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Gib mir Menschen

Gib mir Menschen

Titel: Gib mir Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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mich. Ich sah, daß es Marlene war. Sie klammerte sich schutzsuchend an mich.
    »Was ist, Arlo?« fragte ich, während ich meinen Arm um Marlene legte.
    »Alles aus!« sagte er dumpf. »Tokio war unser Schicksal. Die Koalition ist perfekt. Unsere Freunde haben einen Schlag ins Leere geführt. Als sie in den Konferenzsaal eindrangen, fanden sie ihn verlassen vor.«
    »Aber das ist unmöglich«, erwiderte ich. »Die Konferenz ist noch in vollem Gang. CCCP ist noch immer auf Sendung. Überzeuge dich, daß die Bosse noch alle um den Konferenztisch sitzen.«
    »Alles nur Schein«, sagte Arlo. »Was du siehst, das ist bloß ein Emorama. Lug und Trug, eine von den Computern erschaffene Illusion. Es gibt gar keinen Corby III, zumindest ist er kein Mensch. CCCP wird von einem Super-Computer geleitet. Und bei den anderen Denkanstalten ist es dasselbe. Auch ihnen stehen bloß Computer vor. Die Denkmaschinen der dritten Generation sind die wahren Herren der Erde.«
    »Du siehst die Situation zu schwarz«, versuchte ich ihm zuzureden. »Noch sind die Menschen lange nicht verloren. Okay, Tokio war ein Fehlschlag. Aber wir sind noch immer am Drücker. Wir werden CCCP in die Luft jagen. Und danach werden wir weiterkämpfen. Solange es noch Freidenker wie uns gibt, haben die Computer noch lange nicht gewonnen.«
    Aber Arlo schüttelte nur immer wieder den Kopf.
    »Es ist aus, begreife doch. Das Geheimprojekt der CCCP …«
    Der Strom der Zombies hatte uns durch das hohe Tor in die Auffanghalle des CCCP-Bunkers geschwemmt. Arlos Stimme verstummte. Er war auf einmal verschwunden. Und als ich mir bewußt wurde, daß ich Marlenes Nähe nicht mehr spürte, suchte ich auch nach ihr vergeblich. Ich hörte sie zwar verzweifelt meinen Namen rufen, aber ich konnte nicht einmal die Richtung bestimmen, aus der sie rief. Einmal glaubte ich, in dem Meer aus wogenden Körpern ihre rudernden Arme zu erkennen, aber sie entfernten sich rasch und gingen bald in der Masse unter.
    Von Arlo bekam ich überhaupt kein Lebenszeichen mehr.
     
    Ja, liebe Denkgenossen, damit endete mein Horror-Trip in den Untergrund der Freidenker. Ich war einer von ihnen, und ich erkläre noch einmal, daß ich diese Erfahrung nicht missen möchte. Sie war überaus lehrsam für mich, und ich hoffe, die aus meinem Erlebnis zu ziehenden Lehren an euch weitergeben zu können. Und wenn dieses autobiographische Emorama darüber hinaus auch noch unterhaltend war, dann hat es seinen Zweck erfüllt. Ich kann mir nicht denken, daß noch einer unter euch ist, der mir nicht beipflichtet, wenn ich sage, daß die Schrecken der Realität viel schlimmer sind, als sie die Phantasie eines Emorama-Dramaturgen erdenken kann. Ich habe das alles erlebt, aber zum Glück war mein Ausflug in diese schreckliche Wirklichkeit nur von kurzer Dauer.
    Er war nicht länger, als es Corbys Versuchsreihe vorgesehen hatte.
    Und er endete hier, an der Pforte zum CCCP-Himmel, als Molly-Maids sanfte Stimme nach so langer Abstinenz wieder in meinem Kopf ertönte und schmeichelnd sagte:
    »Servus, Bert. Da bin ich wieder. Und ich möchte dich an dein Eheversprechen erinnern. Nach reiflicher Überlegung habe ich mich dazu entschlossen, dir mein Ja zu geben.«
     
    Sie schubsen und bedrängen mich, stoßen mich hierhin und dorthin, ziehen mich hinunter in die Hölle und präsentieren mir ihre trügerischen Paradiese, in die ich sie gestellt habe, und bei all dieser Hektik ist es mir kaum möglich, die Lehre aus der Parabel vom unselbständigen Denken zu ziehen: Denke selbst und laß es nicht deine verkorksten Handlungsträger für dich tun. Aber es ist schwer, mich in dem vielschichtigen n-dimensionalen Irrgarten zurechtzufinden …
     

 
HERRGOTTSSCHNITZER
     
    Die Leutgebs sind eine Familie von Herrgottsschnitzern mit Tradition. Schon der Vater des Vaters, und auch dessen Vater, war Herrgottsschnitzer gewesen, und stets hatten alle Familienmitglieder ihr Bestes für die Fertigstellung der hölzernen Kunstwerke gegeben. In jeder Generation gab es Schnitzer mit mehr oder weniger Geschick und Kreativität, und danach wurden die Arbeitsgänge aufgeteilt. Es mußte immer einen geben, der die Grobarbeit verrichtete und aus dem unbehauenen Holzblock die Grundform schnitt, und einen, der die Feinarbeit übernahm und mit begnadeter Hand die Leiden des Heilandes im Holz verewigte. Und einem mußte es vorbehalten bleiben, für den Vollzug zu sorgen. In der Gegenwart fiel diese Rolle dem ältesten Sohn Gottschalk zu. Er ging

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