Ghouls in Manhattan
Xorron erwecken.
»Wo ist es genau?« fragte Lady X, die lenkte.
»Fahr noch weiter.«
Die ehemalige Terroristin nickte. Sie rollten in Richtung Fifth Avenue, doch bis dorthin wollten sie nicht. Kurz zuvor mußten sie abbiegen, Morasso kannte den Weg.
Er beugte sich jetzt ein wenig vor, um besser sehen zu können.
Gespenstisch erhellte das Scheinwerferlicht den Weg und auch die Büsche rechts und links. Irgendwie wirkte die Szenerie unheimlich, genau das richtige für Dr. Tod.
Von der linken Seite her huschten zwei Gestalten auf den Weg. Sie wirkten wie Schatten, blieben eiskalt stehen und winkten. Dr. Tod grinste. »Fernlicht!« befahl er.
Die Helligkeit knallte förmlich auf die beiden Typen, und sie zuckten zusammen, liefen jedoch nicht weg. Einer zog sogar eine Waffe hervor.
»Gas!«
Das war Lady X nur recht. Andere Motoren heulten auf, wenn sie getreten wurden. Nicht so der Caddy. Er flüsterte nur etwas böse, dann raste die Rakete auf vier Rädern gegen die beiden Kerle.
Keinem von ihnen gelang es, einen Schuß abzufeuern. Die Stoßstange des Caddy haute sie von den Beinen und schleuderte sie nach beiden Seiten weg.
Der Aufprall war im Wagen kaum zu spüren. Ohne sich umzudrehen, fuhr Lady X weiter.
»Idioten«, sagte Dr. Tod.
Die gefühlskalte Frau nickte. Sie ging wieder vom Gas, und der schwere Wagen wurde langsamer. An der linken Seite verschwanden die Bäume.
Dunkel glitzerte das Wasser eines Sees. Belvedere Lake hieß er. Da hatte sich Solo Morasso zuvor genau erkundigt. Wenn sie den See passiert hatten, war es nicht mehr weit bis zu ihrem Ziel.
Sie fuhren fünf Minuten. Bevor die Bäume wieder dicht an dicht wuchsen, tauchte die Mündung eines schmalen Wegs in die Transverse Road Nr. 2 auf.
»Da hinein!«
Die Scott drehte das Lenkrad mit zwei Fingern. Der schwere Wagen gehorchte ihr auf den kleinsten Fingerdruck. Da der Weg nicht gepflastert war, wurde die Fahrt ein wenig unbequemer, doch das meiste schluckten die Stoßdämpfer. Lady X mußte Kurven fahren. Auch das schaffte sie sicher. Als sie dann um die letzte Linkskurve gerollt waren, hatten sie ihr langersehntes Ziel endlich erreicht.
Die hellen Scheinwerferlanzen fielen auf dschungelähnliches, hohes Buschwerk, das in Form einer Wegbegrenzung wuchs und wie die Wand einer Sackgasse wirkte.
»Halt an!«
Lady X bremste.
»Laß die Scheinwerfer brennen, ich will sehen, wenn sie kommen«, ordnete Dr. Tod an und verließ als erster den gemieteten Prunkwagen.
Lady X folgte. Ihren Bräutigam, die Maschinenpistole, nahm sie mit. Den Schluß bildete Tokata. Er hatte etwas Mühe, seine Gestalt aus dem Fond zu hieven. Schließlich stand er draußen und hielt Wache. Er mußte den anderen den Rücken decken.
Dr. Tod war stehengeblieben. Er schaute auf den Gegenstand, der von dem Scheinwerferpaar angeleuchtet wurde.
Es war ein Denkmal, eine Figur aus Stein. Sie zeigte einen Mann, der den Arm in die Höhe gereckt hielt. Die Figur stand auf einem ebenfalls steinernen Sockel und sah völlig harmlos aus.
»Was ist damit?« erkundigte sich Lady X.
»Das ist Xorron.«
»Was?« Überraschung und Ungläubigkeit zeichneten das Gesicht der ehemaligen Terroristin. »Das soll Xorron sein?«
»Ja.«
»Hat man dich da nicht reingelegt?« fragte sie vorsichtig.
Dr. Tod fuhr herum. Diese Frage schmeckte ihm gar nicht, das merkte man ihm an. »Der Dämon, den ich beschworen habe, stammt aus Asmodinas unmittelbarer Nähe. Vampiro-del-mar, Tokata und ich haben ihn gezwungen, seine Aussage zu machen. Er konnte nicht lügen. Er hat uns ferner mitgeteilt, daß New York von Untoten überschwemmt wird, wenn wir Xorron erwecken. Und schau dir hier den Boden an. Fällt dir da etwas auf, Lady X?« Pamela Scott senkte den Blick. Morasso hatte recht. An einigen Stellen war der Boden aufgewühlt, als wäre jemand aus der Erde gekrochen. Deutlich hoben sich die braunen Erdhügel vom ansonsten dunkelgrünen Rasen ab.
»Dann sind schon welche unterwegs?« fragte sie leise.
»Ja.« Dr. Tod grinste. »Vielleicht Ghouls, vielleicht Zombies. Unter Umständen auch beide. Das weiß man nie. Auf jeden Fall werden mit Xorron noch mehr auferstehen, das kann ich dir versichern.«
»Aber wer hat ihn hierhergeschafft?«
»Über Xorrons Vergangenheit weiß ich kaum Bescheid. Vielleicht waren es Auswanderer, er muß schon sehr lange hier liegen. Als die Amerikaner die Halbinsel Manhattan erwarben, muß er schon unter dieser Erde gelegen haben. Vielleicht werden wir später
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