Ghosts 01 - Ghosthunter
legte er das Fernrohr auf den Beifahrersitz. Vor ihm, keine zwanzig Meter entfernt, stand die Harley. Er hatte gewartet, bis die Jungen über das Tor der Villa geklettert waren.
Zachary hielt immer genug Abstand, wie er es beim Militär gelernt hatte. Observation war zwar nicht seine Stärke gewesen, aber er hatte die Aufklärung, wie sie die Spionage beim Militär nannten, sehr gemocht. Gern hätte er eine Offizierslaufbahn eingeschlagen und wäre irgendwann zum FBI gegangen. Doch eine defekte Sicherung an seiner Dienstwaffe hatte ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ein Materialfehler hatte sein Leben versaut. Obwohl die Jahre beim Militär schon weit zurücklagen, trauerte er noch immer um diese Zeit.
Bei dem starken Regen konnte er kaum etwas erkennen. Mit einem nervtötenden Quiiiiiiiiett-Quiiiiiiiiett versuchte der Scheibenwischer, dem Wasser Herr zu werden.
„Klauen Motorräder und brechen in Villen ein.“ Zachary pfiff leise und kratzte seinen Pitbull. Dann zückte er sein Handy und rief Tan an. Es klingelte über sechs Mal, bis der sich meldete.
„Alles okay. Machen keine Zicken.“
„Bist du noch drin?“
„Haben es uns auf der Couch gemütlich gemacht. Es gibt Kaffee und Thiopental.“
„Übertreib’s nicht, verstanden?“
„Ich?“, hörte er Tan unschuldig fragen. Es entstand eine Pause, weil Zachary die NRAD-Schallkanone aus dem Handschuhfach fischte, die sie dank des Plastikgehäuses und der klobigen Form, die an eine Spielzeugpistole erinnerte, problemlos durch den Zolldurchleuchter geschmuggelt hatten. Anfänger. Tan fuhr fort: „Sagen aber nichts. Sie jammert ständig. Dieser Boroughs soll beim Segelturn gestorben sein.“
„Bring sie zur Fabrikhalle. Und durchsuch das Haus.“ Zachary legte auf, dann eilte er durch den Regen zum Tor.
Bpm hatte vor Schreck die Taschenlampe fallen gelassen. Ian hob sie auf, leuchtete in Bpms Richtung und brach in schallendes Gelächter aus. Die unheimliche Fratze war nichts weiter als ein Plastikmensch, wie man ihn in Arztpraxen fand.
„Shit“, stöhnte Bpm. Obwohl der Mann nur aus Plastik war, wollte Bpm ihn sich nicht genauer ansehen. Kein Wunder, sein Gesicht war grauenhaft genug. Ian wandte sich ab und betrachtete Fotos von Unfallopfern an der Wand. Eine Rothaarige mit einer verbrannten Brust, ein Mann mit einem verätzten Kopf. Nüchterne Bilder des Leids. Verletzte Menschen, die für Plastische Chirurgie warben. Ein Blitz zerriss die Dunkelheit.
„Verdammt, was ist das hier?“, hörte Ian seinen Freund fluchen. „Ne Freakshow?“
„Vermutlich eine Arztpraxis. Hast du ein Schild gesehen?“
Bpm verneinte.
Ein Donnerschlag krachte durch das Regenprasseln. Ian konnte das Absperrband im Wind flattern hören.
KLACK KLACK KLACK KLACK KLACK KLACK.
„Lass uns weitergehen“, sagte er.
Plötzlich spürte er eine knochige Hand auf seiner Schulter. Er schrie auf und schlug instinktiv nach hinten. Im Schein von Bpms Taschenlampe sah er einen hageren Mann.
„Was wollt ihr hier?“, fuhr der Alte ihn an. Ian konnte seine nasse Kleidung und seine Bierfahne riechen.
„Wer … wer sind sie?“, fragte Bpm und wich einen Meter zurück.
Der Fremde hielt eine spitze Heckenschere in der Hand. In seinem Gesicht hatte er Striemen von Ästen und Dreck. Gras und Erde klebten an seiner Hose und seinem Kittel. Auf dem Kopf trug der Mann ein Plastiknetz, unter dem weiße Haare hervorquollen. Seine knochigen Beine steckten in kaputten Sandalen, die er mit einem Klebeband verschnürt hatte. Dazu trug er dicke Socken.
„Macht, dass ihr wegkommt“, knurrte er und wischte sich mit seinen dreckigen Fingern die Regentropfen aus dem Dreitagebart.
„Verzeihen Sie, Sir“, versuchte Ian die Situation zu entschärfen, den Blick ängstlich auf die Heckenschere gerichtet. „Ich habe hier mal gewo–“
Mit einem Mal schoss die Hand des Gärtners vor und Ian kreischte, weil er dachte, der Mann werde Bpm abstechen. Doch er packte ihn nur und zog ihn zur Seite.
„He, Mister! Finger weg!“, herrschte Bpm den Typen an und riss sich los. „Nicht anfassen, okay?“
„Haut ab. Die Praxis hat heute geschlossen. Los jetzt!“ Der Gärtner wedelte mit der Schere Richtung Haustür.
Ian überlegte noch, was er tun sollte, als Bpm mit einem Mal grölend davonrannte.
„Verdammt! Bleib stehen!“ Der Mann fluchte und drohte Ian mit der Schere. „Du bleibst hier!“ Schwankend stolperte er hinter Bpm her, der bereits zur Treppe gesprungen und in den
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