Geschichte Irlands
zurückgeführt, von denen die verheerenden Kriege und das Modernisierungsdefizit der Landwirtschaft sowie der daran geknüpfte provinzielle Handel sicher besonders ausschlaggebend waren. 100 Jahre später sollte sich dieses Bild in sein Gegenteil verkehrt haben, indem groÃe Teile des Landes inzwischen agrarisch nutzbar gemacht worden waren.
Reformation und politische Autorität
Zunächst war es für die englische Herrschaft wichtig, Irland zu befrieden und zu stabilisieren, auch in kulturpolitischer und religiöser Hinsicht. Im selben Jahr 1592, in dem Philipp II. in Salamanca eine irische katholische Universität eröffnete, wurde der Grundstein für das protestantische Trinity College in Dublin gelegt. Dank der Emigration von irischen Franziskanermönchen, von Dominikanern, Augustinern, Jesuiten, Kapuzinern und Benediktinern waren Schulen und Kollegien in Frankreich und Spanien, in Prag, Paris, Douai, Madrid, Lissabon, Antwerpen und Rom ins Leben gerufen worden; sie wurden zum Teil sogar in gälischer Sprache geführt. Doch der irische Katholizismus in Europa wurzelte in der tiefen Religiosität des Heimatlandes. Die Einführung der Reformation in Irland, für die George Browne, Erzbischof von Dublin zwischen 1536 und 1554, maÃgeblich verantwortlich war, folgte dagegen komplizierten politischen Interessen. Temporär erfolgreich war sie nur in einigen Diözesen wie Dublin und Meath sowie im Pale, ansonsten begegnete ihr passiver Widerstand in der breiten Bevölkerung bzw. eine aktive Gegenbewegung seitens der Jesuiten.
Ein groÃes Hindernis für die Protestantisierung Irlands war die Armut. Nach englischem Vorbild wurde 1537 eine Bestandsaufnahmedes Kirchenbesitzes unter dem Titel
Valor Beneficiorum Ecclesiasticorum in Hibernia
unternommen. Reformen sollten auch von der wirtschaftlichen Lage der Kirche abhängig gemacht werden, die sich jedoch angesichts der Verstaatlichung der Klöster kaum verbessern konnte. Wie das
Valor
zeigte, waren die irischen Gemeinden im Vergleich zu schottischen und englischen sehr viel ärmer, und die Pfarreien betreuten groÃflächige und zerstreute Siedlungen. Zu den praktischen Schwierigkeiten kam hinzu, dass die wenigsten Gläubigen lesekundig waren und ihnen das für die Reformation so zentrale geschriebene Bibelwort nur von einem äuÃerst kleinen schriftkundigen Klerus vermittelt werden sollte. Das Vorhaben scheiterte schon an dem Widerstand des Klerus gegen die Umverteilung der kirchlichen Benefizien.
Der Act of Uniformity von 1560, dem zufolge allen Gottesdiensten das
Book of Common Prayer
, das Gebetbuch der Anglikanischen Kirche, zugrunde gelegt werden musste und der die spirituelle Oberhoheit der Krone über Irland bestätigte, hatte lediglich rhetorische Wirkung. In der Praxis blieb der römische Katholizismus selbst unter Elisabeth I. so stark, dass ihm sogar die zeitweise Unterdrückung und die Auflösung von über 400 Klöstern keinen ernsthaften Schaden zufügen konnten. Im Gegenteil, das generelle Wiederaufblühen des religiösen Lebens, das an mittelalterliche Frömmigkeit erinnerte, schlug sich nicht zuletzt in einem immer vielfältigeren Angebot nieder, dem die Uniformität des Anglikanismus politisch nichts entgegenzusetzen hatte. Die aus Schottland eingewanderten Presbyterianer bildeten bei weitem die stärkste Gruppe unter denjenigen, die die Autorität der Staatskirche nicht anerkannten. Auch Quäker, Baptisten, Hugenotten und Methodisten gehörten dazu â sie waren im weitesten Sinne Splittergruppen, partiell durch Mischehen absorbiert, aber gesellschaftlich nicht unbedeutend. Die Hugenotten z.B. wurden wegen ihrer Kenntnisse im Weben und in der Leinenmanufaktur geschätzt. Insgesamt führten die Spannungen zwischen Religion und politischer Autorität dazu, dass auch die kirchliche Zentralverwaltung, wie sie sich in England und im kontinentalen Europa durchsetzte, in Irland auf stärkerenWiderstand stieÃ. Dazu trug bei, dass die Mehrheit der Bevölkerung nur Gälisch sprach und die englische Herrschaft, wenn überhaupt, lediglich indirekt wahrnahm, weil sie von unzähligen lokalen Kleinfürsten regiert wurde.
In diesem Zusammenhang spielten die «Altengländer» eine interessante Rolle. Offen hinterfragten sie das in weiten Teilen Europas geltende Prinzip, dass der Monarch in geistlichen wie weltlichen Fragen
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