Geteiltes Geheimnis
mein schwarzes Satinkleid gepresst, das sich vor wenigen Minuten auf me iner Haut noch so sexy angefühlt hatte und das mir jetzt billig und schamlos vorkam.
Da hörte ich eine Stimme. Eine freundliche, liebevolle Stimme. »Geht’s dir gut, Cassie?«
Am Ende des dunklen Flurs entdeckte ich Jesses Silhouette. Er kam näher und trat zu uns ins Licht.
»Oh hey!«, sagte Will. »Der Kaffee-Typ mit dem tollen linken Haken! Welcher war das, Cassie? Ist er einer vom letzten Jahr oder ein neues Modell? Habt ihr beide auf einem Kronleuchter geschaukelt? Nein, ich denke nicht. Bei euch tippe ich eher auf Fesseln und Ketten.«
»Will, hör auf !«
»Vielleicht stehst du ja auch darauf, dass er dich schlägt.«
»Will!«
»Hey, hören Sie zu, Mann«, sagte Jesse und hob beschwichtigend die Hände. »Ich wollte Ihr persönliches Gespräch nicht stören. Ich bin nur ein Freund und wollte nach ihr sehen.«
»Darauf möchte ich wetten. Cassie, willst du lieber mit deinem Fantasiefreund nach Hause gehen oder mit einem einfachen, alten Kerl wie mir?« Seine Stimme brach. »Ein Kerl, der verdammt noch mal nie erkennt, wenn man ihn wie einen Vollidioten dastehen lässt.« Er schüttelte energisch den Kopf und schob sein Haar nach vorn, als ob seine Hände den Worten helfen müssten herauszukommen.
»Will, sorry, dass du auf diese Weise davon erfahren hast. Und ich weiß, dass du das alles erst mal verarbeiten musst. Aber die Wahrheit, auf die es ankommt, lautet: Ich liebe dich. Und es tut mir leid, dass ich dir bis jetzt nichts davon erzählt habe. Doch ich hatte Angst, dass du genauso reagierst, wie du es jetzt getan hast«, sagte ich. Mir war klar, dass die Worte, die Will trösten sollten, Jesse vermutlich verletzten.
»Weißt du was? Bevor ich jetzt etwas sage, das ich hinterher bedauere oder gar nicht so meine, mach ich mich aus dem Staub. Denn das alles … das alles ist zu verrückt-unanständig . Ich bin nämlich ein ganz normaler Kerl, der Sex mit normalen Frauen mag, nichts zu Seltsames oder Abwegiges. Keine große Gruppengeschichte. Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, Cassie, aber wahrscheinlich sage ich dir besser gleich, dass ich dich ohnehin zu Tode langweilen würde. Ich würde es also vorziehen, wenn wir ab sofort nur noch auf rein beruflicher Ebene miteinander zu tun hätten, okay? Auf diese Weise ist das, was du nach Feierabend treibst, deine eigene verfickte Sache. Denn ich? Ich hatte jetzt genug Schlafzimmer-Dramen für ein ganzes verdammtes Leben. Macht euch einen schönen Abend. Von mir aus auch zusammen. Mir soll’s egal sein.«
»Will!«, rief ich, als er sich umdrehte und ging.
Jesse hielt mich sanft davon ab, hinter ihm herzulaufen. »Ist vielleicht nicht die beste Idee, jetzt mit ihm zu streiten, Cassie. Vielleicht sollte er erst mal eine Nacht darüber schlafen.«
Ich warf mich gegen die Wand, unfähig, Jesse in die Augen zu sehen.
»In ein paar Tagen sieht er es bestimmt anders, Cassie. Gib ihm einfach etwas Zeit«, sagte er.
»Was tust du überhaupt hier?«, fragte ich.
»Das Event wurde sehr kurzfristig geplant. Matilda brauchte einen Caterer. Und wie du weißt, bin ich zwar Konditor, habe aber auch andere Fähigkeiten.«
»Ich meinte nicht … natürlich bist du da. Gott sei Dank warst du da. Gerade rechtzeitig, um es Pierre zu zeigen«, sagte ich. Doch dann kam sie: die Flut der Tränen. »Es tut mir so leid, Jesse. Es tut mir so leid.«
»Hey, hey, hey. Du musst dich bei mir nicht entschuldigen, Cass. Du hast mich nie belogen«, sagte er und zog mich in eine feste Umarmung, während ich kurz und leise in seine Kochjacke hineinweinte.
Nachdem das Schluchzen verebbt war, gab er mir eine Stoffserviette, die aus seiner Tasche herauslugte. »Hier. Und jetzt schaffen wir dich verdammt noch mal fort von hier.«
Und das tat er. Behutsam führte er mich durch die Halle. Die Party war laut und in vollem Gange. Es war, als ob kein Leben ruiniert worden wäre, keine Liebe verloren, keine Geheimnisse enthüllt.
Matilda unterhielt sich gerade mit einem Journalisten. Sie sah zu mir hinüber, als ich vorbeiging. Sie entschuldigte sich und kam zu mir. »Cassie«, sagte sie und zog sanft an meinem Unterarm, um mir ihre Worte direkt ins Ohr zu flüstern: »Alles wird gut. Ich verspreche es dir.«
»Nein, das wird es nicht, Matilda. Ich rufe dich morgen an«, sagte ich mit ausdrucksloser Stimme und leerem Blick.
Sie sah Jesse an. »Pass gut auf sie auf.«
Er nickte, seine Hand an meinem
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