Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
Vom Netzwerk:
Zwillingsproblem der interalliierten Schulden und der deutschen Reparationen erwies sich bereits 1931 als so drückend, daß der Präsident sich schließlich, um die amerikanischen Kredite in Deutschland zu schützen, zu einer Kehrtwende veranlaßt sah: dem an anderer Stelle noch näher zu erörternden «Hoover-Moratorium» vom 20. Juni, dem Vorschlag einer einjährigen Unterbrechung der Zahlung von staatlichen Zwangsschulden.
    Vom Mittel des Vetos machte Hoover bei anderen Gelegenheiten durchaus Gebrauch. Im März 1931 verhinderte er ein von dem demokratischen Senator Robert F. Wagner aus New York eingebrachtes öffentliches Arbeitsbeschaffungsprogramm im Umfang von 2 Milliarden Dollar nebst einer Arbeitslosenversicherung. Ebenso erging es im Februar 1932 zwei anderen Senatoren, dem Republikaner Robert M. La Follette, jr., aus Wisconsin und dem Demokraten Edward P. Costigan aus Colorado, mit einem Gesetz, das einen Bundeszuschuß in Höhe von 375 Millionen Dollar an die Einzelstaaten für soziale Zwecke vorsah.
    Ein kategorisches Nein zu öffentlich finanzierten Arbeiten aber konnte sich Hoover seit den Wahlen vom November 1930, die den Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus und mehrere zusätzliche Senatssitze eingebracht hatten, nicht mehr leisten. Im Januar 1932 ließ er auf dem Gesetzesweg eine neue Behörde, die Reconstruction Finance Corporation (RFC), errichten, die Bundeskredite an gefährdete Banken, Eisenbahngesellschaften und andere Unternehmungen vergeben konnte und der für das Jahr 1932 1,5 Milliarden Dollar für öffentliche Arbeiten zur Verfügung standen. Gefördert sehen wollte Hoover nur solche Arbeiten, die sich schließlich selbst zu finanzieren versprachen – Zollbrücken und öffentlicher Wohnungsbau etwa. Die vorgesehenen Geldmittel waren aber viel zu knapp bemessen, um größere Wirkungen zu erzielen. Der Grundsatz des ausgeglichenen Haushalts blieb für Hoover ein ehernes Gesetz. Wer anderes von ihm forderte, spielte aus seiner Sicht mit der Gefahr der Inflation.
    Im Verlauf des Jahres 1932 nahmen die öffentlichen Proteste gegen die Politik der Hoover-Regierung immer schärfere Züge an. Von Iowaausgehend, organisierten sich Landwirte in der sogenannten Farmers’ Holiday Association, die zum Boykott der Märkte, also einer Art von Farmerstreik, aufrief. Kriegsveteranen verlangten, mit der vom Kongreß beschlossenen, aber erst für die Zeit nach 1945 vorgesehenen Auszahlung eines «Bonus» in Höhe von 1000 Dollar schon jetzt zu beginnen. Im Juni beteiligten sich 20.000 von ihnen, die sich in der Bonus Expeditionary Force (BEF) zusammengeschlossen hatten, an einem Marsch auf Washington, errichteten dort mehrere Zelt- und Hüttensiedlungen und kündigten an, sie würden erst abziehen, nachdem ihre Forderungen bewilligt seien. Eine Gruppe von Kommunisten gab radikalere Parolen aus, stieß damit aber bei der Führung der BEF auf Ablehnung.
    Das Repräsentantenhaus stellte sich auf die Seite der Veteranen, der Senat gegen sie. Der Präsident antwortete Ende Juli mit dem Einsatz von Distriktpolizei. Bei der Räumung besetzter Regierungsgebäude kam es am 28. Juli zu Steinwürfen von Demonstranten; einige Polizisten gaben Schüsse ab; zwei Teilnehmer des Bonusmarsches kamen bei der Schießerei ums Leben.
    Doch Hoover dachte nicht daran, einzulenken. Von Kriegsminister Hurley ließ er sich noch am gleichen Tag dazu überreden, Armee-Einheiten unter General Douglas MacArthur mit der Räumung des größten Veteranenlagers in Historic Anacostia, etwa drei Kilometer vom Kapitol entfernt, zu beauftragen. MacArthur standen sein Adjutant, Major Dwight D. Eisenhower, und neben anderen ein weiterer Offizier zur Seite, der im Zweiten Weltkrieg ebenfalls militärischen Ruhm erwerben sollte: George S. Patton. Zum militärischen Aufgebot gehörten ein Kavallerie- und zwei Infanterieregimenter, eine Maschinengewehrabteilung und sechs Panzer. MacArthur führte die Aktion am Abend des 28. Juli, über die Weisungen Hoovers weit hinausgehend, mit äußerster Härte, unter Einsatz von Tränengas und Bajonetten, durch. Die Veteranen zündeten selbst ihre Hütten an; Panik breitete sich aus, ein Kleinkind kam ums Leben; Hunderte von Teilnehmern der «Bonus Army» wurden verletzt.
    Die Ereignisse vom 28. Juli 1932 trugen viel dazu bei, Hoovers verbliebenes Ansehen zu ruinieren. In den Augen derer, die am meisten unter der Krise litten, war aus dem einstigen Organisator humanitärer Hilfsaktionen

Weitere Kostenlose Bücher