Gezeiten der Liebe
ausgerissen!« Sie näherte sich ihm, während ihr Blick auf der Suche nach belastenden Indizien durchs Zimmer schweifte.
»Oh, na ja ...«
»Gibt’s Probleme?« Cam lehnte sich belustigt an den Türrahmen. Eine amüsante Szene nach einem mit harter Arbeit angefüllten Tag, dachte er. Einfach köstlich, wie seine aufgebrachte Frau seinen fast nackten Bruder in die Mangel nahm.
»Jemand war in meinem Garten und hat meine Blumen gestohlen.«
»Im Ernst? Soll ich die Cops rufen?«
»Ach, halt die Klappe.« Sie fuhr wieder zu Ethan herum, der vorsichtshalber – und aus Feigheit – einen Schritt zurücktrat. Sie schien imstande, einen Mord zu begehen. »Nun?«
»Nun, ich ...« Er hatte eigentlich die Absicht, ein Geständnis abzulegen, sich ihr auf Gnade und Ungnade zu ergeben. Doch für die Frau, die vor ihm stand und ihn aus schwarzen, wutblitzenden Augen fixierte, schien Gnade ein Fremdwort zu sein. »Kaninchen«, sagte er langsam.
»Kaninchen?«
»Ja.« Nervös trat er von einem Fuß auf den anderen und wünschte inständig, er hätte wenigstens seine Hose anziehen können, bevor sie hereingeplatzt war. »Kaninchen können große Schäden in Gärten anrichten. Sie hoppeln einfach mitten rein und bedienen sich.«
»Kaninchen«, wiederholte sie.
»Könnten auch Rehe gewesen sein«, fügte er aus reiner Verzweiflung hinzu. »Die Tiere schleichen sich an und fressen alles, was ihnen in die Quere kommt, ratzekahl ab.« Mitleidheischend blickte er Cam an. »Ist es nicht so?«
Nach reiflicher Überlegung gelangte Cam zu dem Schluß, daß Anna als Städterin vermutlich darauf reinfallen würde. Oh, Ethan würde es teuer bezahlen müssen, wenn er ihm jetzt half, entschied er sich und lächelte. »O ja, Rehe und Kaninchen, ein ernstes Problem.« Ein Problem, das sich nicht stellte, wenn zwei Hunde auf dem Grundstück herumliefen.
»Warum hat mir das keiner gesagt!« Sie riß sich den Hut vom Kopf und schlug damit gegen ihren Oberschenkel. »Und was machen wir dagegen? wie können wir sie davon abhalten?«
»Es gibt verschiedene Mittel.« Ethan war zwar ein wenig schuldbewußt, sagte sich jedoch, daß Rehe und Kaninchen ja tatsächlich ein Problem sein konnten, daher sollte sie ohnehin gewisse Vorsichtsmaßnahmen ergreifen. »Getrocknetes Blut.«
»Getrocknetes Blut? Wessen Blut denn?«
»Man kann es in der Gärtnerei kaufen und verteilt es einfach. Das verscheucht sie.«
»Getrocknetes Blut!« Mit gespitzten Lippen nahm sie sich vor, welches zu kaufen.
»Oder Urin.«
»Getrockneter Urin?«
»Nein.« Ethan räusperte sich. »Man geht einfach raus und ... du weißt schon, rundherum, damit sie es wittern und wissen, daß ein Fleischfresser in der Nähe lauert.«
»Ich verstehe.« Sie nickte zufrieden, dann fuhr sie zu ihrem Mann herum. »Also, dann gehst du jetzt sofort raus und pinkelst auf meine Ringelblumen.«
»Vorher könnte ich ein Bier gebrauchen«, sagte Cam und zwinkerte seinem Bruder zu. »Keine Sorge, Schatz, wir erledigen das schon.«
»Na gut.« Ruhiger geworden, stieß sie die Luft aus. »Entschuldige, Ethan.«
»Ja. gut ... hmmm.« Er wartete, bis sie hinausgeeilt war, dann sank er auf die Bettkante. Von dort warf er einen schrägen Blick auf Cam, der immer noch an der Tür lehnte. »Deine werte Gattin hat ganz schön viel Bosheit in sich.«
»Ja. Ich liebe das an ihr. Warum hast du denn ihre Blumen geklaut?«
»Ich brauchte sie eben«, murmelte Ethan, während er in seine Hose schlüpfte. »Warum zum Teufel wachsen sie da draußen, wenn man sie nicht pflücken darf? Ich dachte, sie reißt mir den Kopf ab.«
»Kaninchen? Rehe?« Cam brach in schallendes Gelächter aus.
»Eine Plage für jeden Garten.«
»Ziemlich todesmutige Kaninchen, die an zwei Hunden vorbei zum Haus hoppeln, um sich ein paar Blumen einzuverleiben. Wenn sie es bis dahin schaffen würden, bliebe von dem Garten nichts mehr übrig.«
»Das muß sie ja nicht unbedingt wissen. Vorerst jedenfalls. Danke, daß du mich gedeckt hast. Ich dachte schon, sie gibt mir eins auf die Nase.«
»Hätte gut passieren können. Da ich dein hübsches Gesicht gerettet habe, bist du mir ja wohl was schuldig.«
»Es gibt eben nichts umsonst«, grummelte Ethan und marschierte zum Schrank, um sich ein Hemd zu holen.
»Du hast es erfaßt. Seth braucht einen Haarschnitt, außerdem ist ihm sein letztes Paar Schuhe endgültig zu klein geworden.«
Ethan drehte sich um, das Hemd baumelte von seinen Fingerspitzen herab. »Du willst,
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