehr trivialen Gedanken in seinem Weltbild verankert, dass es im Universum auch intelligente Wesen gibt, die wesentlich und weitaus schlechter sind als man selbst - wer immer man auch sein mag. Und erst dann wird man in der Lage sein, Freund und Feind zu unterscheiden und in kritischen Situationen augenblicklich Entscheidungen zu treffen. Man wird den Mut haben, sofort zu handeln und erst später darüber nachzudenken.
Und das ist, meiner Meinung nach, was einen Progressor ausmacht: Es ist die Fähigkeit, entschlossen zwischen Freund und Feind zu unterscheiden. Weil er das kann, begegnet man ihm auf der Erde mit ängstlicher Bewunderung, mit bewundernder Angst, und auf Schritt und Tritt mit abfälligem Argwohn. Das kann man nicht ändern; man muss es hinnehmen - wir ebenso gut wie sie. Denn entweder gibt es Progressoren, oder die Erde muss aufhören, in außerirdischen Angelegenheiten mitzumischen. Aber zum Glück haben wir in der KomKon 2 recht selten mit Progressoren zu tun.
Aufmerksam las ich den Funkspruch ein zweites Mal durch. Seltsam. Seine Exzellenz interessierte sich also hauptsächlich für diesen Tristan alias Loffenfeld. Und um etwas über ihn in
Erfahrung zu bringen, war er heute in aller Frühe aufgestanden und hatte sich nicht gescheut, unseren »Turm« aus dem Bett zu scheuchen, der, wie wir alle wissen, immer erst schlafen geht, wenn die Hähne krähen.
Und noch etwas Sonderbares: Man könnte meinen, Seine Exzellenz hätte im Voraus gewusst, was »Turm« antworten würde. Denn um die Suche nach Abalkin zu beschließen und die Mappe mit seinen Papieren für mich vorzubereiten, hatte er nur fünfzehn Minuten gebraucht. Es sah fast so aus, als hätte die Mappe schon vorher bei ihm bereitgelegen …
Und das Seltsamste: Abalkin war sicher der letzte Mensch gewesen, der Tristan oder zumindest seine Leiche gesehen hatte. Wenn aber Seine Exzellenz Abalkin suchen ließ, weil er ihn als Zeugen im Fall Tristan brauchte, wozu dann dieses mysteriöse Gleichnis vom Wanderer und
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