Gesammelte Werke 1
Archiven der Raumflottenbehörde stellte ich fest, dass in der Zeit auf den betreffenden Linien in beiden Richtungen insgesamt 4512 Personen befördert worden waren. Davon hatten 183 (hauptsächlich Besatzungsmitglieder) die gesamte Strecke mehrfach zurückgelegt. Über zwei Drittel dieser Gruppe tauchten nicht in den Untersuchungen von Dr. Möbius auf. Es scheint, dass sie entweder gegen das »Pinguin-Syndrom« immun waren oder es aus bestimmten Gründen nicht für nötig hielten, einen Arzt zu konsultieren. In dem Zusammenhang schien mir sehr wichtig festzustellen,
- ob sich in dieser Gruppe Personen befinden, die immun gegen das Syndrom sind;
- falls es solche Fälle von Immunität gibt: ob sich die Gründe dafür ermitteln lassen; zumindest aber die biosoziopsychologischen Parameter, nach denen sich diese Personen von den Erkrankten unterscheiden.
Mit diesen Fragen wandte ich mich direkt an Dr. Möbius. Er antwortete mir, dass ihn das Problem der Immunität nie interessiert habe, er aber intuitiv dazu neige, die Existenz solcher biosoziopsychologischer Parameter für sehr unwahrscheinlich zu halten. Auf meine Bitte hin erklärte er sich bereit, die Untersuchung des Problems einem seiner Laboratorien zu übertragen, wobei aber die Ergebnisse frühestens in zwei, drei Monaten zu erwarten seien.
Um keine Zeit zu verlieren, wandte ich mich ans Archiv des Medizinischen Zentrums der Raumflottenbehörde und versuchte, die Daten über 124 Piloten zu analysieren, die im fraglichen Zeitraum die gesamte Distanz der betreffenden Linien regelmäßig zurückgelegt hatten. Die Analyse zeigte, dass die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung am »Pinguin-Syndrom« für die Piloten etwa bei einem Drittel lag und
nicht von der Zahl der Flüge abhing, die sie in dem »Gefahrensektor« absolviert hatten. Es erscheint daher als sehr wahrscheinlich, dass a) zwei Drittel aller Menschen gegen das »Pinguin-Syndrom« immun sind und b) ein Mensch, dem diese Immunität fehlt, mit nahezu hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit an dem Syndrom erkrankt. Deshalb ist die Frage, worin sich ein immuner von einem nicht immunen Menschen unterscheidet, von besonderem Interesse.
3. Ich halte es für notwendig, an dieser Stelle eine Anmerkung zu zitieren, die Dr. Möbius in seinem Artikel »Nochmals zur Natur des Pinguin-Syndroms« veröffentlichte. Dr. Möbius schreibt:
»Eine bemerkenswerte Mitteilung erhielt ich vom Kollegen Kriwoklykow (Krimfiliale des Zweiten IRM). Nach der Veröffentlichung meines Vortrags von Riga schrieb er mir, er habe schon seit vielen Monaten Träume, die den Albträumen der am ›Pinguin-Syndrom‹ Erkrankten thematisch sehr ähnlich seien: Er fühlt sich im luftleeren Raum schweben, weitab von Planeten und Sternen, er spürt seinen Körper nicht, sieht ihn aber, wie auch zahlreiche andere kosmische Objekte, reale und phantastische. Doch im Unterschied zu den am ›Pinguin-Syndrom‹ erkrankten Menschen hat er dabei keine negativen Emotionen. Im Gegenteil, der Vorgang erscheint ihm interessant und angenehm. Ihm ist, als sei er ein selbstständiger Himmelskörper, der sich auf einer selbst gewählten Bahn bewegt: Schon die Bewegung bereitet ihm Freude, denn sie führt ihn zu einem Ziel, an dem sehr viel Interessantes auf ihn wartet. Und allein der Anblick der Sternenhaufen, die in den Tiefen des Raums funkeln, ruft in ihm größte Begeisterung hervor usw. Mir kam der Gedanke, dass es sich im Fall des Kollegen Kriwoklykow um eine Art Inversion des ›Pinguin-Syndroms‹ handeln könnte, die bzgl. der in meinem Artikel dargelegten Überlegungen von großem theoretischem Interesse wäre. Ich wurde jedoch enttäuscht: Wie sich herausstellte,
ist der Kollege Kriwoklykow nie im Leben mit einem Raumschiff vom Typ ›Gespenst 17 Pinguin‹ geflogen. Im Übrigen gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass die Inversion des ›Pinguin-Syndroms‹ als psychisches Phänomen real existiert, und wäre jedem Arzt dankbar, der mir freundlicherweise neue Daten in dieser Sache mitteilt.«
Notiz zur Person:
Kriwoklykow, Iwan Georgijewitsch, Psychiater der ärztlichen Ambulanz in der Basis »Lemboy« (EN 2105), hat im betrachteten Zeitraum in Raumschiffen verschiedener Typen mehrmals die Linie Erde-Redoute-EN 2105 beflogen. Befindet sich nach den Angaben des GGI gegenwärtig in der Basis »Lemboy«.
Im Verlauf eines persönlichen Gesprächs mit Dr. Möbius habe ich herausgefunden, dass er die »positive« Inversion des
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