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Gesammelte Werke 1

Titel: Gesammelte Werke 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strugatzki Boris
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verbrennt, wie seine Knochen immer dünner werden und abschmelzen, wie sein Hirn zu sieden und zu verdampfen beginnt. Eine ungeheuer intensive, entsetzliche Verzweiflung erfasst ihn, und er wacht auf.
    Dr. Möbius hielt diese Krankheit für ungefährlich, weil sie ohne bleibende psychische oder physische Schäden verlief und in der ambulanten Psychotherapie erfolgreich behandelt werden konnte. Das »Pinguin-Syndrom« hatte die Aufmerksamkeit Dr. Möbius’ vor allem deshalb erregt, weil das Phänomen neu und nie zuvor beschrieben worden war. Die Experten verwunderte vor allem, dass Menschen ganz unabhängig von ihrem Geschlecht, Alter oder Beruf erkrankten
und sich auch keinerlei Zusammenhang mit dem Genindex des Betreffenden erkennen ließ.
    Da sich aber Dr. Möbius sehr für die Ursachen des Phänomens interessierte, unterzog er das gesammelte Material (etwa eintausendzweihundert Fälle) einer Mehrfaktorenanalyse mit achtzehn Parametern und stellte zu seiner Befriedigung fest, dass in 78 Prozent aller Fälle das Syndrom bei Menschen auftrat, die kosmische Langstreckenflüge in Schiffen vom Typ »Gespenst 17 Pinguin« unternommen hatten. »Etwas in der Art hatte ich erwartet«, erklärte Dr. Möbius. »Das ist nicht der erste mir bekannte Fall, dass uns die Konstrukteure eine unzureichend erprobte Technik zur Verfügung stellen. Deswegen habe ich das Syndrom, das ich entdeckt habe, nach dem Schiffstyp benannt - dass es ihnen eine Lehre sein möge.«
    Aufgrund des Berichts von Dr. Möbius fasste die Konferenz in Riga den Beschluss, die Schiffe vom Typ »Gespenst 17 Pinguin« außer Dienst zu stellen, bis die Konstruktionsmängel, von denen die Phobie hervorgerufen wurde, beseitigt seien.
     
    1. Ich habe festgestellt, dass bei der sorgfältigen Überprüfung des Typs »Gespenst 17 Pinguin« keinerlei nennenswerte Konstruktionsfehler zum Vorschein kamen. Die tatsächliche Ursache für das Auftreten des »Pinguin-Syndroms« bleibt also weiterhin im Dunkeln. (In dem Bestreben, auch zukünftig jedes Risiko auszuschalten, entfernte die Raumflottenbehörde alle »Pinguine« von den Passagierlinien und rüstete sie auf Autopiloten um.) Die Fälle von Erkrankungen am »Pinguin-Syndrom« gingen rapide zurück. Soviel mir bekannt ist, wurde der letzte vor dreizehn Jahren registriert.
    Ich gab mich damit jedoch nicht zufrieden. Mich beschäftigten die 22 Prozent der Probanden, deren Verbindung zu Schiffen des Typs »Gespenst 17 Pinguin« ungeklärt war. Von
diesen 22 Prozent hatten nach den Daten von Dr. Möbius 7 Prozent nachweislich nie etwas mit den »Pinguinen« zu tun, und die restlichen 15 Prozent konnten zu dieser Frage keine zweckdienlichen Angaben machen: Sie hatten den Typ der Schiffe, mit denen sie in den Kosmos geflogen waren, entweder vergessen oder sich nicht dafür interessiert.
    Die statistische Signifikanz der Hypothese vom ursächlichen Zusammenhang der »Pinguine« beim Auftreten der Phobie steht völlig außer Zweifel. Dennoch sind 22 Prozent ziemlich viel. Daher unterzog ich die Materialien von Möbius einer weiteren Mehrfaktorenanalyse mit zwanzig zusätzlichen Parametern. Die Parameter musste ich, offen gestanden, ziemlich zufällig auswählen, weil ich nicht über die geringste Hypothese verfügte. Die Parameter lauteten zum Beispiel: Startdaten (Angabe des Monats), Geburtsort (Angabe der Region), Hobby (Angabe der Kategorie) usw.
    Die Sache erwies sich aber als ganz einfach. Nur der althergebrachte Glaube an die Isotropie des Raums hatte Dr. Möbius daran gehindert zu entdecken, was ich nun herausfand: dass das »Pinguin-Syndrom« nur Menschen befiel, die Raumflüge zur Saula, zur Redoute und zur Kassandra unternommen hatten, sprich durch den Subraumsektor des Eingangs 41/02 gereist waren.
    Das »Gespenst 17 Pinguin« war also vollkommen unschuldig - nur, dass die überwiegende Mehrheit dieser Schiffe damals von der Werft direkt zum Einsatz auf die Linien Erde- Kassandra-Zephir und Erde-Redoute-EN 2105 geschickt wurde. 80 Prozent aller Schiffe auf diesen Linien waren damals »Pinguine«. So erklären sich Dr. Möbius’ 78 Prozent. Was die übrigen 22 Prozent der Erkrankungen betrifft, so hatten 20 Prozent der betroffenen Personen diese Routen in Schiffen anderer Typen bereist. So blieben nur noch 2 Prozent übrig, die nirgendwohin geflogen waren, aber nicht mehr ins Gewicht fielen.
    2. Dr. Möbius’ Daten sind unvollständig. Unter Verwendung der von ihm gesammelten Anamnesen sowie von Daten aus den

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