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Gier

Gier

Titel: Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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übernehme deine Schicht um halb vier.«
    Wyatt stieg aus und überquerte die Straße zur Economy-Autovermietung. Er hörte noch, wie Hobba einen Gang einlegte und sich wieder in den Verkehr einordnete, dann drückte er die Tür zur Autovermietung auf und trat ein. Ein Blick auf die Uhr. In einer halben Stunde würde er Pedersen ablösen.
    Zwanzig Minuten später bog er in einem brauen Falcon Sedan in den Quiller Place ein.

Fünfundzwanzig
    Wyatt hielt auf einem Kundenparkplatz hinter den Geschäften, deren Schaufenster die Toorak Road zierten, parkte rückwärts ein, stellte den Motor ab und schlug eine Zeitung auf.
    Er sah aus wie ein Mann, der auf seine Frau wartete.
    Zunächst wirkte der Quiller Place wie ausgestorben, aber nach und nach gewann Wyatt einen Eindruck vom täglichen Rhythmus dieser kleinen Straße. Kurz nachdem er seinen Beobachtungsposten eingenommen hatte, kam eine Postbotin vorbei. Sie trug einen Regenmantel, obwohl es nicht regnete, und schob ihren Handwagen mit einem Anflug von Verachtung für die Straße, ihren Zustellbereich. Sobald sie verschwunden war, kamen alle älteren Leute aus den Häusern gegenüber Finns Kanzlei und sahen in ihre Briefkästen. Sie grüßten einander oder blieben stehen, um sich zu unterhalten. Eine enttäuschte Frau blickte zweimal in ihren Briefkasten, blieb stehen, um die Rückkehr der Postbotin abzuwarten, schaute säuerlich den Quiller Place hinauf und hinab. Ein alter Mann mit Gehgestell ging in Richtung der Geschäfte vorüber. Fünf Minuten später kam eine Hauspflegekraft herausgerannt, die wild nach ihm Ausschau hielt.
    Zwischen halb eins und eins bevölkerten Verkäuferinnen und Geschäftsleute aus der Toorak Road den Quiller Place. Sie saßen in ihren Wagen, um Sandwiches zu essen oder fuhren zum Lunch irgendwohin. Die meisten waren um zwei zurück.
    Dann folgte eine Welle von Nachmittagseinkäufern. Wyatt beobachtete sie über seine Zeitung hinweg, meistens junge Mütter, die in schimmernden Range Rovern, Volvos und Mercedes-Limousinen mit Dachgepäckträgern über den Quiller Place krochen. Sie parkten auf der Straße oder den Kundenparkplätzen, verschlossen ihre Autos und trugen wegen des kalten Windes italienische Ledermäntel oder farbige Skijacken, hohe Stiefel und Handschuhe. Sie blieben längere Zeit weg und tauchten, mit Paketen beladen, aus den zur Toorak Road führenden Seitenstraßen wieder auf. Eine Mutter mit zwei kleinen Kindern traf ihren Geliebten, Mamas Freund.
    Fünf Leute suchten Finns Kanzlei auf. Wyatt versuchte vergeblich zu erraten, um wessen Klienten es sich handelte. Sie waren gut gekleidet – zwei Yuppies und drei vornehme Damen mittleren Alters –, aber falls sie besorgt waren oder in Schwierigkeiten, ihrem Äußeren hätte man es niemals angesehen. Er sah jedesmal auf die Uhr: fünf Minuten vor der vollen Stunde, fünf Minuten vor der halben Stunde.
    Würde Anna Reid auch bei Klienten Vertrauen erwecken können? Plötzlich verlangte es Wyatt danach, sie zu sehen und zu berühren. Das Gefühl kam so klar und so stark, daß er begriff, wie er es unterdrückt hatte. Er erinnerte sich daran, wie es letzte Nacht gewesen war, ihr schwingendes Haar und ihr langer Hals und der Geruch ihrer Haut. Innerhalb von Minuten nach seiner Ankunft hatte sie nichts mehr unter ihrem Rock getragen, hatte sich auf die Arbeitsplatte in der Küche gesetzt, hatte ihn an sich schnuppern lassen, während sie ihn im Klammergriff ihrer schimmernden Beine gehalten hatte, den Rücken gewölbt. Es war samtig und feucht gewesen, und jetzt wollte Wyatt sie wieder. Er versuchte, sich zu konzentrieren, ihr Auftauchen zu erzwingen. Aber es geschah nichts, und er fühlte sich wie ein Narr.
    Drei Minuten nach drei. Niemand hatte Wyatt oder seinen schäbigen Wagen beachtet. Dafür waren die Leute zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Aber er wußte, daß sie nicht so beschäftigt waren, um ein Auto zu übersehen, das sich nie bewegte, oder einen Mann, der nie einkaufte oder seine Frau abholte oder seine Zeitung fertig las. Deshalb die drei Schichten jeden Tag, die drei unterschiedlichen Fahrzeuge.
    Um Viertel nach drei bog am hinteren Ende des Quiller Place ein Streifenwagen ein. Zwei junge Polizisten, ein Mann und eine Frau, überprüften die Straßenseiten. Wyatt startete den Falcon, fuhr in einem ungünstigen Winkel vorwärts, warf einen Blick nach hinten, den Arm über den Sitz gelegt, und fuhr wieder zurück, als wollte er den Winkel korrigieren.
    Er tat dies

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