Gier
Drucke hingen an einer Bilderleiste, ein Kamin, Business-Magazine lagen auf einem Glastisch. Er kehrte zum Fenster zurück. Eine Minute später sah er draußen einen schwarzen Volkswagen das Tempo verlangsamen, der Blinker leuchtete auf, der VW ließ ein Taxi passieren, und fuhr in die Auffahrt neben Finns Mercedes. Eine junge Frau in dunkler, teurer Winterkleidung stieg aus. Wyatt stand am Fensterbrett, beobachtete, wie sie sich der Haustür näherte. Als er im Flur Schritte hörte, trat er zurück und begann, uninteressiert in einem Magazin zu blättern. Die Schritte hielten vor der Wartezimmertür. Wyatt sah hoch, wie es jeder tun würde. Er entdeckte ein außergewöhnliches, rätselhaftes Äußeres, neugierige grüne Augen, und einen Ausdruck von Ungeduld im Gesicht. Dann war sie fort, und er hörte, wie sie ein Zimmer irgendwo im Korridor betrat. Hobba hatte recht. Sie hatte zuviel Klasse für Max Pedersen.
Die Empfangsdame erschien, diesmal starrte sie auf Wyatts Schulter. »Hier entlang, Mr. Lake. Mr. Finn erwartet Sie.«
Wyatt folgte ihr den Flur entlang. Noch mehr Hinweise auf eine Alarmanlage. Anna Reid hatte ihre Tür geschlossen. Die Empfangsdame blieb am Ende des Korridors stehen, lächelte, streckte ihren Arm aus, und Wyatt betrat den Raum.
Der Mann hinter dem massiven, antiken Schreibtisch schob seinen Drehstuhl nach hinten, machte eine Drehung und stand mit ausgestreckter Hand auf. »Mr. Lake«, sagte er. »David Finn. Nehmen Sie Platz.«
Finn war drei Zentimeter größer als Wyatt, knapp einsneunzig, kräftig, nicht schwer. Er war ungefähr fünfzig und hatte das gnadenlose Aussehen eines Mannes, der eingeschüchterte Klienten schnell zur Sache kommen ließ. Er trug einen teuren Anzug, ein gestreiftes Oberhemd und eine schlottrige, handgenähte Seidenkrawatte. In einer Ecke, über einem Mantelständer aus Chrom, hing ein Kamelhaarmantel, zwei steife, moderne Stühle standen dem Schreibtisch gegenüber und auf einer Bank unter dem Fenster ein Faxgerät, ein Telex, ein Aktenvernichter und zwei Mobiltelefone. Ledergebundene Gesetzbücher füllten ordentlich aufgereiht ein Regal. Bekannte Boyd- und Nolan-Drucke hingen an den Wänden. Und da stand der Safe, ein gedrungener, schwarzer Chubb, auf Ziegel gestellt im unbenutzten Kamin. Auf dem Kaminsims befanden sich Sporttrophäen und zwei kleine Fotos eines Teams. Kein bequemer Stuhl, keine Aschenbecher, keinerlei Durcheinander. Es war ein seltsamer Raum, wie ohne es zu wollen, eingerichtet aus Antiquitätenläden und Designershops.
Finn schüttelte Wyatts Hand und setzte sich abrupt. »Was kann ich für Sie tun, Mr. Lake?«
Wyatt wankte nervös, dann setzte er sich zögernd auf die Kante des Stuhls gegenüber von Finn. Wenn Finn wollte, daß er eingeschüchtert war, dann würde er eben eingeschüchtert sein. Er legte los: »Man hat mir gesagt, Sie seien der Beste, mit dem man über Baugenehmigungen reden kann.«
Finn strich unsichtbare Papiere auf seinem Schreibtisch glatt. »Das hängt davon ab. Welcher Art sind die Probleme?«
»Ich spreche auch im Namen anderer«, sagte Wyatt. »Wenn das, was wir glauben, eintritt, sind wir ruiniert.«
Finn war ein vielbeschäftigter Mann. »Mr. Lake, wo genau ist das Problem?«
»Ich besitze einen Buchladen, seltene Bücher, zwei verkaufen Antiquitäten, ein anderer betreibt eine Galerie mit Drucken. Um diese Geschäfte geht es«, sagte er entschuldigend.
Finn nickte. »Fahren Sie fort.«
»Gut, wir haben mitbekommen, daß ein Hotel an der Ecke beantragt hat, seine Lizenz auszuweiten, sie wollen einen Biergarten aufmachen und einen großen Parkplatz bauen. Wir haben an Wochenenden geöffnet. Zu dieser Zeit machen wir den meisten Umsatz. Wir wollen keine Säufer kommen und gehen sehen. Keine Alkoholkontrollen durch die Polizei. Keine Leute, die in die Ecken pinkeln und mit Flaschen werfen.«
Finn legte seine Finger zusammen und begann, einen Spruch aufzusagen: »Im Bebauungsplanverfahren ist vorgesehen, daß jeder Bürger das Recht hat, Einfluß auf die bauliche Entwicklung zu nehmen. Sie können gegen die kommunale Entscheidung zur Erteilung einer Baugenehmigung Einspruch wegen sozialer und finanzieller Härte einlegen. Wenn ein Bauherr einen Gutachter trotzdem dazu bringt, eine Baugenehmigung vom Bauamt zu erwirken, können Sie die Sache vor das Zivilgericht bringen.«
Wyatt rutschte auf dem Stuhl herum. »Kostet … kostet das sehr viel?«
Finn lehnte sich träge im Stuhl zurück. »Gerichtskosten
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