Gesetze der Lust
nicht nur seine Erlösung gefunden, sondern auch seine Berufung. Außerdem hatte er einen jungen Halbfranzosen kennengelernt, der den Lauf seines Lebens für immer verändern sollte …
„Schiffe versenken. Das ist ein albernes Spiel, das Wes und ich immer gespielt haben, wenn wir keine Lust hatten zu arbeiten.“
„Du sprichst so selten von Wesley, Eleanor. Und doch zaubern so viele der Erinnerungen an ihn ein Lächeln auf dein Gesicht. Warum erzählst du nicht öfter von ihm?“
Warum nur? Nora schüttelte den Kopf und starrte auf das Schachbrett. Im Rückblick war sie immer noch nicht sicher, wieso sie Wesley gebeten hatte, bei ihr einzuziehen – außer, dass er angedeutet hatte, ansonsten nach Kentucky zurückziehen zu müssen, da Yorke ein verboten teures Kunstcollege war. Aber sobald Wesley eingezogen war, hatte sie sich gefragt, wie sie jemals ohne ihn hatte leben können. Vor Wesley hatte sie quasi in Kingsleys Stadthaus in Manhattan gelebt. Sie hatte so viel in der Stadt gearbeitet, dass oft mehrere Tage vergingen, bis sie wieder in ihr Haus in Connecticut zurückkehrte. Doch nachdem Wesley da war, ertappte sie sich dabei, dass sie nach jedem Job gar nicht schnell genug nach Hause kommen konnte, um sich normale Klamotten anzuziehen und es sich mit ihm zusammen auf der Couch gemütlich zu machen.
Nie würde Nora den Tag vergessen, an dem sie es leid gewesen war, in ihrem Büro zu schreiben, und ihren Laptop zurAbwechslung mit in die Küche genommen hatte. Wesley hatte sich zu ihr gesellt und sich ihr gegenüber an den Tisch gesetzt. Er hatte seinen Laptop geöffnet und mit seinen Hausaufgaben in europäischer Geschichte angefangen. Nora erinnerte sich daran, ihm verstohlene Blicke zugeworfen zu haben. Er hatte braune Augen mit kleinen goldenen Sprenkeln darin und dunkelblondes Haar, das ihm in die Stirn fiel. Er war damals erst achtzehn gewesen, aber unglaublich hinreißend, und manchmal musste sie sich förmlich auf ihre Hände setzen, um sie nicht nach ihm auszustrecken und ihn zu packen, wenn er an ihr vorbeiging. Wir sind nur Mitbewohner, nur Freunde, hatte sie sich mehr als einmal sagen müssen. Außerdem war Wesley ein guter Christ – und Jungfrau. Eine Nacht mit ihr würde ihm nicht nur seine Jungfräulichkeit rauben, sondern auch seine Unschuld. Doch an diesem Tag empfand sie nur Zuneigung für ihn. Zuneigung und Belustigung.
„Wes, ich werde es jetzt sagen“, kündigte sie an und schaute auf ihre aufgeklappten Laptops.
„Sag es nicht, Nora“, entgegnete Wesley und tippte weiter.
„Ich muss es aber sagen.“
„Sag. Es. Nicht“, befahl Wesley. Er versuchte, einschüchternd zu klingen, was ihm allerdings misslang. Sein erotischer Akzent, diese Mischung aus Kentucky und Georgia, jagte ihr zwar einen Schauer über den Rücken, war aber nicht geneigt, sie einzuschüchtern. „Wenn du es aussprichst, gehe ich.“
„Wesley …“
„Nora …“
Nora atmete tief ein, tat so, als schriebe sie etwas, und flüsterte: „Wes?“
„Was?“
„Du hast mein Schiff versenkt.“
Danach stand Wesley auf und verließ die Küche. Nora verfiel in haltloses Kichern, als Wesley seinen Mantel anzog, sich die Autoschlüssel schnappte und aus dem Haus ging. Sie lachte immer noch, als er eine halbe Stunde später zurückkehrte, unterdem Arm ein „Schiffe versenken“, das er gerade gekauft hatte. Nora klappte ihre Laptops zu, und sie bauten das Spiel auf dem Küchentisch auf. Sie schlug ihn eindeutig mit zwei zu eins.
Seit diesem Tag hatte es sich eingebürgert, dass derjenige von ihnen, der grade eine Pause brauchte, sich an den anderen heranschlich und „Treffer, versenkt“ rief. Schon hatte das Spiel begonnen …
„Eleanor?“ Sørens Stimme riss sie aus den Gedanken und zurück in die Gegenwart.
Nora berührte ihr Gesicht und streckte dann ihre Hand aus. Im Licht des Kaminfeuers schimmerten Tränen auf ihren Fingerspitzen.
„Deshalb rede ich nicht über Wes“, sagte sie. Søren zog sie in seine Arme und hielt sie fest.
Er neigte den Kopf, küsste sie, ließ eine Hand unter das Hemd gleiten, das sie anhatte – sein Hemd – und steckte zwei Finger in sie hinein. Sie wollte, dass er sie erneut liebte, aber der Augenblick war vorbei. Als wahrer Sadist wurde Søren nur durch das Zufügen von Schmerzen und Erniedrigung erregt. Also waren es stattdessen seine Finger, die sie penetrierten. Er spreizte sie tief in ihr, nahm einen dritten dazu und stieß hart gegen ihren Venushügel. Nora hob
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