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Gib mir Menschen

Gib mir Menschen

Titel: Gib mir Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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ausgenüchtert sind.«
    Und eingehängt hatte sie.
    Ich fluchte auf die Matrone, die mich so kaltschnäuzig abgekanzelt hatte.
    »Andy, mit wem schimpfst du? Ist noch jemand da?«
    Ich hatte Erikas Kommen gar nicht bemerkt. Aber da sie schon mal da war, richtete sich mein Ärger gegen sie. Ihr verständnisloser, ängstlicher Gesichtsausdruck brachte mich nur noch mehr in Rage.
    »Nicht schlagen, Andy!« rief sie erschrocken, als ich mich ihr drohend näherte. Ihre Haltung ernüchterte mich. Dabei fürchtete sie sich grundlos, denn ich war nicht gewalttätig. Ich hatte mich erst einmal an ihr vergriffen, und das auch nur, um ihr den Unterschied zwischen geschäftlichen Verbindungen und Privatem einzubleuen.
    »Verzieh dich auf deine Bude und sieh zu, daß die Kasse klingelt«, schrie ich sie an und schlug ihr die Tür vor der Nase zu. Dann kehrte ich ins Wohnzimmer zurück, um die üble Laune mit ein paar Drinks fortzuspülen.
    Von dem nächtlichen Besäufnis blieb mir nur ein Brummschädel zurück. Ich erinnerte mich an nichts mehr. In meinem Kopf war nur ein dumpfes, schmerzhaftes Dröhnen, das sich nun mit Geräuschen aus der Küche vermischte. Dazu sang Erika irgendeine Schnulze. Sie mußte also irgendwann zurückgekommen sein. Es war mir recht.
    Ich lag halb entkleidet auf der Couch, nur notdürftig zugedeckt. Auf dem Boden stand eine Tasse mit dampfendem Kamillentee, mein bevorzugtes Katergetränk. Daneben lag ein frisches Exemplar der Morgenzeitung. Die Kleinanzeigen waren aufgeschlagen. Ich hob die Zeitung auf und überflog die kleingedruckten Spalten, bis ich gefunden hatte, was ich suchte.
    Jasmin lehrt aus dem Kammersutron … tausche multiple Unsterblichkeit …
    Ich lehnte mich mit geschlossenen Augen zurück. Es war also keine Einbildung gewesen, das Inserat existierte wirklich. Irgend etwas, das ich nicht fassen konnte, hatte die ganze Zeit seit dem Erwachen in meinem Gehirn gearbeitet. Jetzt wußte ich, was es war: UNSTERBLICHKEIT! Die Erinnerung an den Anruf, den ich gemacht hatte, kam wieder zurück, und ich ärgerte mich erneut darüber, daß ich mir diese Abfuhr so ohne weiteres hatte gefallen lassen.
    Schnapsidee! Aber eigenartigerweise nahm ich die Angelegenheit ernster als gestern. Grund dafür war sicherlich auch die doch unerwartete Reaktion der Matrone auf meinen Anruf. Wenn die ganze Sache als Witz gedacht gewesen wäre, dann hätte ein Spaßvogel bestimmt eine passende Antwort für mich parat gehabt. Es konnte also durchaus etwas mehr dahinterstecken. Ganz ernst konnte ich die Tauschanzeige aber trotzdem nicht nehmen. Am ehesten glaubte ich noch an einen Werbegag, an ein Lockinserat eines cleveren Geschäftsmanns, der eine Verjüngungskur, eine Frischzellentherapie oder etwas in der Art anzubieten hatte.
    In neuester Zeit war ich dafür überaus ansprechbar. Ich war in einem kritischen Alter, ja, ich fühlte mich von einem Tag zum anderen auf einmal alt. Und schuld daran war Erika, freilich, ohne es zu wissen.
    Bis vor kurzem hatte ich Frauen reiferen Alters bevorzugt. Nicht weil ich einen Mutterkomplex hatte, wie mir mal ein Psychiater einzureden versuchte, sondern weil mir reifere Frauen einfach mehr zu geben hatten und weil sie mich selbst jung fühlen ließen. Aber dann kam Erika, und ich fand mich auf einmal in der Rolle, die ich früher immer meinen Partnerinnen zugedacht hatte. Immerhin war ich fast ein Vierteljahrhundert älter als sie. Sicher wollte sie mir nur ein Kompliment machen, als sie sagte, wie sehr es ihr schmeichle, von einem um so vieles älteren Mann beachtet und begehrt zu werden. Aber mit ihrer Aussage, daß ich ruhig um zwanzig Jahre mehr auf dem Buckel, ein stolzeres »Bäuchlein« und ein noch mehr zerknittertes Gesicht haben könnte, erreichte sie genau das Gegenteil.
    Das war ein ziemlicher Tiefschlag für mich gewesen. Ich begann meinen Alkoholkonsum einzuschränken, rauchte weniger und suchte regelmäßig ein Fitneß-Center auf, um mich dort abzurackern. Und ich änderte meine Eßgewohnheiten drastisch. Aber wie sehr ich mich auch anstrengte, die bittere Erkenntnis ließ sich nicht verscheuchen, daß ich die verlorenen Jahre nicht zurückholen konnte. Gedanken ans Sterben schlichen sich wie von selbst in meine Überlegungen. Wenn das keine typischen Alterserscheinungen waren!
    Und das alles spielte dabei mit, daß die Annonce eine so suggestive Wirkung auf mich hatte, obwohl mir klar war, daß nur ein Geschäftstrick dahinterstecken konnte. Aber ein Versuch

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