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Gib mir Menschen

Gib mir Menschen

Titel: Gib mir Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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mit Eifer und Verbissenheit ans Werk, mit Akribie und Gewissenhaftigkeit, und er ging förmlich in seinem Tun auf, wenn er den Nagel ansetzte und dann den Hammer schwang. Und dabei zuckte er bei jedem Hammerschlag, mit dem er den Nagel ins Holz trieb, zusammen, als gingen sie ihm selbst durch die Handgelenke und die überschlagenen Füße. Er tat nichts anderes, als einen Christus nach dem anderen ans Kreuz zu nageln. Er hatte schon tausend solcher Kreuzungen vorgenommen, und im Lauf der Zeit würden noch einige tausend hinzukommen. Irgend jemand mußte dies schließlich tun.
     
    … es wird immer schwerer, die Impressionen zu verarbeiten. Eine Zäsur ist dringend nötig, wenn ich mich nicht in meinem eigenen Gedankennetz verfangen will. Ich nehme all meine Widerstandskraft zusammen und konsolidiere mich, schiebe alle Wahrscheinlichkeiten und deren Bewohner weit von mir und verschaffe mir so Luft zum Atemholen.
    Es hilft nur noch eines: Ich muß meinen ursprünglichen Gedanken wieder aufgreifen und in die Tat umsetzen. Feuer mit Feuer bekämpfen. Diesen lästigen Spukgestalten ihren Meister schicken, wenn ich sie selbst nicht mehr meistern kann.
    Und es wird mich nicht viel Anstrengung kosten, mich zu sammeln und mich darauf zu konzentrieren, die Vision einer Welt zu erschaffen, in der es diesen dominierenden Geist gibt, der die anderen Spukgestalten im Zaum halten soll …
     

 
TAUSCHE MULTIPLE UNSTERBLICHKEIT GEGEN EINFACHEN TOD
     
    Es war beim Pokern, daß mir die fettgedruckte Überschrift der Kleinanzeige ins Auge stach. Sie beschäftigte mich so sehr, daß ich mich danach nicht mehr aufs Kartenspiel konzentrieren konnte. Ich war mit den Gedanken einfach weg vom Tisch und machte keinen einzigen Pott mehr.
    Wie jeden Montag traf sich die Kartenrunde bei mir. Wir fingen am Nachmittag an und spielten bis spät in die Nacht hinein, manchmal auch bis zum Morgengrauen. Eines der Mädchen hatte stets Küchendienst und sorgte für unser leibliches Wohl. Diesmal war Erika dran, die seit zwei Monaten meine Ständige war und für mich anschaffen ging. Sie war neunzehn, und ich hatte ihr den Künstlernamen Jasmin gegeben.
    Beim Pokern waren wir Freunde unter uns, und es ging sehr locker zu. Es kam auch vor, daß einer von uns sich als Schlepper betätigte und einen Kunden mitbrachte. Den nahmen wir dann nach Strich und Faden aus.
    An diesem Montag hatte Charly, dem die Würstchenbude im Madersberger-Park gehörte, einen Buchhaltertyp namens Alfons angeschleppt. Und genauso sah er aus. Er hatte Geld wie Heu bei sich und schmiß damit nur so herum, als habe er zum erstenmal soviel zwischen den Fingern, das auch ihm gehörte. Ich tippte darauf, daß er unverhofft eine Erbschaft gemacht oder im Lotto gewonnen hatte.
    Aber als Alfons, der nur Bier trank, sich von Erika die Toilette zeigen ließ, flüsterte Charly mir, daß der Typ ein Bankkassierer und Defraudant sei, der einen Nachtflug nach London gebucht habe und um spätestens elf wegmüsse. Ich meinte noch, daß er hoffentlich das Ticket bereits bezahlt habe, weil wir ihm nicht mal genug für ein Taxi übriglassen würden. Doch dann kam Alfons zurück, und wir setzten wieder unsere Pokermienen auf.
    Das war knapp vor zehn, und wenig später brachte Fritz the cat die druckfrische Zeitung herauf, die bereits das Datum des nächsten Tages trug. Fritz, der wegen seines Katergesichts auch Kater Carlo genannt wurde, stand unten am Eingang des Apartmenthauses Schmiere und sollte uns über die Gegensprechanlage warnen, wenn es dicke Luft gab. Ich war nämlich kein ganz unbeschriebenes Blatt.
    Aus alter Gewohnheit schlug ich sofort die Kleinanzeigen auf, um zu überprüfen, ob meine Annonce auch wirklich drinstand, in der ich Erika als Jasmin anpries. Ich fand sie auch wirklich in der Rubrik »Modelle, Hostessen«, hätte aber dennoch allen Grund zum Fluchen gehabt, weil sich ein Druckfehler eingeschlichen hatte. Dort stand: JASMIN lehrt aus dem Kammersutron, statt Kamasutra.
    Ehe ich jedoch noch hochgehen konnte, fiel mein Blick auf die Anzeigen unter »Allgemeines«. Dort fand ich besagte fettgedruckte Überschrift, die mich sofort in ihren Bann schlug. Sie besagte nicht weniger, daß jemand Unsterblichkeit vermitteln konnte.
    Klar, daß ich sofort an einen Scherz dachte, wie es wohl allen erging, die zufällig auf diese Anzeige stießen. Aber seltsamerweise war mir gar nicht danach, mich gegenüber meinen Freunden darüber lustig zu machen. Ich erwähnte den Text nicht

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