Ghostbound (German Edition)
ihre einzige Tochter nichts mehr als eine aka demische Laufbahn, doch Elizabeth war von jeher praktischer veranlagt. Nach ihrem Literaturstudium hatte sie ein Praktikum bei der zweitgrößten lokalen Zeitung absolviert. Dort waren ihre Texte und ihr Fleiß so gut angekommen, dass man ihr nicht nur umgehend eine Festanstellung angeboten, sondern sie sogar innerhalb von kaum drei Jahren zur stellvertretenden Chefredakteurin befördert hatte.
Doch Oxford war ihr zu eng geworden. Sie war dort aufgewachsen und hatte dort studiert. Es war eine vergleichsweise kleine Stadt, mit kleinen Leuten und kleinen Storys.
Sie aber wollte große Storys.
Sie wollte London.
Den Ausschlag hatte schließlich die Trennung von ihrem Freund Peter gegeben, einem Tagträumer und Dauerstudenten, mit dem sie zweieinhalb Jahre zusammen gewesen war. Sie hatten gerade eine gemeinsame Wohnung bezogen, die Elizabeth alleine mit ihrem Job finanzierte, als Peter eine italienische Austauschstudentin kennengelernt und sich Hals über Kopf in sie verliebte hatte. Am Ende des Semesters war er ihr dann nach Padua gefolgt und hatte Elizabeth enttäuscht und wütend zurückgelassen. Nur gut, dass sie noch nie allzu romantisch verklärt gewesen war. So etwas wie schicksalshafte Liebe gehörte für sie in Bücher und Filme, nicht in die Realität. Deshalb war Elizabeth auch relativ schnell über die Trennung hinweggekommen und hatte sie voller Energie und Tatendrang als Sprungbrett in ein neues Leben genutzt.
Und so war sie hier angekommen. Im Gepäck den blauäugigen Glauben, dass ihr mit der Berufserfahrung als stellvertretende Chefredakteurin der Oxford Post, einer gut gefüllten Mappe mit veröffentlichten Artikeln, sowie dem überschwänglich positiven Referenzschreiben ihres Chefs, bei den einschlägigen Londoner Publikationen Tür und Tor offen stünden.
Wie sie sich doch getäuscht hatte.
Ihre Eltern hatten sie beschworen, nicht ohne festes Jobangebot umzuziehen, aber Elizabeth hatte alles möglichst schnell hinter sich lassen wollen, um sich selbst neu zu erfinden. Und am Anfang hatte sie sich tatsächlich wie neugeboren gefühlt. Unabhängig. Selbstbewusst. Großstädtisch.
Sie hatte ein Zimmer in einer WG im angesagten Stadtteil Camden Town bezogen, zusammen mit einem schwulen Bäcker und einer Künstlerin. Allerdings hatte Elizabeth nie herausgefunden, worin genau die Kunst ihrer Mitbewohnerin bestand, doch in den vier Monaten, die sie dort lebte, hatte sie das Mädchen auch höchstens fünfmal zu Gesicht bekommen und zweimal kurz mit ihr gesprochen. Dafür hatte sie aber dank der hellhörigen Wände umso mehr am vielseitigen Liebesleben ihrer beiden Wohnungsgenossen teilgehabt.
Nach zwei Monaten wurde Elizabeth zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Es sollte das einzige bleiben. Sie hatte einsehen müssen, dass sie zwar über reichlich Engagement und einen sauberen Schreibstil verfügte, ihre Berufserfahrung bei einer kleinen, regionalen Zeitung im Londoner Verlagsdschungel jedoch nahezu wertlos war. In der Hauptstadt war der Markt von ambitionierten, jungen Schreiberlingen geradezu überschwemmt, die für eine gute Story und eine Festanstellung bereit waren wirklich alles zu tun.
Daher war Elizabeth erleichtert und dankbar gewesen, als der London Star ihr eine feste Stelle als Reporterin angeboten hatte. Auch wenn das Blatt nicht gerade zu den angesehensten Publikationen gehörte, war es doch eines der auflagenstärksten, und sie brauchte wirklich dringend einen Job.
Außerdem hatte sie insgeheim gehofft, mit der Zeit ein besseres Angebot zu bekommen.
Zehn Monate später arbeitet sie nach wie vor beim Star, hatte noch immer keinen passablen Artikel veröffentlicht und ihr Chef behandelte sie unverändert wie ein Küken. Er wurde nicht müde, ihr zu verstehen zu geben, dass sie in Oxford vielleicht ein großer Fisch in einem kleinen Teich gewesen war, aber hier im Londoner Haifischbecken war sie nicht mehr als eine Sardine.
Doch mit den Teenager-Morden bot sich nun endlich die Gelegenheit, ihrem Chef zu beweisen, was in ihr steckte! Deshalb musste sie unbedingt einen Weg finden, den beiden Detectives exklusives Material zu entlocken. Das würde nicht einfach werden, so viel war klar, aber wenn diese zwei überheblichen, herablassenden, unkooperativen Hüter des Gesetzes glaubten, sie losgeworden zu sein, würden sie eine handfeste Überraschung erleben.
Ihr nächster Schritt musste sein, mehr über die Beamten in Erfahrung zu
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