Gespensterjäger in der Gruselburg
Schwabbelfinger. »Geradeaus bis wo?«
Aber der Mann bekam keinen Ton heraus. Mit offenem Mund stand er da, während sein Hund ihm die Leine um die Beine wickelte.
»Büs wohooooooo?« säuselte Hugo und blies dem armen Kerl seinen Moderatem ins Gesicht. »Loooooos, sog schoooon, odör soll üch düch oin büßchön kützöln, jooohh?«
»Gegegeradeau-au-aus bibibis zur Bushaltestelle, dadann den Feldweg rein«, stieß der Dackelbesitzer hervor.
»Danke«, sagte Hedwig Kümmelsaft. Dann kurbelte sie hastig die Scheibe wieder hoch und gab Gas.
Der arme Mann stand immer noch im Regen und starrte ihnen fassungslos nach.
»Höhööööhh!« johlte Hugo und winkte ihm durchs Rückfenster zu. »Höhööööh, guckt oich döööhn on.«
»Ja, bist du denn vollkommen übergeschnappt?« fuhr Tom ihn an. »Kannst du dir deine dummen Gespensterwitze nicht mal verkneifen?«
»Nebel«, sagte Hedwig Kümmelsaft. Mit quietschenden Reifen bog sie um die nächste Ecke. »Dieses MUG hat nichts als Nebel im Hirn. Erste rechts, zweite links. Tom, siehst du irgendwo diese Bushaltestelle?«
»Undonkbor«, schimpfte Hugo. »Uhr soid würklüch un donkbor.«
»Ach, sei still, du nervst«, sagte Tom. »Ich hoffe nur, du benimmst dich auf der Burg nicht auch dauernd daneben. Da!« Er wischte mit dem Ärmel über die beschlagene Windschutzscheibe. »Da vorn ist die Bushaltestelle – und hier ist der Feldweg. Bei dem umgekippten Wegweiser.«
Holpernd fuhr Hedwig Kümmelsaft den morastigen Weg entlang. Hugo schwabbelte auf dem Rücksitz herum wie ein schimmelgrüner Wackelpudding.
»Mür würd ühüböl!« stöhnte er. »Mür würd soooo üüüüböl!«
»Geschieht dir ganz recht«, sagte Tom. Und dann sagte er: »Donnerwetter!«
Vor ihnen lag Burg Dusterstein.
Groß und grau hockte sie da, umgeben von schwarzen Wassergräben, in denen sich efeuberankte Mauern spiegelten.
»Donnerwetter!« sagte Tom noch mal.
Schlingernd brachte Frau Kümmelsaft ihr Auto vor der Zugbrücke zum Stehen.
Von den ekligen Steinfratzen, die überm Burgtor ihre Zähne bleckten, tropfte der Regen.
»Göföllt mür«, säuselte Hugo. »Doch, würklüch, söhöhör nött.«
»Nett ist nicht gerade das Wort, das mir dazu einfallen würde«, sagte Tom. Er fischte seinen Rucksack vom Rücksitz, zog sich die Kapuze über den Kopf und öffnete die Autotür. Regen peitschte ihm ins Gesicht, und der Wind zerrte an seiner Jacke. Tom legte den Kopf in den Nacken und sah hinauf zu den Burgtürmen. Wie Lanzen bohrten sich ihre eisernen bewehrten Spitzen in den Himmel.
»Sehr eindrucksvoll, nicht wahr?« Frau Kümmelsaft holte die Taschen mit der Ausrüstung aus dem Kofferraum und drückte Tom seinen Computer in die Hand. »Kommt, das übrige Gepäck holen wir später.«
Mit entschlossenen Schritten ging sie auf die Zugbrücke zu. Tom sah sich suchend nach Hugo um, aber der war nirgends zu sehen.
»Hey, Hugo«, er klopfte auf seinen Rucksack. »Komm sofort da raus. Schleim woanders rum, ja?«
»Gömoinhoit«, säuselte Hugo und schwabbelte ans Tageslicht. »Ös üst zu höll, vül zu höll!« jammerte er. »Und düsör schoißlüchö Wünd.«
Tom schüttelte nur den Kopf und folgte Hedwig Kümmelsaft über die Brücke. Die runden abgetretenen Bohlen waren glitschig vom Regen.
Tom trat an das Geländer und blickte hinunter in das schwarze Wasser des Burggrabens.
»Üch rüüüüchö Goistör!« flüsterte Hugo. »Wossörgoistör, Schlommgoistör, uuuururaltö Goistör. Buuuhuuuuu.«
Kichernd verschwand er im dunklen Torbogen in der Burgmauer.
Tom riß sich vom Anblick des dunklen Wassers los und stolperte hastig hinter Hugo her, vorbei an den Steinfratzen und den Luken, durch die man früher ungebetenen Besuchern heißes Pech auf den Kopf gegossen hatte. Als er den Burghof
überquerte, hatte er plötzlich das Gefühl, daß ihn uralte Augen beobachteten. Böse Augen, voller Haß und Gemeinheit. Aber als er sich umsah, war niemand zu sehen.
Frau Kümmelsaft stand mit Hugo schon auf der breiten Treppe, die zur Haupttür der Burg hinaufführte. Klitschnaß und frierend kam Tom bei ihnen an. Neben der Tür stand auf einem großen Schild: Burg Düsterstem, Besichtigung werktags von 10-12, sonntags von 10-16 Uhr, Führungen nur nach Anmeldung.
»Hugo«, sagte Hedwig Kümmelsaft, »solltest du dich wieder so danebenbenehmen wie vorhin, dann werde ich dich höchstpersönlich mit rohen Eiern bewerfen. Ist das klar?«
»Pfui Toiföl«, stöhnte Hugo und sackte
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