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Gevatter Tod

Gevatter Tod

Titel: Gevatter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Art von vager, fröhlicher Hilfsbereitschaft, die ernsthafte Männer schon sehr bald fürchteten – weil sie etwas Ansteckendes und Fatales darin sahen. Mort war groß, hatte rotes Haar und Sommersprossen. Sein Körper schien nur teilweise der Kontrolle des Gehirns zu unterliegen und erweckte den Eindruck, einzig und allein aus Knien zu bestehen.
    An diesem besonderen Tag stürmte Mort über die oberen Bereiche des Hanges, winkte und rief unaufhörlich.
    Sein Vater und Onkel standen an der Mauer und beobachteten den Jungen verzagt.
    »Es ist mir ein Rätsel, daß die Vögel nicht einmal fortfliegen«, sagte Vater Lezek. »Ich würde mich aus dem Staub machen, wenn eine solche Gestalt auf mich zuliefe.«
    »Oh, ein wahres Wunder. Der menschliche Körper, meine ich. Sieh dir nur seine Beine ein. Man erwartet ständig, daß sie einknicken; statt dessen ist er ziemlich flink damit.«
    Mort erreichte das Ende der Ackerfurche. Eine recht dicke Ringeltaube watschelte gleichgültig beiseite.
    »Nun, wenigstens hat er das Herz am richtigen Platz«, sagte Lezek vorsichtig.
    »Oh, was man vom Rest allerdings nicht behaupten kann.«
    »Er hält das Haus sauber«, fügte Lezek hinzu. »Und er ißt nicht viel.«
    »O ja, das sehe ich.«
    Lezek musterte seinen Bruder, der zum Himmel emporstarrte.
    »Wie ich hörte, ist auf deiner Farm eine Stelle frei, Hamesh«, stellte er fest.
    »Oh. Ich habe inzwischen einen Lehrling eingestellt. Glaube ich.«
    »Oh«, machte Lezek düster. »Wann denn?«
    »Gestern«, log sein Bruder sofort und errötete nicht einmal. »Ein Vertrag mit Unterschrift und Siegel. Tja, tut mir leid. Weißt du, ich habe nichts gegen deinen Sohn. Ein netter Junge – wenn man ihn besser kennenlernt. Es ist nur…«
    »Ich weiß, ich weiß«, brummte Lezek. »Er hat zwei linke Hände.«
    »Zwei linke Knie«, sagte Hamesh.
    Sie beobachteten die Gestalt in der Ferne. Mort war gerade gefallen, und einige Tauben wankten neugierig näher.
    »Er ist keineswegs dumm, nein, das bestimmt nicht«, fuhr Hamesh fort. »Ich meine, wirkliche Dummheit sieht anders aus. Glaube ich.«
    »Er hat ein Gehirn im Schädel«, gestand Lezek ein. »Manchmal denkt er so angestrengt nach, daß man ihm eine Ohrfeige geben muß, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Nun, Oma hat ihm das Lesen beigebracht. Ich fürchte, die Belastung war zu groß für ihn.«
    Mort stand auf, stolperte über den Saum seines Umhangs und fiel erneut.
    »Du solltest ihn ein Gewerbe erlernen lassen«, schlug Hamesh vor. »Das Priestertum. Oder vielleicht die Zauberei. Zauberer lesen viel.«
    Die beiden Brüder wechselten einen besorgten Blick und stellten sich vor, was Mort anrichten mochte, wenn er magische Bücher in die ungeschickten Hände bekam.
    »Es gibt noch andere Berufe«, fügte Hamesh hastig hinzu. »Bestimmt kann sich Mort irgendwo und irgendwie nützlich machen. Glaube ich.«
    »Sein Problem besteht darin, daß er zuviel denkt«, sagte Lezek. »Sieh ihn dir nur an. Normale Jungen überlegen nicht, wie man Vögel erschreckt. Man verscheucht sie einfach, und damit hat es sich. Aber Mort braucht für alles Erklärungen. Das bringt ihn in Schwierigkeiten. Ihn und seine Umwelt.«
    Hamesh rieb sich das Kinn und überlegte.
    »Vielleicht kann sich jemand anders um dieses Problem kümmern«, sagte er.
    Lezeks Gesichtsausdruck veränderte sich nicht, aber in seinen Augen blitzte es kurz.
    »Worauf willst du hinaus?« fragte er.
    »Nächste Woche findet in Schafrücken der Gewerbemarkt statt. Schick ihn als Lehrling dorthin. Sein neuer Herr nimmt ihn unter die Fittiche und sorgt dafür, daß er pariert, daß er sich anständig benimmt.«
    Lezek starrte über den Acker. Mort betrachtete gerade einen Stein.
    »Oh, ich möchte nicht, daß ihm irgend etwas zustößt«, erwiderte er skeptisch. »Seine Mutter und ich… Wir mögen ihn recht gern. Ich meine, man gewöhnt sich an ihn.«
    »Es wäre nur zu seinem eigenen Besten. Jemand soll einen Mann aus ihm machen.«
    »O ja«, sagte Lezek und seufzte. »Nun, Rohmaterial gibt's sicher genug.«
     
    Mort fand Interesse an dem Stein. Er enthielt kleine, verschnörkelte Schalen, die aus den Anfangstagen der Welt stammten. Niemand wußte, warum der Schöpfer damals solchen Wert darauf gelegt hatte, steinerne Wesen entstehen zu lassen.
    Mort interessierte sich für viele Dinge, zum Beispiel dafür, weshalb die menschlichen Zähne so gut zusammenpaßten. Er hatte lange über diese Frage nachgedacht. Auch darüber, aus welchen

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