Gideon Crew 01 - Mission - Spiel auf Zeit
Fußgängerweg entlang, schob die Eingangstür auf und steuerte auf den Empfangs-/Informationstresen zu. Die weiträumige Lobby war voll von militärischem Personal und wichtigtuerischen Zivilisten, die mit langen Schritten hin und her eilten. Mein Gott, wie sehr er Washington hasste.
Kühl lächelnd trat Gideon vor die Frau an einem der Empfangstresen. Sie hatte sorgfältig frisiertes, bläulich gefärbtes Haar und sah aus wie aus dem Ei gepellt; eindeutig eine Prinzipienreiterin – eine, die ihre Arbeit extrem wichtig nahm. Konnte nicht besser sein. Wer sich strikt an die Vorschriften hielt, war besonders leicht zu berechnen.
Er lächelte und sagte dabei nur ein paar Zentimeter über ihren Kopf hinweg: »Kongressabgeordneter Wilcyzek, ich bin mit dem Stellvertretenden Kommandanten General Thomas Moorehead verabredet. Ich bin …«, er sah auf die Uhr, »… drei Minuten zu früh dran.«
Blitzartig richtete sie sich auf. »Selbstverständlich, Herr Kongressabgeordneter, einen Augenblick bitte.« Sie nahm den Telefonhörer zur Hand, drückte einen Knopf, sprach einen Moment. Dabei warf sie Gideon einen kurzen Blick zu. »Entschuldigen Sie, Herr Kongressabgeordneter, aber könnten Sie bitte Ihren Namen buchstabieren.«
Er seufzte ein wenig verärgert und kam ihrem Wunsch nach, wobei er ihr überdeutlich zu verstehen gab, dass sie den eigentlich kennen müsste. Mehr noch: Er zeigte das Gebaren eines Mannes, der erwartete, erkannt zu werden, eines Menschen, der nichts als Verachtung für all jene empfand, die ihn nicht kannten.
Sie schürzte die Lippen und sagte erneut etwas in den Telefonhörer. Es folgte ein kurzes Gespräch, dann legte sie auf. »Herr Kongressabgeordneter, es tut mir schrecklich leid, aber der General ist heute nicht im Hause, und seine Sekretärin hat keinen entsprechenden Eintrag in ihrem Terminkalender gefunden. Sind Sie sicher …?« Sie stockte, als Gideon sie mit strengem Blick fixierte.
»Ob ich
sicher
bin?« Er hob eine Augenbraue.
Inzwischen waren die Lippen der Empfangsdame vollständig geschürzt, und ihre blaustichigen Haare bebten beinahe vor unterdrücktem Beleidigtsein.
Er sah auf die Uhr und blickte dann zu der Empfangsdame auf. »Mrs. …?«
»Wilson.«
Er zog ein Blatt Papier aus der Hosentasche und reichte es ihr. »Sehen Sie selbst.«
Die E-Mail hatte er sich ausgedacht, angeblich geschrieben von der Sekretärin des Generals. Darin wurde der Termin mit dem General, von dem Gideon bereits wusste, dass er nicht anwesend sein würde, bestätigt. Mrs. Wilson las sie und reichte ihm das Blatt Papier zurück. »Es tut mir sehr leid, aber er ist offenbar nicht im Hause. Soll ich seine Sekretärin noch einmal anrufen?«
Gideon blickte sie weiterhin böse an, musterte sie mit eiskaltem Blick. »Ich möchte gern selbst mit seiner Sekretärin sprechen.«
Die Empfangsdame gab klein bei, nahm den Hörer von der Gabel und reicht ihn Gideon, aber vorher wählte sie noch die Nummer.
»Entschuldigen Sie, Mrs. Wilson, aber es handelt sich um eine Geheimsache. Ich muss doch sehr bitten.«
Jetzt wurde ihr Gesicht, das nach und nach errötet war, vollends puterrot. Schweigend stand sie auf und trat einen Schritt vom Informationstresen weg. Gideon legte den Hörer ans Ohr. Es klingelte, aber dann drückte er, während er sich umdrehte, um der Empfangsdame den Blick zu verstellen, einen Knopf und wählte, fast unmerklich, eine andere Nummer – die Durchwahl zur Sekretärin des Direktors General Shorthouse.
Nur die obersten drei Leute in der Organisation erhalten das Passwort – der Direktor, der stellvertretende Direktor und der Sicherheitschef …
»Büro des Direktors«, ließ sich die Stimme der Sekretärin vernehmen.
Leise und rasch sagte Gideon, in der Stimmlage des Mannes, den er am Vorabend an der Mülltonne angesprochen hatte: »Lamoine Hopkins aus der IT -Abteilung. Ich erwidere den Anruf des Generals. Es handelt sich um eine dringende Angelegenheit – eine Sicherheitslücke.«
»Einen Augenblick bitte.«
Er wartete. Nach einer Minute war General Shorthouse am Apparat. »Ja? Wo liegt das Problem? Ich habe Sie nicht angerufen.«
»Es tut mir leid, General«, sagte Gideon in Hopkins’ Tonfall, aber jetzt mit leiser, salbungsvoller Stimme, »dass Sie heute einen so schlechten Tag haben.«
»Wovon reden Sie, Hopkins?«
»Ihr System hat sich aufgehängt, Sir, aber der Ersatzrechner ist nicht eingesprungen.«
»Mein System hat sich nicht aufgehängt.«
»General? Unsere
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