Gespräche mit Gott - Band 3
bezahlen sollte. An diesem Abend stieß ich an der Busstation auf ein junges Paar. Da saßen diese Kinder zusammengekauert auf einer Bank und deckten sich mit ihren Mänteln zu.
Ihr Anblick rührte mein Herz. Ich erinnerte mich an meine eigene Jugend, wie es war, als wir von der Hand in den Mund lebten und auch so unterwegs waren. Ich ging auf sie zu und fragte sie, ob sie zu mir nach Hause kommen, am Feuer sitzen, ein bißchen heiße Schokolade trinken und vielleicht auf meiner Couch übernachten wollten. Sie sahen mich mit großen Augen an wie Kinder am Weihnachtsabend.
Wir gingen dann zu mir nach Hause und ich kochte etwas für sie. An diesem Abend aßen wir alle so gut wie schon lange nicht mehr. Die Nahrungsmittel waren immer dagewesen.
Der Kühlschrank war voll, ich mußte nur nach hinten langen, wo ich das ganze Zeug hingeschoben hatte. Ich fabrizierte einen Eintopf aus allem, was sich im Kühlschrank fand, und er war köstlich! Ich entsinne mich, daß ich mich fragte, wo das ganze Essen herkam.
Am nächsten Morgen machte ich den beiden sogar noch Frühstück, bevor ich sie auf den Weg brachte. An der Busstation gab ich ihnen noch einen Zwanzigdollarschein, der sich in meiner Hosentasche fand. »Das wird euch vielleicht eine Hilfe sein«, sagte ich und umarmte sie zum Abschied. Den ganzen Tag über fühlte ich mich, was meine eigene Situation anging, viel besser. Was sage ich, die ganze Woche über. Und dieses Erlebnis, das ich nie vergessen habe, hat meine Ansichten und mein Verständnis vom Leben grundlegend verändert.
Von da an wurden die Dinge besser, und als ich mich heute morgen im Spiegel betrachtete, bemerkte ich etwas sehr Wichtiges. Ich bin immer noch hier.
D AS IST EINE schöne Geschichte. Und du hast recht. Genauso funktioniert es. Wenn du also etwas möchtest, dann gib es weg. Es wird dir dann nicht mehr fehlen. Du wirst sofort erfahren, daß du es hast. Von da an ist es nur noch eine Sache des Maßes. Psychologisch gesehen wirst du feststellen, daß es sehr viel leichter ist, hinzuzufügen, als etwas aus dem Nichts zu erschaffen.
Ich habe das Gefühl, hier gerade etwas sehr Tiefgründiges gehört zu haben. Kannst du das nun zum zweiten Teil meiner Frage in Beziehung setzen? Gibt es da eine Verbindung?
S CHAU, ICH MÖCHTE dir nahebringen, daß du die Antwort auf diese Frage bereits hast. Im Moment lebst du den Gedanken aus, daß du die Antwort nicht hast; daß du Weisheit besäßest, wenn du die Antwort hättest. Also wendest du dich an mich, um Weisheit zu erlangen. Doch ich sage dir, sei Weisheit, und du wirst sie haben.
Und wie kommt man am schnellsten dazu, Weisheit zu sein?
Laß einen anderen weise sein.
Möchtest du die Antwort auf diese Frage haben? Gib einem anderen die Antwort.
Also stelle ich jetzt dir die Frage. Ich tue so, als ob ich es nicht wüßte, und du gibst mir die Antwort.
Wie können eine Mutter oder ein Vater, die ihr Kind von der Straße holen, es wirklich lieben, wenn Liebe bedeutet, daß du für den anderen willst, was dieser für sich selbst will!
Ich weiß es nicht.
I CH WEISS. ABER was würdest du antworten, wenn du dächtest, du wüßtest es?
Nun, ich würde sagen, daß die Mutter oder der Vater für das Kind wirklich wollen, was dieses wollte – nämlich am Leben bleiben. Ich würde sagen, daß das Kind nicht sterben wollte, aber einfach nicht wußte, daß es im Straßenverkehr umkommen könnte. Die Eltern haben also dem Kind nicht seinen Willen genommen, sondern kamen einfach in Kontakt mit der wahren Wahl des Kindes, mit seinem tiefsten Wunsch.
D AS WÄRE EINE sehr gute Antwort.
Wenn das stimmt, dann solltest du, Gott, nichts anderes tun, als uns davon abhalten, daß wir uns Schaden zufügen, denn das kann nicht unser tiefster Wunsch sein. Und doch schädigen wir uns die ganze Zeit, und du sitzt nur herum und schaust zu.
I CH BIN IMMER mit eurem tiefsten Wunsch in Berührung und gebe ihm immer statt.
Auch wenn ihr etwas tut, das euren Tod verursacht – wenn das euer tiefster Wunsch ist, dann bekommt ihr das auch: die Erfahrung des Sterbens.
Ich behindere euch nie in eurem tiefsten Verlangen.
Willst du damit sagen, daß wir, wenn wir uns Schaden zufügen, es deshalb tun, weil es unser Wunsch war? Unser tiefstes Verlangen?
I HR KÖNNT EUCH keinen Schaden zufügen. Ihr seid nicht imstande, beschädigt zu werden. »Schaden« ist eine subjektive Reaktion, kein objektives Phänomen. Ihr könnt die Wahl treffen, als Resultat irgendeiner Begegnung
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