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Gesundheit, Herr Doktor!

Gesundheit, Herr Doktor!

Titel: Gesundheit, Herr Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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    An einem schönen Montagmorgen, Anfang Juni, schritt Sir Lancelot Spratt, Chefchirurg am St. Swithin-Hospital, durch die automatische Glastür des Bertram-Bunn-Traktes, den man bei den letzten Restaurierungsarbeiten an das gewaltige Krankenhaus angebaut hatte. Der Trakt trug den Namen Sir Bertram Bunns, jenes Chirurgen am St. Swithin, der bei der Blinddarmoperation König Edwards VII. an dessen Krönungstag im Jahre 1902 assistiert und dabei den Grundstein zu seinem Vermögen gelegt hatte; denn durch Seine Majestät war die Appendixektomie so weit standesgemäß geworden, daß seine Nachkommen sich ihrer publizitätshalber bedienen konnten. Der neue Anbau beherbergte ausschließlich Privatpatienten; viele von ihnen zahlten in hochgeschätzten ausländischen Valuten, die in den nahezu leeren Gewölben der benachbarten Bank von England ein liebliches Klingeln hervorriefen.
    Der Trakt war zehn Stockwerke hoch, ganz oben von der Penthouse-Suite gekrönt, einem funkelnden Bau aus Glas und Beton, blitzend wie der Eckzahn einer Filmschauspielerin. Obgleich am Rand der City gelegen, blickte der Bau auf einen kunstvoll angelegten Garten mit Springbrunnen, einem Seerosenteich, säuberlich gestutzten Bäumen und buntblühenden Sträuchern, die zwischen schneeweißen Kieswegen wucherten; an sonnigen Tagen glaubte man sich in den Innenhof eines graslosen orientalischen Palastes versetzt. Der durch die lange Glaswand der Vorhalle sichtbare Garten schuf eine Atmospähre, die Sir Lancelot zutiefst genoß, wenn er Meditationen nachhing. Er erinnerte ihn an die Suks von Casablanca und Fez, die er als junger Arzt auf Ferienreisen durchstreift hatte, an die Kasbah von Algier, an zahllose lärmende Basare in gewundenen, holprigen Gassen - tintenschwarze Löcher, in die man aus dem heißen blendendweißen Sonnenlicht des zeitlosen Nordafrika hineinstolperte. Während sich an diesem Morgen die Flügel der Glastür geräuschlos hinter Sir Lancelot schlossen, rief er sich mit einem heimlichen Lächeln den erregenden Klang exotischer Musikinstrumente und den würzigen Geruch neu entdeckter Speisen ins Gedächtnis zurück, und dunkle Augen, die ihn über den Schleier hinweg anstarrten, faszinierend und aufreizend in ihrer Einsamkeit.
    Die Lobby des Bertram-Bunn-Traktes erinnerte - ebenso wie die weiträumige Vorhalle des neuen St. Swithin - an jene ununterscheidbaren, austauschbaren Hotels, die man auf der ganzen Welt erbaut hat, um jenen reisenden Geschäftsleuten Unterkunft zu bieten, die am Ende gar nicht mehr wissen, auf welchem Kontinent sie gelandet, oder ob sie noch in ihrem Heimatland sind. An der Wand gegenüber dem Garten stand ein weißer Plastiktisch, hinter dem zwei Krankenträger des St. Swithin in braunen Mänteln und eine Empfangsdame in einem weißen Nylon-Overall die Wünsche und Beschwerden von Patienten und Besuchern entgegennahmen. Im Luxustrakt, wo sich die Privatpatienten befanden, waren dieselben Angestellten wie im Hauptgebäude beschäftigt.
    Am entgegengesetzten Ende der Lobby befand sich, wie im St. Swithin selbst, ein kleiner Laden für die Patienten, hier angefüllt mit Gegenständen, die Sir Lancelot oft neidvoll beäugte - sündteure Golfschlägersets, sagenhaft kostspielige Jagdgewehre, Schmuck, Stoffe, seltene und erlesene Whiskysorten.
    Eine funkelnde Rolltreppe surrte leise, Aufzüge glitten auf und nieder, gedämpfte Musik füllte unaufdringlich den gut klimatisierten Raum. Der Fußboden bestand aus buntgemustertem Mosaik; zwei Patientenfamilien hockten dort und nahmen ein verfrühtes Mittagessen zu sich, indem sie sich mit den Fingern aus einem Kessel bedienten.
    «Sir Lancelot!»
    «Ah! Guten Morgen, Oberin.» Er versuchte so zu tun, als habe er sie nicht bemerkt, aber auch nicht gehofft, ungesehen an ihr vorbeizukommen.
    «Ich muß Sie augenblicklich sprechen», zischte sie.
    Die Oberin des Bertram-Bunn-Traktes starrte ihn aufgeregt durch die geöffnete Tür ihres Stahl-Glas-Büros an. Sie war eine kleine, flotte Blondine, geschieden und noch immer Enddreißigerin; in diesem Augenblick überdies krebsrot vor Empörung. Sie trug ein einfaches dunkelblaues Kleid, an dem das große silberne Abzeichen des Hospitals steckte; einem Pastetendeckel gleich saß auf ihrem Lockenkopf ein winziges gestärktes Käppchen, von dem zwei gleichfalls gestärkte, lange blaue Musselinbänder auf den Nacken herabfielen.
    «Hat’s nicht Zeit bis zum Lunch?» schlug Sir Lancelot optimistisch vor. «Bin bereits verspätet.

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