Gesetze der Lust
dem anderen Sadistenin ihrem Leben. Er hatte ihr fünfzig Seiten zurückgeschickt und ihr nur zwei Tage Zeit für die Überarbeitung gelassen.
„Ich kann sie dir jetzt abnehmen, wenn du möchtest.“
Nora setzte sich auf und schloss die Knöpfe des Hemds, das sie trug. Søren drehte sich um und schaute sie an. Obwohl er nur seine schwarze Hose und sonst nichts trug, wusste sie in der Minute, in der sie ihm in die Augen schaute, dass ihr Liebhaber fort war und sie nun allein ihrem Priester gegenübersaß.
Nora atmete tief durch und fing dann an.
„Hab Mitleid mit mir, denn ich bin eine Sünderin.“
„Verkauft man nicht fünf Sperlinge für zwei Pfennig? Dennoch ist vor Gott nicht einer von ihnen vergessen. Aber auch die Haare auf Eurem Haupt sind alle gezählt. Fürchtet Euch nicht, Ihr seid besser als viele Sperlinge.“
Nora lächelte. Lukas Kapitel zwölf, Verse sechs und sieben – eine ihrer Lieblingsstellen aus der Bibel.
„Vergib mir, Vater, ich habe gesündigt. Seit meiner letzten Beichte sind …“
„Acht Tage“, half Søren ihr aus.
„Seit meiner letzten Beichte sind acht Tage vergangen. Mal sehen … womit fange ich an?“
„Lass es ruhig angehen, Eleanor. Wenn du etwas vergisst, werde ich dich daran erinnern.“
„Oh, vielen Dank, Father. Ihr seid zu liebenswürdig. Ich habe mich diese Woche mehrmals ernsthaft lüstern benommen.“
„Wie üblich.“
„Ich habe in einem Telefoninterview gelogen, und zwar nicht zum ersten Mal. Sie wollten meine Pläne für den Sommer wissen, und ich habe gesagt, dass ich vermutlich bei einem Auslandsaufenthalt an einem neuen Buch arbeiten werde. Mal sehen, was noch …? Ah, ich habe einen fetten Tantiemen-Scheck bekommen und keinen verdammten Cent davon an wohltätige Organisationen gespendet.“
„Wem viel gegeben wird, von dem wird auch viel verlangt“, rief Søren ihr in Erinnerung. Er wusste, wovon er sprach.
„Ich weiß.“ Nora seufzte. Sie wusste es wirklich. Sie musste nur ab und zu daran erinnert werden. „Braucht die Kirche irgendetwas?“
„Owens Eltern haben dieses Jahr finanziell gelitten. Nicht allzu schlimm, aber doch so sehr, dass sie ihn vielleicht auf die öffentliche Schule schicken müssen.“
„Oh nein, in der öffentlichen Schule wird der kleine Kerl bei lebendigem Leib verspeist. Er liebt St. Xavier.“
„Aber St. Xavier ist nicht billig.“
„Werden fünftausend reichen?“
„Ja, das ist mehr als genug.“
Nora nickte. Vor gar nicht allzu langer Zeit konnte sie fünftausend Dollar innerhalb weniger Stunden verdienen, indem sie einfach jemanden auspeitschte. Sicherlich hatte Owen genauso viel Güte verdient, wie ihre Klienten aus ihrer Grausamkeit gewonnen hatten.
„Ich werde den Scheck morgen früh auf dem Küchentisch zurücklassen. Sag ihnen nicht, dass es von mir ist.“
„Natürlich nicht. Sonst noch etwas?“
„Nun, ich hatte heute Abend ein Blood-Play-Date mit einem Priester, und danach haben wir noch ziemlich viel gefickt.“
„Das waren gute Taten.“
„Das finde ich auch.“
„Was noch, Eleanor?“
Sie hörte die Erwartung in Sørens Stimme. Er wusste, dass sie noch mehr zu gestehen hatte.
„Ich habe wegen noch etwas gelogen“, flüsterte sie schließlich. „Du darfst niemals Angst haben, mir etwas zu erzählen“, sagte Søren mit seiner Priesterstimme, die Geständnisse aus den dunkelsten Ecken ihres Herzens hervorzulocken vermochte.
„Du hast mich heute gefragt, wieso ich nicht ans Telefon gehe, wenn Wes anruft. Ich sagte, weil du mir nicht die Erlaubnis dazu gegeben hast. Das entsprach nicht der Wahrheit.“
Nora starrte zu Boden, nicht gewillt und nicht in der Lage, Søren in die Augen zu schauen.
„Was ist dann die Wahrheit?“
Zitternd zwang Nora sich, Sørens Blick zu erwidern.
„Ich denke“, fing sie an und holte tief Luft. „Es wäre nicht gut für uns, wenn ich es täte.“
Im Licht des sterbenden Kaminfeuers musterte Søren sie eindringlich. Ihr Herz schmerzte bei dem Gedanken, ihm wehzutun. Aber er wollte die Wahrheit wissen, egal, wie schmerzlich sie auch war.
„Deine Buße“, setzte er an, und sie wappnete sich innerlich.
„Ja, Father.“
„Mach diesen Sommer deinen Frieden mit Wesley, während du fort bist. Mach deinen Frieden und kehre erst zu mir zurück, wenn du das getan hast.“
Noras Magen zog sich zusammen. Was sollte das bedeuten? Dass sie wie auch immer mit Wesley abschließen musste? Oder sollte sie mit ihm reden? Sie wusste es nicht. Und
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