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Gewagt - Gewonnen

Gewagt - Gewonnen

Titel: Gewagt - Gewonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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sinken.
    Sauber? – Das war sie. Ordentlich? – Du lieber Gott, so ordentlich, daß es schon beinahe langweilig war! Mit Büroarbeit etwas vertraut? Nun ja, Maschinenschreiben und Buchhaltung hatte sie ja gelernt. Tierfreundin?
    Astrid lächelte.
    Tierfreundin? Ja! – Sie mußte daran denken, wie einmal die ganze Familie über sie und ihre Tierliebe die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen hatte. Sie war damals fünf Jahre alt und mit ihrer Mutter bei Bekannten auf dem Lande zu Besuch gewesen. In einem unbewachten Augenblick war sie zu dem Hofhund getrippelt, einem großen, kräftigen Tier, das an der Kette lag.
    „O Gott!“ schrie die Mutter, als sie es entdeckte. „Astrid, Astrid! Komm sofort her!“
    „Großer Gott! Nero ist ja so bissig!“ schrie Tante Hedwig. Und Mutter und Tante rannten über den Hof, daß die Röcke nur so flogen. Aber als sie bei der Hundehütte anlangten, hatte Astrid ihre Arme um Neros Hals geschlungen, und er leckte ihr begeistert das Gesicht.
    Astrid konnte zu einem bösartigen Stier gehen und ihn zwischen den Hörnern kraulen. Sie konnte die scheueste Wildkatze auf den Arm nehmen und streicheln. Die Familie machte die Entdeckung, daß Astrid ein „Tiermensch“ war.
    „Wenn ihr nur die Schule nicht so schwer gefallen wäre!“ sagte Tante Hildur einmal vertraulich zu Tante Hedwig. „Sie hätte eine ideale Tierärztin werden können.“
    Aber Astrid war nun einmal nicht schulbegabt. Und sie wußte selber, daß sie versagte. Ihre Freundinnen waren so tüchtig. Eine nach der anderen machten sie gute Examina. Sie selber aber kam sich so ungeschickt und unfähig vor, und sie stand der Zukunft ganz ratlos gegenüber. Ihre Minderwertigkeitsgefühle wurden immer stärker und machten sie verschlossen und unzugänglich.
    „Astrid ist mehr praktisch begabt“, meinte die Familie; und Astrid wußte, daß man das von jungen Menschen sagte, die sich auf der Schule als hoffnungslos unbegabt erwiesen hatten.
    Das Telefon läutete wieder. Aber jetzt hatte sie wahrhaftig keine Lust mehr, den Hörer abzunehmen. Sicher war es wieder so eine wohlwollende und mitleidige Seele, die eine Möglichkeit gefunden zu haben glaubte, wie sich die arme Astrid endlich unterbringen ließ. Es war außerdem schon spät. Sie hatte der Mutter ja versprochen, einzukaufen und das Essen fertigzumachen. Am besten ging sie gleich.
    Sie zog den Mantel an, warf einen Blick in den Spiegel und betrachtete achselzuckend das Bild, das er ihr zeigte: ein glattes, ganz nettes, regelmäßiges und langweiliges Gesicht; gewöhnliche graublaue Augen, mittelgroße Figur – überhaupt alles mittelmäßig. Pah!
    Sie warf die Wohnungstür hinter sich ins Schloß und ging in die Stadt.

Der richtige Platz
     
     
    Sie hatte Fisch und Gemüse gekauft. Jetzt fehlten nur noch das Brot und die Milch. Eigentlich hatte sie noch genug Zeit. Sie warf einen schnellen Blick auf die Uhr.
    Halb eins!
    Hm! Halb eins. Mutter kam vor halb fünf nicht nach Hause, Hein um halb sechs. Sie hatte also wirklich viel Zeit.
    Wo hatte eigentlich Tierarzt Mostvedt seine Praxis?
    Aber sie wußte es ja! Sie hatte sein Schild schon oft gesehen – das blanke Schild an dem stattlichen Neubau. Eine vornehme Gegend!
    Sich mit lebendigen Tieren abgeben! Kleine ängstliche Kätzchen streicheln, ihnen die Angst nehmen; zitternde Hunde halten, mit ihnen sprechen, sie beruhigen; kranken Tieren helfen, wieder gesund zu werden! Lebendige Geschöpfe, klopfende kleine Herzen, blanke, um Hilfe flehende Tieraugen…
    Ohne daß Astrid wußte, wie es zugegangen war, stand sie plötzlich vor dem Neubau mit dem Schild „P. Mostvedt, Tierarzt. Sprechstunden 10-1“.
    Sie trat in ein leeres Wartezimmer. Nebenan hörte sie ein klägliches Winseln, dann ein schmerzvolles Aufheulen.
    Die Tür öffnete sich.
    „Sie wollen wohl den Hund holen? Eigentlich hätten Sie wissen sollen, daß der Besitzer selber zugegen sein muß, wenn ein Tier so ängstlich ist. Kommen Sie herein und halten Sie ihn! Er ist ja ganz hysterisch.“
    Die Gestalt im langen weißen Kittel bückte sich schnell und ergriff einen kleinen grauen Hund am Halsband.
    Astrid hockte sich nieder, streckte die Hand aus und ließ den Hund an ihr schnuppern. Dann fuhr sie ihm sanft über den Nacken, und im nächsten Augenblick bohrte er seine Schnauze in ihre Hand.
    „Komm!“ sagte Astrid mit leiser, ruhiger Stimme. „Komm, mein Kerlchen! Jetzt soll der Doktor dich einmal besehen!“ Sie hob den Hund auf und trug ihn

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