Gier
Schwarzgeld.«
»Wir reden von einem zehnstöckigen Bürogebäude in der Innenstadt«, kläffte sie, »und nicht von einem Badezimmerausbau.«
Wyatt nickte: »Okay. Aber für wen ist das Geld bestimmt? Warum in bar? Banken melden hohe Transaktionen wie diese.«
»Was geht es Sie an? Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie Ihren Anteil irgendwo auf ein Konto einzahlen.«
Hobba sprach zum ersten Mal. »Das ist Vorarbeit.«
Alle sahen sie an und sie spitzte die Lippen. »Oh, da bin ich aber erleichtert«, sagte sie, griff sich ans Herz. »Man stelle sich nur vor, ich würde mich in die Hände von Amateuren begeben. Das Geld geht an eine verdammte Wohlfahrtseinrichtung, verstanden? Sie gehen zur Bank und behaupten, Sie hätten mit Ihrem Aktienfond überdurchschnittliche Gewinne erzielt. Dann wird es in Seitenkanäle verschoben.«
Hobba und Pedersen grinsten, amüsierten sich, aber Wyatt fuhr fort. »Wenn wir es durch vier teilen, bekommt jeder von uns fünfundsiebzigtausend. Nicht schlecht, aber auch nicht ungeheuer viel. Sind Sie bereit, dafür alles aufs Spiel zu setzen?«
»Bis Max Sie und Hobba angeschleppt hat«, fauchte sie, »war mein Anteil zweimal so hoch.« Sie brachte ihre Stimme unter Kontrolle. »Es deckt meine Schulden, deswegen gehe ich das Risiko ein.«
»Erzählen Sie mir was über Finn.«
»Er ist ein Penner. Er ist schadenfroh. Ich würde ihn gerne übers Ohr hauen.«
Dann schenkte sie ihm ein Lächeln. Es enthielt eine Herausforderung, als würde sie ihn jetzt auffordern, ihre Motive in Frage zu stellen. Wyatt beobachtete sie, versuchte, ihre persönlichen Beweggründe einzuschätzen. Seiner Erfahrung nach war Gier ein verläßliches Motiv, Rache nicht. Es gab hier sorgfältig versteckte Geheimnisse, dachte er, und das störte ihn.
»Okay«, sagte er, sie immer noch musternd. »Er soll die dreihunderttausend Dollar übergeben, aber jemand kommt vorbei und klaut sie. Was wird er tun?«
»Er kann gar nichts tun. Er kann es sich nicht leisten, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Tatsache ist, er kann den Verlust verschmerzen. Er wird es nicht gern tun, aber er wird es tun.«
Es entstand eine Pause. Wyatt sagte: »Beschreiben Sie, was Freitag geschehen wird.«
»Das Geld kommt gegen Mittag. Finn übergibt es später am Abend, gegen zehn Uhr.«
»Heute ist Montag. Das läßt uns nicht viel Zeit . «
»Also sollten wir dranbleiben.«
»Wie werden wir vorgehen?« fragte Wyatt.
Sie starrte ihn an. »Warum fragen Sie mich? Fragen Sie Max, er ist der Experte für den Safe.«
Es wird ihr Plan sein, dachte Wyatt und beobachtete Pedersen. Pedersen räusperte sich: »Anna schaltet die Alarmanlage aus, wenn sie am Freitag Feierabend macht. Wir brechen zwischen sechs und sechs Uhr dreißig ein, legen die Alarmanlage lahm, damit es nicht so aussieht, als hätte jemand aus dem Büro damit zu tun, sprengen den Safe, verteilen uns auf verschiedene Wagen, um mögliche Augenzeugen irrezuführen. Ich nehme das Geld mit nach Hause und dort teilen wir.«
Nein danke, dachte Wyatt – genug Potential für einen hübschen Streit. Pläne, die andere gemacht hatten, wies er automatisch zurück. Die einzigen Pläne, denen er vertraute, waren seine eigenen. Er sah Hobba an, Pedersen und Anna Reid, versuchte schnell abzuwägen. Jeder Job war gleich: Es gab immer jemanden, dem er trauen konnte, und jemanden, den er nicht kannte, jemand, der es auf ein Spielchen mit ihm ankommen lassen würde, jemand, der vorhatte, ihn abzuziehen. Diejenigen, auf die er achten mußte, waren Pedersen und Anna Reid. Sie schienen nicht unter einer Decke zu stecken, aber wenn sie ihn bescheißen wollten, würde er sie töten. Pedersen sollte das wissen.
»Also?« fragte Anna.
»Nicht gut.« Er fing an, seine Finger abzuzählen. »Leute auf dem Grundstück nach Einbruch der Dunkelheit, Lärm, Streifenwagen.« Er sah sie an. »Außerdem, Sie sind damit automatisch verdächtig.«
Alle schwiegen. Dann klapperte das Pfefferminz in Hobbas Büchse. »Wir wäre es, wenn wir’s abfangen?« fragte er und sah die anderen an.
»Abfangen?« fragte Pedersen.
»Ja, ihr wißt schon, die Strecke herausfinden, über die es geliefert wird oder später übergeben wird, die Straße blockieren, das Geld greifen, du fährst auf deiner Honda vorbei …«
Wyatt beobachtete Anna Reid. Sie war irritiert, doch kurz zuvor hatte etwas wie Panik im Gesicht gestanden. Er hörte sie sagen: »Was soll das Macho-Gequatsche? Wollt ihr, daß die ganze Welt zusieht?
Weitere Kostenlose Bücher