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Gevatter Tod

Gevatter Tod

Titel: Gevatter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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düster hinzu.
    Ysabell kletterte ihm tapfer nach, blickte über ein Kanu und sah eine junge Frau, die auf mehreren Läufern lag. Sie trug eine Gazehose, eine Weste, bei deren Herstellung der Schneider mit dem Stoff gespart hatte, und genug Armreife und Fußringe, um ein mittelgroßes Schiff zu vertäuen. An ihrem Mund zeigte sich ein grüner Fleck.
    »Hat sie Schmerzen?« fragte Ysabell leise.
    NEIN. SIE UND DIE ANDEREN LAKAIEN GLAUBEN, AUF DIESE WEISE INS PARADIES GELANGEN ZU KÖNNEN.
    »Und stimmt das?«
    VIELLEICHT. WER WEISS? Mort holte die Lebensuhr aus der Innentasche seines Umhangs und betrachtete sie im Glühen des Schwertes. Seine Lippen bewegten sich lautlos, und eine Zeitlang schien er stumm zu zählen. Dann warf er das Glas plötzlich über die Schulter, hob die andere Hand und holte mit der Klinge aus.
    Die Seele der jungen Frau stand auf und streckte sich, während ihr Phantomschmuck klirrte. Als sie Mort sah, neigte sie den Kopf.
    »Zu Diensten, Herr!«
    ICH BIN NICHT DEIN HERR. ICH BIN NUR MORT. GEH JETZT, WOHIN DU MÖCHTEST. DU KANNST DEINE BESTIMMUNG FREI WÄHLEN.
    »Ich werde eine Konkubine am himmlischen Hof des Königs Zetesphut sein, der für immer und ewig zwischen den Sternen regiert«, sagte die Seele entschlossen.
    »Niemand zwingt dich dazu«, erwiderte Ysabell scharf. Die junge Frau drehte sich um und sah sie aus großen Augen an.
    »Oh, mir bleibt gar nichts anderes übrig. Ich habe mich sehr gründlich darauf vorbereitet.« Ihre Gestalt verblaßte. »Bisher konnte ich es nur zur Magd bringen.«
    Sie verschwand. Ysabell starrte mißbilligend auf die Stelle, an der sie eben noch gestanden hatte.
    »Nun«, sagte sie, »hast du gesehen, wie sie gekleidet war?«
    ICH SCHLAGE VOR, WIR VERLASSEN DIE PYRAMIDE JETZT.
    »Aber es kann doch gar nicht stimmen, daß der König Soundso zwischen den Sternen regiert«, brummte Ysabell, während sie erneut das Zimmer durchquerten und den Tunnel erreichten. »Dort oben ist alles leer.«
    ES LÄSST SICH NUR SCHWER ERKLÄREN, entgegnete Mort. ER WOHNT TATSÄCHLICH ZWISCHEN DEN STERNEN, ZUMINDEST IN SEINER VORSTELLUNG.
    »Mit Sklaven?«
    WENN SIE SICH DAFÜR HALTEN.
    »Das ist nicht gerecht.«
    ES GIBT KEINE GERECHTIGKEIT, sagte Mort. ES GIBT NUR UNS.
    Sie eilten durch die von wartenden Ungeheuern gesäumten Korridore und liefen fast, als sie in die kühle Nacht zurückkehrten. Ysabell lehnte sich an rauhen Stein und schnappte nach Luft.
    Mort war überhaupt nicht außer Atem.
    Er atmete nicht einmal.
    ICH BRINGE DICH AN EINEN BELIEBIGEN VON DIR GEWÜNSCHTEN ORT, sagte er. ANSCHLIESSEND MUSS ICH DICH VERLASSEN.
    »Aber ich dachte, du wolltest die Prinzessin retten!«
    Mort schüttelte den Kopf.
    ICH HABE KEINE WAHL. ES GIBT KEINE WAHL.
    Ysabell stürmte auf ihn zu und hielt ihn am Arm fest, als er sich Binky zuwandte. Er strich ihre Hand sanft beiseite.
    MEINE LEHRE GEHT JETZT ZU ENDE.
    »Es ist nur deine Vorstellung!« rief Ysabell: »Du bist das, was du zu sein glaubst!«
    Sie unterbrach sich und blickte nach unten. Der Sand zu Morts Füßen begann zu brodeln und wirbelte, als werde er von plötzlichen Sturmböen erfaßt.
    Die Luft knisterte und fühlte sich schmierig an. Mort verzog das Gesicht.
    JEMAND VOLLZIEHT DEN RITUS VON ASHK…
    Es schlug wie ein himmlischer Hammer zu, der vom Firmament herabsauste und einen Krater im Boden schuf. Irgend etwas sirrte und summte, und es roch nach heißem Blech.
    Mort hob den Kopf im wehenden Sand, drehte sich wie in Trance, allein im ruhigen Zentrum des Orkans. Blitze flackerten in der dunklen Wolke. Tief im Innern versuchte er sich von dem Bann zu befreien, doch er spürte, wie sich der sonderbare Griff noch fester um ihn schloß. Er konnte ihm ebensowenig widerstehen wie eine Kompaßnadel dem Drang, mittwärts zu zeigen.
    Schließlich fand er, was er suchte; einen Torbogen aus oktarinem Licht, der in einen kurzen Tunnel führte. Am anderen Ende standen einige Gestalten und winkten.
    ICH KOMME, sagte er – und wandte den Kopf, als er ein Geräusch hörte. Siebzig Kilo weibliches Fleisch prallten ihm gegen die Brust und raubten ihm das Gleichgewicht.
    Mort fiel, und Ysabell schwang sich sofort auf ihn, hielt ihm mit grimmiger Entschlossenheit die Arme fest.
    LASS MICH GEHEN, intonierte er. MAN HAT MICH GERUFEN.
    »Nicht dich, du Idiot!«
    Das Mädchen sah in die blaustrahlenden pupillenlosen Augen. Es war, als starre man in einen hypnotischen Strudel aus hellem wogenden Licht.
    Mort krümmte den Rücken und

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