Gesetze der Lust
drehte sich ihr der Magen um.
Sie war gefährlich nah dran, an ihren Bruder Adam zu denken, als das Telefon klingelte. Ein Blick auf das Display. Patrick. Natürlich .
„Irgendwelches Glück gehabt?“, fragte er, sobald sie ranging.
„Nicht wirklich. Dieser Mann ist ein Geist. Wie sieht es bei dir aus?“
Sie hörte ihn am anderen Ende der Leitung lachen.
„Was?“, wollte sie wissen.
„Ich muss jetzt zu einer Dinnerverabredung, deshalb kann ich nicht sprechen. Aber du wirst nie erraten, wer die Sacred Heart besucht. Nicht nur besucht, sondern offensichtlich keinen einzigen Gottesdienst verpasst.“
Suzanne atmete geräuschvoll aus. Sie hatte keine Zeit für Spielchen.
„Ich weiß nicht. Der Dalai Lama?“
„Besser – Nora Sutherlin.“
Suzanne riss die Augen auf. Ihr Magen schlug einen kleinen Salto.
„Du machst Witze.“
„Ich muss los. Ich ruf dich morgen an. Aber nein, ich mache keine Witze.“
Nachdem sie aufgelegt hatten, starrte Suzanne lange vor sich hin. Sie schloss den Computer und ging zu ihrem Bücherregal. Nach kurzer Zeit fand sie, was sie gesucht hatte – ein Buch namens The Red . Der Umschlag zeigte die wunderschönen blassen Hände einer Frau, die mit einem blutroten Seidenband gefesselt waren. Die Autorin? Nora Sutherlin. Es war die Geschichte einer Frau, der eine erfolglose Kunstgalerie namens The Red gehörte, und eines Mannes, der zu ihr kommt und ihr anbietet, ihre Galerie zu retten, wenn sie sich ihm dafür ein Jahr lang auf alle möglichen Arten unterwirft. Trotz oder vielleicht wegen der schmutzigsten und ausführlichsten Sexszenen, die sie je gelesen hatte, war The Red eines von Suzannes absoluten Lieblingsbüchern. Was sie allerdings nie jemandem erzählt hätte.
Ein vierzehn Jahre alter Junge, der sich im Altarraum umbringen wollte … die berüchtigtste Erotikautorin der Welt, die den Gottesdienst mit der Beharrlichkeit einer Nonne besuchte … und das geheimnisvolle Sternchen am Namen des Priesters.
„Gott im Himmel“, hauchte sie. „Was für eine Kirche ist das bloß?“
4. KAPITEL
Søren liebte Nora in dieser Nacht noch zwei Mal. Er zog sie an den Rand des Bettes und nahm sie, während sie auf dem Bauch lag und er hinter ihr stand. Danach lagen sie Seite an Seite, ihr Rücken an seiner Brust, während er sich langsam und sanft in ihr bewegte. Während er in sie hineinstieß, flüsterte er ihr zu, wie sehr er sie liebte, wie sehr er sie vermissen würde und was er mit ihr anstellen würde, sobald sie zu ihm zurückkehren würde. Als Nora zum letzten Mal kam, hatte sie Tränen in den Augen.
„Pst, meine Kleine … es ist nur für zwei Monate“, versprach er und küsste die Tränen von ihrem Gesicht.
Sie klammerte sich an ihn und weinte noch stärker. „Aber ich vermisse dich jetzt schon.“
Als die Tränen getrocknet waren, rekelte sich Nora vor dem Kamin im Wohnzimmer. Søren hatte ein kleines Feuer entzündet, damit sie sich wieder aufwärmen konnte, und sie lächelte bei dem Anblick, der sich ihr bot. Als wenn Søren sie heute Nacht nicht schon genug gefoltert hätte …
Sie schaute auf das Spielbrett vor sich, betrachtete es erst durch das linke, dann durch das rechte Auge, bevor sie einen Bauern zwei Felder vorrückte.
„Meine Kleine“, sagte Søren mit kaum verhohlenem Unmut, „das war sinnlos.“
„Nun, es war kein Schritt zurück, also betrachten wir es als Schritt nach vorne. Außerdem spiele ich nur mit dir Schach, um dich länger wach zu halten“, gab sie zu. „Ich bin in diesem Spiel grauenhaft, und das weißt du.“
„Ja, das weiß ich.“ Søren verschob seine Königin. „Schachmatt.“
„Fein. Du hast gewonnen“, lenkte Nora ein. „Du hättest allerdings keine Chance, wenn wir Schiffe versenken spielen würden. Das ist mein Spiel.“
„Schiffe versenken?“
Nora lächelte. Søren hatte eine so ungewöhnliche Kindheit gehabt, dass er mit Dingen, die für sie selbstverständlich waren – lustige Brettspiele, Zeichentrickfilme am Samstagmorgen – keinerlei Erfahrung hatte. Mit fünf Jahren war er nach England aufs Internat geschickt worden. Ein unangenehmer Zwischenfall mit einem Mitschüler hatte ihn gezwungen, im Alter von zehn Jahren wieder nach Amerika zurückzukehren. Ein noch unangenehmerer Zwischenfall zu Hause hatte damit geendet, dass er in ein Jesuiteninternat im ländlichen Maine geschickt wurde, als er gerade einmal elf gewesen war. Doch ausgerechnet dort, unter den Priestern und Mönchen, hatte Søren
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